Einblicke ins Mittelalter Einblicke ins Mittelalter: Wie Kinder den Besuch auf Burg und Schloss Allstedt erleben
Allstedt - Sonja Becker steht am Eingang zur Allstedter Burg: „Wer hat früher hier gewohnt?“ Die Kinder, die auf dem Schulbauernhof Othal Ferien machen, zählen auf: Ritter, König, Prinz und Prinzessin, Mägde, Knechte, Burgfräulein - und Haustiere! Denn wenn Feinde im Anmarsch waren und sich die Allstedter und Bauern aus umliegenden Dörfern in Sicherheit bringen wollten, flüchteten sie in die Burg - samt Haustieren und Vorräten.
Kinder erleben mittelalterliche Geschichte auf Burg und Schloss Allstedt zum Anfassen
„So eine Belagerung konnte Monate dauern“, sagt Becker. Die Kinder flitzen durch den Graben um die Burg herum und zählen die Schießscharten. „Acht“, fragt ein Mädchen. „Ich habe zehn gezählt“, ruft Hakan. „Stimmt“, nickt Becker, die seit 1998 auf Burg und Schloss Allstedt arbeitet. Sie erklärt den Kindern, wie eine Kugelschutzbohle funktioniert hat. Ein Mädchen zieht an der Kette, worauf sich die Schießscharte halb oder ganz öffnet - und wieder schließt. Alina darf eine Hakenbüchse vorführen, aus der früher mit kleinen Stein- oder Bleikugeln geschossen wurde - und die, wie Becker erklärt, einen gehörigen Rückstoß hatte.
Sich zu verteidigen, sei für die Burg und ihre Bewohner ganz wichtig gewesen. Die Kinder finden heraus, wo es früher eine hölzerne Zugbrücke gab und an welchen Stellen heißes Wasser, Öl oder Pech herabgeschüttet werden konnten, um die Angreifer abzuwehren. Vielleicht 20 Ritter als Stammbesatzung hatte eine solche Burg im Mittelalter. Außerdem lebten hier aber noch mehr „Diener, die alles am Laufen gehalten haben“, sagt Becker. Pferde, Schweine, Hühner und Enten wurden gehalten, deshalb gab es auch einen großen Misthaufen im Burghof. „Hier drin?“, staunt ein Mädchen. „Iiih!“
Einblicke in die Burgküche und den Burgbrunnen für Ferienkinder in Allstedt
In der Burgküche mit dem mehr als 20 Meter hohen Kamin wurde Essen gekocht und Brot gebacken. Und natürlich wurde Bier gebraut. Dass Kinder damals verdünntes Bier oder verdünnten Wein zu trinken bekamen, können sich die Ferienkinder kaum vorstellen. Doch das sei gesünder gewesen als Wasser, weil die Bakterien durch den Gärprozess abgetötet waren. „Das Besteck auf dem Tisch ist komisch“, wundert sich Tom. Gabeln gab es nicht, man aß mit Löffel und Messer - oder mit den Fingern.
Zum Schluss lädt Becker die Kinder an einen besonderen Ort ein, zum Burgbrunnen. Stufe um Stufe und nur mit Taschenlampen geht es in den Kohl- und Vorratskeller hinab, seitlich führt ein Gang zum 43 Meter tiefen Brunnenschacht. Er wurde bei der Restaurierung des Museums entdeckt, führte aber kein Wasser und ist mit einem Gitter gesichert. Die Kinder werfen einen Blick in die Tiefe. „Warum riecht das so eklig?“ Becker erzählt die Geschichte des wandernden Mönchs, der eine Ziege gestohlen haben sollte, auf der Burg gefangen gehalten wurde und sich mit dem Bau einer 4,5 Kilometer langen Wasserleitung aus dem höher gelegenen Borntal zur Burg freikaufen wollte. Bis 1925 habe sie tatsächlich funktioniert. Joline ist fasziniert: „Der Burgbrunnen hat mir am besten gefallen.“ (mz)