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Gedenken an die Preußische Provinz Gedenken an die Preußische Provinz: König ließ Chausseen bauen

Von Heinz Noack 12.10.2015, 19:48
Im Saal des Gemeindehauses Riestedter Straße fand eine gemeinsame Tagung des Landesheimatbundes Sachsen-Anhalt und des Sangerhäuser Geschichtsvereins statt. Die Resonanz war groß, kein Stuhl blieb frei.
Im Saal des Gemeindehauses Riestedter Straße fand eine gemeinsame Tagung des Landesheimatbundes Sachsen-Anhalt und des Sangerhäuser Geschichtsvereins statt. Die Resonanz war groß, kein Stuhl blieb frei. Noack Lizenz

Sangerhausen - Das heutige Straßennetz in Sachsen-Anhalt ist in seinen Anfängen im Wesentlichen dem preußischen König Wilhelm III. zu verdanken. „Erst nach Bildung der Preußischen Provinz Sachsen im Jahre 1815 entstanden die Chausseen“, informierte Bernhard Mai aus Magdeburg, in seinem Beitrag zur Tagung „200 Jahre Preußische Provinz Sachsen“, die jetzt in Sangerhausen stattfand. Die Straßen seien nicht unter der napoleonischen Besetzung gebaut worden.

Sogar das Gegenteil war der Fall, die Durchzüge der französischen Armee ruinierten die damaligen Straßen stark. „Es gab kein System ausgebauter Straßen, sie waren nicht befestigt, bestanden nur aus Erdaufschüttungen“, erklärte Mai. „Also nur Feldwege nach heutigem Verständnis.“

Dörfer umgangen, Städte eingebunden

Vor dem Bau der Chausseen ließen die Preußen neue Trassen festlegen. Dazu gehört auch die heutige L 151 im Landkreis Mansfeld-Südharz. Die Meilensteine am Straßenrand legen ein Zeugnis davon ab. Die Dörfer wurden umgangen, die Städte eingebunden. Die Kosten trug der Staatshaushalt. Allerdings mussten die Nutzer später ein Chausseegeld entrichten, ähnlich der heutigen Maut.

Auf dem Wiener Kongress wurde am 8. Juni 1815 der „Deutsche Bund“ gegründet. Ihm gehörten die Fürstentümer, Freien Städte, die Königreiche Preußen, Dänemark, Niederlande und das Kaiserreich Österreich an.

Zu den bedeutenden Teilnehmern in Wien gehörten die mit der Südharz-Region verbundenen Personen Wilhelm von Humboldt, Karl August Fürst von Hardenberg und Friedrich Albert Graf von der Schulenburg-Klosterrode.

Der 1990 ins Leben gerufene Landesheimatbund Sachsen-Anhalt ist ein Dachverband für zahlreiche Heimat-, Geschichts- und Traditionsvereine in Sachsen-Anhalt. Regelmäßig werden Veranstaltungen in ganz Sachsen-Anhalt organisiert und durchgeführt. Die Mitgliedschaft ist kostenpflichtig. Näheres unter www.lhbsa.de.

Auch die Baumanpflanzungen an den Wegrändern sind den Preußen zu verdanken. Vieles ist vergleichbar mit dem Bundesverkehrswegeplan in den neuen Bundesländern nach der Wende. Rund 80 Gäste und Heimatfreunde aus der Region verfolgten diesen Beitrag im Gemeindehaus Riestedter Straße in Sangerhausen. Dort fand eine gemeinsame Tagung des Vereins für Geschichte von Sangerhausen und Umgebung und des Landesheimatbundes Sachsen-Anhalt (LHB) statt. Es war die zweite Veranstaltung zum 200. Jubiläum, die in Sachsen-Anhalt daran erinnert.

Dagegen fanden in Nordrhein-Westfalen rund 600 ehrenamtlich organisierte Veranstaltungen statt, wie der Referent Georg Mölich aus Bonn berichtete. „Das Publikum interessierte vor allem die Entwicklung im 19. Jahrhundert, die bis heute Auswirkungen zeigen“, sagte er. „Das kommt nämlich in den Geschichtsbüchern der Schulen heute nicht mehr vor.“ Die Nachwirkungen der Provinzaufteilungen konnte die promovierte Ethnologin Juliane Stückrad aus Eisenach anhand der „Musspreußen“ im Elbe-Elster-Kreis nachweisen. Dort sucht man auch nach der Gebietsreform von 1993 nach einer gemeinsamen Identität.

Gut gewählter Tagungsort

Die Stadt Sangerhausen war als Tagungsort gut gewählt. Nach dem Wiener Kongress 1815 wurde das damalige Amt Sangerhausen vom Königreich Sachsen abgetrennt und dem Königreich Preußen zugeordnet. Leider fand dieser lokale Aspekt in den Beiträgen kaum Berücksichtigung. In dem angegliederten Gebiet entstanden völlig neue Verwaltungsstrukturen, war von dem Referenten Hans-Werner Hahn aus Jena zu hören. „Für die dort lebenden Menschen war es eine große Umstellung“, sagte er. „Es änderten sich viele Bestimmungen und Verordnungen.“ An der Spitze der Provinz Sachsen stand der Oberpräsident in Magdeburg.

Die Goldene Aue und der Südharz wurden zum Regierungsbezirk Merseburg zugeordnet. Dort hatte auch der Provinziallandtag seinen Sitz. Ihm gehörten die gewählten Provinziallandräte, in der Regel vermögende Gutsbesitzer, an. Erst nach und nach griffen die Veränderungen im öffentlichen Leben und der Wirtschaft. Behutsam wurde 1831 die Städteordnung eingeführt, ebenso das Zollgesetz im Jahre 1834. Veränderungen erfuhren auch die Bildungspolitik und das gesellschaftliche Zusammenleben. (mz)

Ein restaurierter Meilenstein in Emseloh. Er zeugt vom Ausbau der Straße Halle-Kassel in den 1820er Jahren.
Ein restaurierter Meilenstein in Emseloh. Er zeugt vom Ausbau der Straße Halle-Kassel in den 1820er Jahren.
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