20. Sachsen-Anhalt-Tag 20. Sachsen-Anhalt-Tag: Räder, Rosen, Rüssel in Sangerhausen

Sangerhausen - Sangerhausen ist reich an Gold. Im Ernst. Doch bevor nun in der Berg- und Rosenstadt ein neuer Goldrausch ausbricht, sei gesagt: Das Edelmetall lagert nicht hier. Sondern schwebt durchs All. Goldvorkommen vermutet man (bisher) jedenfalls auf einem Kleinplaneten, der den Namen Sangerhausen trägt. Benannt ist er tatsächlich nach der kleinen Stadt im Landkreis Mansfeld-Südharz. Drei Jahre braucht der Himmelskörper, um einmal um die Sonne zu kreisen.
Rund 8.500 Rosen im Rosarium
Stellt man sich den Kleinplaneten im Universum so vor, dann müsste es dort eigentlich nach Rosen duften. Denn diese Blume ist das Symbol der 28.000-Einwohner-Stadt.
Rund 8.500 Exemplare sind in Europas größter Rosensammlung im Rosarium zu sehen. Touristen aus aller Herren Länder machen sich auf, den Geist dieser Kunstform zu bestaunen - oder sich diversen Weiterbildungskursen in Schnitt, Erkennung oder Züchtung anzuschließen. Was dem Kölner der Dom, dem Münchner das Hofbräuhaus - das ist dem Sangerhäuser das Rosarium. Und ja, es heißt Sangerhäuser und nicht etwa Sangers-hausener oder so ähnlich.
Doch von Weltformat sind in der Stadt nicht nur die Rosen, sondern auch die Radballer. Diese - bundesweit betrachtet - eher noch ein Schattendasein fristende Sportart hat in Sangerhausen zwei Weltmeister hervorgebracht! Fahrräder spielen hier ohnehin eine große Rolle. Das traditionsreiche Mifa-Werk ist immer noch einer der größten Arbeitgeber der Stadt.
Aber der Sangerhäuser fährt nicht nur Fahrrad. Er wandert auch gern - zum Beispiel hoch auf die Halde „Hohe Linde“, eines der jüngsten Wahrzeichen der über tausendjährigen Stadt mit den malerischen Fachwerkbauten und modernisierten Gassen.
Bewegende Geschichte der Kumpel im Museumsschacht Wettelrode
Die Halde ist ein von Unkundigen gern als „Vulkan“ interpretierter Kegel, der jedoch tatsächlich keine heiße Magma in sich birgt. Er trägt vielmehr die Geschichte Sangerhausens als Bergbaustadt in sich. Die begann vor etwa 800 Jahren und endete erst 1990. Aus bis zu 700 Metern Tiefe wurde Kupferschiefer zu Tage gefördert, dessen Abraum sich zuletzt zu der weithin sichtbaren Halde auftürmte. Zu sehen und zu erleben ist die bewegende Geschichte der Kumpel im Museumsschacht Wettelrode.
Die „Hohe Linde“ als sichtbarstes Bergbau-Zeugnis erhebt sich im Norden der Stadt - bedrohlich und beschützend zugleich thront sie über den Häusern. Für Besucher ist sie nur zweimal im Jahr offen - der Aufstieg in rund 150 Meter Höhe ist nicht ungefährlich.
Der Blick vom Spitzkegel aus lohnt sich aber. Was man von so weit oben gut sehen kann, ist vor allem die Ausdehnung von Sangerhausen, das nach den letzten Eingemeindungen vor einigen Jahren flächenmäßig sogar größer ist als die Landeshauptstadt Magdeburg.
Nach der Wende 1989 wurde ein Großteil der Innenstadt aufwendig saniert und modernisiert. Diese Bewahrung des mittelalterlichen Charakters von Sangerhausen fand großen Anklang - 1998 sogar mit dem Architekturpreis für Freianlagen. Nur bedingt preisverdächtig ist allerdings die Geradlinigkeit des Kirchturms der Marktkirche St. Jacobi. Der hat sich nämlich im Laufe der Jahrhunderte um 1,86 Meter geneigt.
Aber zurück in den Weltraum. In 340 Millionen Kilometern Entfernung von der Sonne schwirrt nun also Sangerhausen als Kleinplanet durchs All. Die Namensgebung der astronomischen Goldgrube verewigt indes einen Irrtum. Der Kleinplanet wurde in Anlehnung an die Himmelsscheibe so benannt, von der man zunächst glaubte, sie stamme aus Sangerhausen. Das tat sie nicht, und so heißt sie mittlerweile Himmelsscheibe von Nebra. Im Weltall blieb es bei Sangerhausen.
Einar Schleef - der berühmte Sohn der Stadt
Noch ein bisschen mehr in die Jahre gekommen als besagte Himmelsscheibe ist der älteste Bewohner der Stadt - das Mammut. Vor rund 500.000 Jahren trat es von der Bildfläche ab und tauchte erst wieder auf, als es sein Entdecker Gustav Adolf Spengler 1931 bei Edersleben ausgrub. Seither ist das Mammut eines der Wahrzeichen der Stadt und steht in voller Pracht im Spenglermuseum in der Nähe des zum Sachsen-Anhalt-Tag wiedereröffneten Bahnhofs.
Neben Exponaten zu Geologie, Naturkunde und Stadtgeschichte hat der erste komplette Museumsneubau der DDR von 1952 auch Interessantes zu einem der größten Söhne Sangerhausens zu bieten: Einar Schleef. Der über die Landesgrenzen hinaus bekannte Theaterregisseur und Schriftsteller hat seine letzte Ruhe ebenfalls in der Berg- und Rosenstadt gefunden. (mz)


