Schwere Vorwürfe Querfurt: Schwere Vorwürfe -Hat Ex-Bürgermeister Peter Kunert Gelder veschwendet?

Querfurt - 25 Jahre lang hat Peter Kunert (FDP) die Geschicke der Stadt Querfurt gelenkt, sie durch bewegte Zeiten geführt. Für seine großen Verdienste hat ein auf der Burg Querfurt ansässiger Ritterorden deshalb den im Jahr 2015 in den Ruhestand verabschiedeten Bürgermeister sogar zum Ehrenritter ernannt. An den ritterlichen Tugenden nährt nun allerdings eine Rechnungsprüfung des Landkreises erhebliche Zweifel.
In Zeiten des Sparzwangs soll Kunert nach Ansicht der Prüfer Geld verschwendet und gegen Gesetze verstoßen haben. Der Stadt soll durch diverse Entscheidungen ihres langjährigen Bürgermeisters ein finanzieller Schaden von mehreren Zehntausend Euro entstanden sein, heißt es in dem Bericht, der der Mitteldeutschen Zeitung vollständig vorliegt. Sogar vom möglichen Verdacht der Vorteilsnahme im Amt, einer Straftat, ist in dem vertraulich behandelten Dokument die Rede.
Misswirtschaft und Vorteilsnahme im Amt?: Peter Kunert weist Vorwürfe zurück
Die Kontrolle der Bücher durch den Kreis erfolgte routinemäßig. Laut Kommunalverfassung ist das Rechnungsprüfungsamt angehalten, in festen Abständen die Haushaltsführung der Städte und Gemeinden dahingehend zu kontrollieren, ob gesetzliche Vorschriften eingehalten und die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit beachtet wurden.
Bei der von März bis Juni dieses Jahres durchgeführten Prüfung wollen die Experten jedoch eine Vielzahl gravierender Verstöße aufgedeckt haben. Vor allem Peter Kunert wird dabei Misswirtschaft vorgeworfen. Er selbst weist die Anschuldigungen auf MZ-Anfrage zurück.
Peter Kunert in Erklärungsnot: Vorwürfe gegen Ex-Bürgermeister reichen bis in die 90er Jahre zurück
Zum Teil reichen die Vorwürfe bis in die 90er Jahre zurück und betreffen unter anderem die Tätigkeit Kunerts in verschiedenen Aufsichtsräten. Aufgrund seiner Funktion als hauptamtlicher Bürgermeister war Kunert von Juli 1994 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amt im Jahr 2015 Aufsichtsratsvorsitzender der städtischen Wohnungsbaugesellschaft (WBQ). In selber Funktion war er von November 2010 an auch bei der Fernwärmegesellschaft Querfurt, einer WBQ-Tochter, tätig. Für seine Arbeit in beiden Gremien erhielt Kunert Vergütungen und Sitzungsgelder, die laut Kommunalverfassung und beamtenrechtlicher Bestimmungen von ihm an den Stadthaushalt hätten abgeführt werden müssen. Dies sei jedoch nicht erfolgt, stellten die Rechnungsprüfer des Kreises fest.
Schwere Vorwürfe gegen Querfurts Ex-Bürgermeister: Peter Kunert soll in die eigene Tasche gewirtschaftet haben
Allein im Falle der Tätigkeit für die WBQ sollen der Stadt laut dem Bericht 12.151,29 Euro entgangen sein. Erschwerend kommt hinzu, dass das Innenministerium bereits im Jahr 1999 und auch der Städte- und Gemeindebund im Jahr 2011 auf die Abführungsverpflichtung von Hauptverwaltungsbeamten, wie Kunert einer war, schriftlich hingewiesen hatten. Die Schreiben wurden bei der Rechnungsprüfung auch im Rathaus aufgefunden. Befolgt wurden diese Hinweise aber laut Prüfern nicht.
Und auch beim Salär für Stadtbedienstete soll es Kunert laut dem Bericht offenbar nicht so genau genommen haben. Sowohl von 2007 bis 2013 als auch ab Juni 2013 sollen zwei Sachbearbeiterinnen ohne rechtliche Grundlagen übertarifliche persönliche monatliche Zulagen von 200, zum Teil von insgesamt 350 Euro gewährt worden sein, heißt es. Durch diese Leistungen sei der Stadt ein Schaden von insgesamt 26.150 Euro entstanden.
Teure Feiern, zu viel Alkohol: Weitere Vorwürfe gegen Querfurst ehemaligen Bürgermeister Peter Kunert
Für die Stadt, die noch immer in finanzieller Schieflage steckt, wäre das bitter. Führte doch der unausgeglichene Haushalt bereits unter Kunerts Führung dazu, dass Querfurt in die Konsolidierung und bei freiwilligen Aufgaben laut Kommunalverfassung streichen musste.
