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Friseurhandwerk in Sachsen-Anhalt 81-jähriger Friseurmeister aus Wolferstedt denk noch lange nicht ans Aufhören

Mit 81 Jahren noch im Beruf stehen ist nicht jedem vergönnt. Walther Heineck in Sachsen-Anhalt hat noch jede Menge Kunden. Er sagt, dass seine Arbeit ihn fit und jung hält.

Von Thomas Schöne 03.05.2023, 10:45
Friseurmeister Walther Heineck frisiert Doris Funke in seinem Salon in Wolferstedt. Mit 81 Jahren noch im Beruf stehen ist nicht jedem vergönnt.
Friseurmeister Walther Heineck frisiert Doris Funke in seinem Salon in Wolferstedt. Mit 81 Jahren noch im Beruf stehen ist nicht jedem vergönnt. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Wolferstedt/DPA - Eigentlich ist Friseurmeister Walther Heineck schon lange Rentner. Aber sein Beruf begeistert ihn noch immer und bei seinen Kunden in Wolferstedt (Landkreis Mansfeld-Südharz) ist er gefragt. Dass er 81 Jahre alt ist, sieht man ihm nicht an. Offenbar hält ihn die Arbeit jung. „Wenn ich im Laden frisiere, fühle ich mich fit und mir fehlt nichts“, sagt Heineck.

Seit 66 Jahren frisiert er Damen und Herren. Und das nicht einfach so, sondern mit viel Liebe zum Detail. Auch Hausbesuche für Stammkunden sind dabei. „1964 legte ich meine Meisterprüfung ab und danach war ich 25 Jahre in der Kommission für Meisterprüfungen tätig“, sagt Heineck. „Ich habe von den Prüflingen nichts verlangt, was ich nicht selber konnte. Das gehörte zu meiner Handwerkerehre.“

Vorträge zu den Frisuren im Wandel der Zeiten

Für den Meister bedeutet das Friseurhandwerk nicht einfach Haare schneiden. Frisuren auf den Köpfen entstehen zu lassen, das erfordert Erfahrung und in früheren Zeiten auch einen enormen Aufwand. „Bei einer nicht fachgerechten Dauerwelle konnte schon mal das Haar durch Hitze geschädigt werden. Heute ist das durch spezielle Haarlösungen einfacher“, sagt Heineck.

Neben der Arbeit hält er in der Region des Mansfelder Landes auch anschauliche Vorträge zu den Frisuren im Wandel der Zeiten. Seinem Publikum zeigt er die Kreationen der letzten 100 Jahre anhand zahlreicher „Postichköpfe“, das sind mit Perücken überzogene Übungsköpfe.

Von „Olympia-Welle“ bis „Entwarnung“

Dazu gehört, die „Charleston-Frisur“ von 1925 und die „Olympia-Welle“ von 1936 aber auch „Entwarnung“, eine Modefrisur die nach dem Kriegsende aufkam und bei der die Haare von unten nach oben frisiert wurden. „Eine Anspielung, dass der Bombenkrieg vorbei ist und die Menschen aus Luftschutzkellern kommen können“, sagt der Meister.

Neben der Theorie gibt es bei seinen Vorträgen auch praktische Anschauung. Wer möchte, bekommt bei den Veranstaltungen kostenlos von Heineck einen neuen, modernen Haarschnitt. Das Angebot wird stets gern angenommen.

Ich bin nicht im Gestern verhaftet, aber ich möchte, dass die Tradition des Berufes nicht in Vergessenheit gerät

Walther Heineck, Friseur-Meister

„Herr Heineck nutzt seine Arbeit, um Werbung für seinen Berufsstand zu machen, solche Berufsorientierungsmaßnahmen werden immer gebraucht“, sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle, Jens Schumann. „Das er mit soviel Leidenschaft arbeitet, ist hoch anzuerkennen.“

„Ich bin nicht im Gestern verhaftet, aber ich möchte, dass die Tradition des Berufes nicht in Vergessenheit gerät“, sagt der Meister. Er erinnerte daran, dass alles mit dem Formen von Haaren mit der Brennschere anfing. Die Ondulation wurde 1872 in Paris vom Friseur Marcel Grateau (1852-1930) erfunden.

Seine Kundschaft ist begeistert

Später kamen „Wasserwellen“, bei der die Haare mit speziellen Klemmen - sogenannte „Wellenreiter“ - in Form gebracht wurden hinzu. Ebenso gab es die „Lockenwelle“ und die „Dauerwelle“. Aber der Meister denkt nicht nur an die Vergangenheit. „Ich gehe auf die Wünsche der Menschen ein. Gefragt sind zum Beispiel moderne Frisuren bei jungen Leuten, die Jugendweihe feiern“, sagt er.

Seine Kundschaft ist begeistert. „Das Alter sieht man ihm nicht an, aber im Salon steht er seinen Mann“, sagt Doris Funke aus Mittelhausen. Und Heidi Brauchmüller aus Wolferstedt meint: „Freundlich und lachend ist Herr Heineck bekannt, das alles mit Kamm und Schere in der Hand.“ Bei Ute Bindernagel aus Eisdorf heißt es: „Friseure gibt es viele, aber meiner wohnt in Wolferstedt.“ Ina Otto aus Winkel sagt: „Unser Enkel wohnt in Hannover. Aber seine Haare lässt er sich nur von Herrn Heineck in Wolferstedt schneiden.“ Kundin Ilona Möwius aus Wolferstedt meint: „Ob alt oder jung bei Walther bekommt jedes Haar den richtigen Schwung.“

Warum arbeitet Walther Heineck noch immer?

Heineck wurde 1942 in Kroatien geboren und kam mit seiner Mutter nach dem Krieg in das Mansfelder Land. Seine Frau heiratete er im Jahr 1964. Sie hilft ihm heute im Laden. „Natürlich möchte ich solange wie möglich arbeiten, eben bis mir die Schere aus der Hand fällt und vielleicht werde ich 100 Jahre alt“, sagt Heineck scherzhaft.

Andererseits fragen ihn einige Leute, warum er immer noch arbeitet. Sie wollen wissen, ob er es nötig hat. Aber Heineck ist der Meinung, dass der größte Feind des Alterns die Untätigkeit ist. „Es kommt nicht darauf an alt zu werden, sondern wie man alt wird“, sagt er.

Die Zahl der Menschen, die das Friseurhandwerk lernen, ist stark rückläufig

Die Zahl der Menschen, die das Friseurhandwerk lernen, ist stark rückläufig. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes (Halle) gab es im Jahr 2011 noch 702 Auszubildende, im Jahr 2021 waren es nur noch 231 junge Menschen, die landesweit eine Friseurlehre absolvierten.

Allgemein wuchs aber der Männeranteil im Friseurhandwerk. Laut Statistischen Bundesamt schlossen 2021 knapp 2100 Männer einen Ausbildungsvertrag ab. Damit stieg der Anteil auf 32 Prozent bei den Neuverträgen. 2011 waren es mit rund 1400 Männern nur 11 Prozent.

Von Heinecks drei Söhne übernimmt keiner den Laden

Die Handwerkskammer Halle wirbt für Betriebsnachfolger im Handwerk mit mehreren Hundert Beratungen im Jahr. „Wir suchen unter dem Motto „Man wird nicht plötzlich 67“ mit einer europaweiten Unternehmensbörse öffentlich Nachfolger“, sagt Schumann.

Von Heinecks drei Söhne übernimmt keiner den Laden. „Sie wohnen in der Gegend und haben andere Berufe. Das Handwerk wurde ja früher nicht gefördert“, sagt Heineck.