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Dank nach Querfurt! Jacob Christian Schäffer aus Querfurt ist der Vater der Waschmaschine

Von Karin Ceballos Betancur 22.02.2017, 21:21
Heutzutage unverzichtbar: Die Waschmaschine.
Heutzutage unverzichtbar: Die Waschmaschine. dpa

Querfurt/Frankfurt (Main) - Das Problem bei sehr alten Büchern ist ja nicht nur, dass man die Schrift schlecht lesen kann. Sie handeln außerdem oft von Dingen, die mit dem, was uns gegenwärtig umtreibt, so gar nichts zu tun haben. Dennoch kommt es vor, dass man beim Durchstöbern historischer Dokumente unverhofft auf Fragestellungen von allerhöchster Alltagsnähe stößt:

„Aufgabe: Wie ist die Wäsche, unter folgenden Bedingungen, rein, gut und weiß zu waschen?“ Weitaus verblüffender als die Antwort - „Wasche die Wäsche, vorgeschriebenermaßen, in der Waschmaschine“ - ist das Erscheinungsjahr des Texts. Er stammt aus den 60ern. Den Siebzehnhundertsechziger Jahren.

Waschmaschine? Im 18. Jahrhundert? Genau. 250 Jahre ist das her.

Der Autor der Zeilen, Jacob Christian Schäffer, wurde 1718 in Querfurt im heutigen Saalekreis geboren. Wikipedia führt ihn als deutschen „Superintendent, Extraordinarius, Botaniker, Mykologe, Entomologe, Ornithologe“ - und Erfinder eben, wobei er auf die Waschmaschine wohl eher zufällig stieß.

Schäffer war gerade damit beschäftigt, eine neue Papiermühle zu konstruieren, als ihm die Beschreibung einer englischen Maschine in die Hände fiel. Er ließ ein Exemplar nachbauen, das er für seine Zwecke umfunktionieren wollte, zur Papierherstellung eben.

Beschreibung in eigenem Buch

Was dann geschah, beschrieb Schäffer später in einem Buch mit dem schmissigen Titel: „Die bequeme und höchstvortheilhafte Waschmaschine. Wie solche in den damit gemachten Versuchen bewährt gefunden und damit dieselbe um so sicherer und nützlicher gebraucht werden könne hin und wieder abgeändert und verbessert worden“.

Lassen wir zunächst Schäffers Versuchsanordnung auf uns wirken. „Man nahm eine gewisse Anzahl verschiedener Gattungen schmutziger Wäsche; bereitete sie durch Einweichen und sparsames Einseifen gehörig zu; warf sie in die Waschmaschine; und überließ sie zwölf Minuten ihrem Schicksale.“

So weit, so bekannt. „Wie groß war aber die Verwunderung, als man nach einer so kurzen und fast nichts bedeutenden Arbeit, und nach so wenigen Minuten, die Wäsche in der Maschine wirklich und vollkommen rein und ausgewaschen, das Wasser hingegen durchaus trübe und unrein fand?“

Fassen wir kurz zusammen: Nachdem es sich bei der ersten Waschmaschine um kaum mehr als einen Holzbottich mit Kurbel handelte, durch deren Betätigung sogenannte Rührflügel im Wasser bewegt wurden, kann mitnichten davon die Rede sein, dass die Wäsche „zwölf Minuten ihrem Schicksale“ überlassen wurde.

Vielmehr darf man davon ausgehen, dass irgendwer die „so kurze und fast nichts bedeutende Arbeit“ des Kurbelkurbelns still und schwitzend im Hintergrund erledigt hat - und sehr wahrscheinlich war irgendwer kein befreundeter Superintendent, sondern eine Frau. Während der Erfinder die zwölf Minuten nutzte, um schnell noch was zu erfinden.

Aber weiter im Text: „Auch nicht an einem einzigen Stücke war, bey dem genauesten Nachsehen und der schärfesten Untersuchung, von dem vorigen Schmutze und den vorher darinn gewesenen unreinen Flecken etwas mehr zu erkennen, so gar, daß einige die Augenzeugen davon waren, und deren Sache es ist, vom Waschen zu urtheilen, behaupteten, daß diese Wäsche auf die gewöhnliche Weise nimmermehr gleich das erstemal so rein und weiß würde geworden seyn.“ Jacob Christian Schäffer und der Persil-Mann - „Da weiß man, was man hat. Guten Abend“ - Brüder im Geist.

Natürlich mutet es ein wenig absurd an, ein Gerät als erste Waschmaschine zu feiern, das meilenweit davon entfernt war, den lästigen Reinigungsvorgang wenigstens halbwegs automatisch zu erledigen. Und so findet die Erfindung der Waschmaschine an Schäffers Elternhaus in Querfurt auch erst seit wenigen Jahren Erwähnung.

Zu seiner Ehrenrettung soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass Schäffer seine Erfindung durch die Publikation von „Die bequeme und höchstvortheilhafte Waschmaschine“ uneigennützig der Allgemeinheit zugänglich machte, auf dass jeder und jede, die über genügend Holz und Sachverstand verfüge, sich eine Waschmaschine konstruiere:

„So kam es nur noch darauf an: Ob ich diese meine Erfahrungen, und dadurch erhaltene Gewißheit von dem Vorzuge und großen Nutzen der Waschmaschine, nur allein vor mich behalten, oder ob ich nicht vielmehr (…) aus Empfindung einer wahren Menschenliebe, auch andern, sonderlich hiesigen Ortes und Gegenden, davon Nachricht geben, meine Versuche und deren Erfolge zur Bestättigung der Warheit öffentlich vorlegen und zur Einführung dieser Waschmaschine, der Wirthschaft und Haushaltung zum Besten, Muth und Luft machen sollte?“

Um das Interesse an seiner Erfindung wach zu halten, veröffentlichte Schäffer in den darauf folgenden Jahren übrigens noch einige Nebenpublikationen, darunter etwa die „Briefe eines Frauenzimmers an ihre Freundin in St** die Waschmaschine betreffend“, ehe er 1790 starb. Leider findet das Genre der Waschmaschinen-Belletristik heute nur noch wenig Beachtung.

Erster Vollautomat 1951

Auch an der Reinigungsfront tat sich lange Zeit wenig. Genau genommen gar nichts. Mit technischen Neuerungen war wohl auch wenig zu gewinnen, weil die Wäsche nach wie vor ausschließlich von Frauen erledigt wurde. Die sollten weitere 150 Jahre warten müssen, bis Alva Fisher in Chicago die erste elektrisch betriebene Waschmaschine baute.

Und eine Düsseldorfer Maschinenfabrik 1951 mit ihrer „Constructa“ den ersten Vollautomaten präsentierte. Ihm schließlich konnte man die Wäsche endlich anvertrauen und tatsächlich ihrem Schicksal überlassen. Um mit mehr Muth und Luft den Geschlechterkampf vorzubereiten.

Danke, Jacob Christian! (mz)

Jacob Christian Schäffer entwickelte die Waschmaschine aus Holz. Zu DDR-Zeiten war die WM66 legendär.
Jacob Christian Schäffer entwickelte die Waschmaschine aus Holz. Zu DDR-Zeiten war die WM66 legendär.
Gesellschaft G/480/Ger/WaschTechnik/Allgemeines/Erfindungen (T/1/Erf)