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Forscher warnen vor Probebohrungen Haseloff soll Gipskarst im Südharz schützen

Der Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher will Probebohrungen verhindern und appelliert an den Ministerpräsidenten, sich für die weltweit einzigartige Landschaft einzusetzen.

Von Helga Koch 03.10.2024, 10:30
Im streng geschützten FFH-Gebiet „Buntsandstein- und Gipskarstlandschaft bei Questenberg im Südharz" - hier ein Blick auf das Dorf Questenberg - sind sieben Probebohrungen geplant.
Im streng geschützten FFH-Gebiet „Buntsandstein- und Gipskarstlandschaft bei Questenberg im Südharz" - hier ein Blick auf das Dorf Questenberg - sind sieben Probebohrungen geplant. Foto: Maik Schumann

Südharz/München/MZ. - Mit einer Resolution zum Schutz der Karstlandschaft Südharz hat sich der Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher an Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Reiner Haseloff und Mansfeld-Südharz’ Landrat André Schröder (beide CDU) gewandt. Darin spricht sich der Verband „vehement gegen jegliche neue Abbauvorhaben im Gipskarst des Südharzes aus“. Vielmehr müsse Sachsen-Anhalt seine Verantwortung für die international bedeutsame Gipskarstlandschaft erkennen und wahrnehmen und die Landschaft als Unesco-Welterbe schützen. Die Resolution, die auch an Präsidentin Sabine Riewenherm vom Bundesamt für Naturschutz gesandt wurde, liegt der MZ vor.

Steigender Bedarf an Gips-Baustoffen

Anlass sind die kürzlich von der Rottleberöder Firma Knauf veröffentlichten Pläne, mit Probebohrungen Naturgips-Lagerstätten im Südharz zu erkunden. Denn spätestens 2038 wird der aus der Rauchgasentschwefelung der Kohlekraftwerke anfallende Gips, der sogenannte REA-Gips, fehlen. Dafür wird Ersatz benötigt, vor allem in der Baubranche. Der 2021 von CDU, SPD und FDP geschlossene Koalitionsvertrag sieht vor, Gips-Lagerstätten in Sachsen-Anhalt zu sichern und eine „umweltverträgliche Gewinnung“ zu ermöglichen. Grundlage hierfür war das Fazit der „Kohle-Kommission“, die Naturgipsgewinnung zu steigern, um den steigenden Bedarf an Gips-Baustoffen abzudecken und die heimischen Wertschöpfungsketten der Gipsindustrie zu erhalten.

Schon viele Steinbrüche in der Region

Doch die Pläne, in der Gipskarstlandschaft Probebohrungen vorzunehmen, sind umstritten und stoßen auf Protest: beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), dem Naturschutzbund (Nabu), bei Bündnis 90/Grüne - und nun beim Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher (VdHK) mit Sitz in München.

Wie der Verband in seiner Resolution anführt, erstrecke sich der weltweit einmalige Naturraum über rund 100 Kilometer in Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Die Region sei durch zahlreiche Flora-Fauna-Habitat-Gebiete geprägt, aber auch durch viele Steinbrüche, die schon große Teile der Landschaft zerstört hätten. Nur in Sachsen-Anhalt sei der Gipskarst noch vollständig erhalten, das Gebiet konsequenterweise als Biosphärenreservat ausgewiesen: „Es ist das bisher weltweit einzige nennenswerte Biosphärenreservat im Sulfatkarst.“

Höhlenforscher warnen vor Präzedenzfall

Dennoch plane der zuständige Landkreis Mansfeld-Südharz, Bohrungen zum Erkunden der Gipsvorräte zu genehmigen – mitten im FFH-Gebiet „Buntsandstein- und Gipskarstlandschaft bei Questenberg im Südharz“. Es stehe unter FFH-Schutz, sei aber auch als Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet und Naturpark geschützt. Würden die Probebohrungen nicht unterbunden, warnt der VdHK, entstehe „ein Präzedenzfall für Gipsabbau in fast allen Formen von Schutzgebieten“.

Die besondere geologische Situation der Südharzer Karstlandschaft mache sie einzigartig, heißt es in dem Schreiben: „In dieser Form und Mächtigkeit steht Gips in Deutschland nur hier großräumig und oberflächennah an. So ist der Südharz weltweit der einzige Gipskarst, der reich bewaldet ist.“ Verschwinde der Gips, verschwinde mit den Bio- und Geotopen ein Welterbe. „Höhlen, Quellen und unterirdische Fließwege sowie Gipslebensgemeinschaften wären hier für immer vernichtet. Eine Wiederherstellung von zerstörten Gipskarstgebieten ist schlicht unmöglich.“ Dabei gebe es längst Alternativen zum Baugips auf dem Markt: Baustoffe aus regenerierbaren Materialien wie Pflanzenfasern und Recyclingmineralien.

Regierungssprecher kündigt Antwort an

Wie Regierungssprecher Matthias Schuppe am Dienstag bestätigte, sei der offene Brief des VdHK in der Staatskanzlei eingegangen. Es werde jetzt geklärt, ob er vom Wirtschafts- oder Umweltministerium oder mit Zuarbeiten aus beiden Häusern beantwortet werde. Das Problem sei bekannt, sagte Schuppe, aber: „Probebohrungen enthalten keinerlei Entscheidung.“