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Interview Interview: Landrat Pietsch: Es geht um viel mehr

11.12.2001, 17:30

Sangerhausen/MZ. - Welche Befürchtungen haben Sie, wenn Sangerhausen den Status als Kreisstadt verliert?

Volker Pietsch: Das liegt doch auf der Hand. Die Standortbedingungen wären nicht optimal. Ich bin mir sicher, dass Sangerhausen dann langfristig gesehen wahrscheinlich auch den Status eines Mittelzentrums verlieren würde. Wir müssen fordern, dass jetzt im Komplex gedacht und gehandelt wird. Es geht um vielmehr als um das Kreisgebiet, die Kreisstadt. Es geht um Standortbedingungen, wirtschaftliche und öffentliche Sogwirkung im Mindestmaß.

Welche Gründe führen Sie ins Feld, um für den Erhalt des Landkreises und Sangerhausen als Kreisstadt zu kämpfen?

Pietsch: Natürlich wird jede Stadt bei der Auseinandersetzung mit anderen Städten - im konkreten Beispiel mit Eisleben - für den Kreisstadtsitz immer die eigenen vermeintlichen Vorteile sehen. Für uns sprechen die Ausgewogenheit zwischen Fläche und Zentren, die verkehrstechnische Anbindung, die Größe, aber auch die geschichtlichen Gründe müssen gesehen werden. Die südliche Ausrichtung darf nicht noch weiter getrennt werden.

Der Landesregierung werfen Sie vor, dass sie "mansfeldfreundlich" sei. Warum?

Pietsch: Das Land hält sich mit eigenen Vorschlägen zurück. Konstruktive Vorschläge werden negiert. Es hat aus meiner Sicht speziell zu Sangerhausen bisher keinen Vorschlag für eine perspektivische Entwicklung gegeben. Ich stelle fest: Im Land ist die politische Lobby eindeutig mansfeldfreundlich. Fachlich aber wird unsere Arbeit anerkannt. Es bedurfte eines jahrelangen Kampfes, bis begriffen wurde, dass der Landkreis Sangerhausen nicht Teil des Mansfelder Landes ist.

Sie mahnen an, dass die Stadt sich klarer und zielgerichteter zur Kreisstadtfrage positionieren soll. Was bewegt Sie dazu?

Pietsch: Das ist richtig. Der Auftritt der Stadt müsste stärker sein. Es geht um das Setzen von gemeinsamen Schwerpunkten. Vermieden werden müssen eine innere Zerstrittenheit und Diskussion um Kleinigkeiten.

Es muss auch mit einigen Dörfern gesprochen werden, denn es geht nicht nur um die Stadt, sondern um eine Region. Dazu bedarf es aber eines konsequenten Handelns mit den Partnern. Und zwar konkret.

Sie stellen bei den Ausführungen auf dem Kreistag aber auch in Frage, dass eine Kreisgebietsreform zwingend notwendig ist. Was veranlasst Sie zu dieser Aussage?

Pietsch: Dazu muss ich feststellen: Den Nachweis der Landesregierung von Sachsen-Anhalt, dass eine Kreisgebietsreform überhaupt zwingend ist, liegt nicht vor. Es gibt zwar wissenschaftliche Empfehlungen für Kreise mit 150 000 Einwohnern, aber überall in Deutschland gibt es auch andere Möglichkeiten. Der Wunsch von Magdeburg wird zur Wahrheit in Sachsen-Anhalt erhoben. Die Diskussion zur Funktionalreform wird allgemein als sehr kritikwürdig betrachtet. Die Aufgabenverlagerung nach unten seitens des Landes ist bis jetzt nur so weit vorangeschritten, dass zur Aufgabenerfüllung etwa 20 Personen Fachpersonal zusätzlich notwendig wären. Rechtfertigt das einen neuen Kreiszuschnitt?

Ich fordere die innere Geschlossenheit und warne vor Zauderern, Bedenkenträgern und Saboteuren. Ein Ziel wird durch Arbeit, Fleiß und Konsequenz und wenn nötig durch Kampf erreicht.