1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Sangerhausen
  6. >
  7. 816.000 Euro für zwei Hamster: 816.000 Euro für zwei Hamster: Standort von Mifa-Bike kostet Sangerhausen viel Geld

EIL

816.000 Euro für zwei Hamster 816.000 Euro für zwei Hamster: Standort von Mifa-Bike kostet Sangerhausen viel Geld

Von Karl-Heinz Klarner 26.10.2016, 06:00
Der Feldhamster ist streng geschützt und soll nun in Sangerhausen gezüchtet werden
Der Feldhamster ist streng geschützt und soll nun in Sangerhausen gezüchtet werden Archiv

Sangerhausen - Jetzt ist es amtlich. Die Stadtväter von Sangerhausen gehen unter die Hamsterzüchter. Damit legt man die ursprünglichen Pläne zu den Akten, die Zuchtstation für die vom Aussterben bedrohten Nager in Halle an der Saale zu errichten.

Die  Investitionskosten für einen Anbau an das Sangerhäuser Tierheim für die Hamsterzucht und die geforderten Ausgleichsmaßnahmen der Naturschutzbehörde belaufen sich auf 816.000 Euro. In dieser Summe sind die Kosten für die Erschließung des Industriegebietes für den Neubau der Mifa-Bike enthalten.

Zuchtstation war Auflage des BUNDs für Neubau der Mifa-Produktionsstätte

Nach ersten Plänen sollte die staatlich subventionierte Wochenstube für die streng geschützten Tiere in der Saalestadt entstehen. Nachdem der Zoologische Garten in Halle aus Platzgründen abgesagt hatte, hatte der Bund für Umwelt und Naturschutz Sachsen-Anhalt (BUND) das Naturschutzgebiet Franzigmark bei Halle ins Spiel gebracht.

Die Zuchtstation für Hamster hat der Bund für Umwelt und Naturschutz (NABU) des Landes Sachsen-Anhalt im Zuge der Baugenehmigung für die Mifa-Bike in Sangerhausen im Gewerbegebiet An der Wasserschluft durchgesetzt. Ziel ist die Zucht und der Erhalt der vom Aussterben bedrohten Feldhamster. Dafür hat die Stadt Sangerhausen 30 Hektar an Flächen ausgewiesen, auf denen die gezüchteten Hamster später einmal ausgesetzt werden sollen.

Die Zuchtstation hat nichts mit der Hamsterpopulation im Industriepark Mitteldeutschland zu tun. Sollte es hier zu einer Ansiedlung kommen, müssten die geschützten Nager umgesiedelt werden. Dafür werden sie eingefangen und an anderer Stelle in vorbereiteten Bauen wieder ausgesetzt. Für den Fall, dass die Tiere während der Phase des Winterschlafes ausgegraben und eingesammelt werden, muss für sie eine Herberge gefunden werden.

Die Zuchtstation hatte der BUND unter anderem zur Auflage beim 20 Millionen Euro teuren Neubau der Fahrradschmiede in der Nachbarschaft der Südharzautobahn gemacht. Für die Auswilderung der Tiere werden zudem 30 Hektar Flächen zur Verfügung gestellt. Nach Angaben der Stadt kostete es allein 750.000 Euro, die sogenannten artenschutzrechtlichen Belange aufgrund der streng geschützten Feldhamster am neuen Produktionsstandort der Mifa-Bike an „An der Wasserschluft“ umzusetzen.

Auf dem zehn Hektar großen Areal waren im Vorfeld bis zu 100 der streng geschützten Nager vermutet worden. Doch von Tierschützern wurden lediglich zwei Feldhamster bei den Erdarbeiten gefunden und eingesammelt. Sie landeten schließlich im Winterquartier im Zoologischen Garten in Halle.

Zuchtstation wird von der Stadt Sangerhausen selbst betrieben

Der BUND hatte sich zwar angeboten, die Zuchtstation zu betreiben. Doch die Stadt hat sich nunmehr entschieden und nimmt die Sache selbst in die Hand. „Wir werden auf jeden Fall einen Beirat gründen“, kündigte Sangerhausens Wirtschaftsförderin Brigitte Franke an. Der soll für Umwelt- und Tierschützer offen stehen. Schließlich ist die Zucht der Feldhamster eine ziemlich komplexe Angelegenheit. Doch dabei können sich die Sangerhäuser auf die Erfahrungen der Biologen im Zoo Heidelberg stützen. „Wir werden die Tierpfleger, die für die Hamster dann zuständig sind, zum Erfahrungsaustausch nach Heidelberg schicken“, sagte Franke.

Seit Jahren läuft in Baden-Württemberg ein bislang einmaliges Zuchtprojekt. Die Stadt Mannheim war beim Bau der SAP-Arena, eine Multifunktionshalle mit 15.000 Plätzen, dazu verpflichtet worden, den Erhalt der Feldhamster dauerhaft zu sichern. Dafür gibt die Kommune rund 120.000 Euro pro Jahr aus. Auch das Land Baden-Württemberg zahlt jährlich 44.000 Euro für Schutzmaßnahmen. Darüber hinaus unterstützt der Naturschutzbund (Nabu) das Projekt. Zudem hat der promovierte Biologe und Hamsterexperte Ulrich Weinhold ein spezielles Artenhilfsprogramm entwickelt.

In Sangerhausen geht man aktuell von jährlichen Folgekosten von 150.000 Euro aus. Immerhin stehen nach einer EU-Richtlinie jedem Hamster zwei Quadratmeter „Wohnfläche“ zu. (mz)