Doch auch hier soll der damalige Bürgermeister die rechtlichen Vorschriften laut Rechnungsprüfungsamt nicht so streng ausgelegt haben: „Die Stadt tätigte trotz der Einschränkungen im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung erhebliche Ausgaben in den freiwilligen Bereichen“, heißt es in dem Bericht zum Haushaltsjahr 2015.
Aufgeführt sind in der Folge mehrere beanstandete Punkte. So hätte der mit 12.600 Euro bezifferte Neujahrsempfang wesentlich bescheidener ausfallen, wenn nicht sogar abgesagt werden müssen. Als Gesetzesverstoß werten die Experten die Feier zur Verabschiedung des Bürgermeisters, die 4.300 Euro gekostet hat. Zumal diese ohne finanzielle Beteiligung Kunerts ausgerichtet worden sei. Bei den 1.000 Euro für die Pflege von Städtepartnerschaften kritisieren die Rechnungsprüfer, dass laut Rechnungsbelegen „in unverhältnismäßig hohem Maße alkoholische Getränke konsumiert“ wurden.
Vorwürfe gegen Peter Kunert: Hat Ex-Bürgermeister Straße nur wegen Verwandten ausbauen lassen?
Einen üblen Verdacht nährt eine Beanstandung der Prüfbehörde bezüglich der Ausgaben für Straßenbau: Nicht nur, dass der Posten im Jahr 2015 mit fast 270.000 Euro aus Sicht der Kontrolleure zu hoch ausfiel und zu einer „weiteren nicht unerheblichen Erhöhung des Haushaltsdefizits der Stadt geführt“ habe. In den Fokus gerät zudem der grundhafte Ausbau der Bäckerstraße in Querfurt. „Die Maßnahme [...] ist auch unter dem Aspekt zu betrachten, dass unter anderem als Anlieger in dieser Straße Verwandtschaft ersten Grades des ehemaligen Bürgermeisters zu verzeichnen ist.“
Auch beim Dienstwagen von Peter Kunert gibt es Ungereimtheiten
Und auch in Sachen Dienstwagen gibt es laut Prüfbericht Ungereimtheiten. Im April 2015, also nur zwei Monate vor Ende der Amtszeit Kunerts als Bürgermeister, wurde das Fahrzeug in die Inspektion gegeben. Für 1.468,66 Euro wurden in der Folge neue Reifen aufgezogen, ein Update der Navigationssoftware installiert und zusätzlich ein Marderschutz für 83,69 Euro eingebaut. Laut Prüfbericht wurde das Fahrzeug wenige Wochen später an den Leasinggeber zurückgegeben.
Wie die MZ von zwei unterschiedlichen Quellen erfahren hat, soll Kunert das Fahrzeug dann jedoch privat übernommen haben. Kunert selbst äußert sich auch zu diesem konkreten Vorwurf nicht. Dienstwagen und Bäckerstraße zusammen betrachtet, raten die Kontrolleure dazu „zu prüfen, ob Anzeichen erkennbar werden, die den Verdacht der Vorteilsnahme im Amt rechtfertigen“.
Dienstwagen falsch besteuert?: Nicole Rotzsch will zurückzahlen
Im Zusammenhang mit dem Gebrauch des Dienstwagens gerät jedoch nicht nur Kunert, sondern auch dessen Nachfolgerin Nicole Rotzsch (CDU) in die Kritik. Denn bei beiden ehemaligen Stadtoberhäuptern erfolgte die Anrechnung des Sachbezugs für die durchaus legitime private Nutzung des Autos nicht nach beamtenrechtlichen Bestimmungen. Auf MZ-Anfrage erklärte Rotzsch, dass der Dienstwagen steuerlich korrekt abgegolten worden sei. Sowohl ihr als auch der Verwaltung sei jedoch nicht klar gewesen, dass dies auch besoldungsrechtlich erfolgen müsse. Zur Klärung stehe man in Kontakt. Eventuelle Rückforderungsansprüche werde sie begleichen, gab sich Rotzsch einsichtig.
Kunert wiederum äußerte sich auf Nachfrage nicht zu einzelnen Punkten des Prüfberichts. „Nach 25 Jahren Kampf gegen den Abstieg unserer ehemaligen Kreisstadt in die Bedeutungslosigkeit ist ein solcher Bericht besonders bitter“, teilte er schriftlich mit.
Da er selbst erst von der MZ vom Inhalt des Berichts erfahren haben will, könne er zum gegenwärtigen Zeitpunkt lediglich erklären, dass „ich meine Stadt zu jeder Zeit nach bestem Wissen und Gewissen vertreten habe und ihr zu keinem Zeitpunkt bewusst oder wissentlich Schaden zugefügt habe“. (mz)