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Wo Erdmeiler raucht und Holzkohle geerntet wird

Von UWE KRAUS 19.04.2010, 14:17

HASSELFELDE/MZ. - Zu Ostern wurde in der Harzköhlerei Stemberghaus der erste Holzkohlemeiler des Jahres entzündet. Am Sonntag stieg nun aus dem traditionellen Erdmeiler nur noch etwas Rauch auf.

"Er ist kurz davor, dass er geerntet werden kann", beurteilt fachkundig Sascha Feldmer. Gemeinsam mit seinem Bruder Immo hat er von seinem Vater Peter, der dem am 19. März 1999 in Hasselfelde gegründeten Harzer Köhlerverein e.V. als Präsident vorsteht, die Geschäftsführung der Harzköhlerei Stemberghaus übernommen. Dass am diesem Sonntag Tag der Industriekultur war und die Köhlerei eines Vorzeigeobjekte der Organisatoren von der Wirtschaftsförderung & Tourismus Anhalt GmbH, hatte man den fleißigen Köhlern vor Ort schlichtweg vergessen zu sagen.

Sascha Feldmer nimmt es gelassen. Hier an der Bundesstraße 81 zwischen Blankenburg und Hasselfelde vermitteln er und seine Mitarbeiter jeden Tag Industriegeschichte. So an die 50 000 Besucher machen hier jährlich Station. Das Köhlerfest hier oben gilt als legendär. Zum 18. Mal werden am 31. Juli und 1. August die Köhler aus dem Harz zusammentreffen und mit den Bewohnern und vielen Gästen des Harzes ein besonderes Fest zu Ehren des geschichtsträchtigen Handwerks der Harzköhlerei feiern. "In einer Zeit, in der die alten traditionellen Berufe, Tätigkeiten und Lebensformen unserer Vorfahren immer mehr verschwinden, möchten wir an die Arbeitsweise der Köhler, an ihre Lebensweisen und Traditionen erinnern", erläutern die Organisatoren ihre Ziele. Die Geschichte des harten Handwerks der Köhler wird in dem Köhlereimuseum gezeigt. Die für Deutschland einzigartige museale Einrichtung gibt Einblick in die Entwicklungsgeschichte der Köhlerei und vermittelt einen Eindruck davon, unter welchen schwierigen Bedingungen die Köhler lebten und arbeiteten.

So machen auch an diesem Sonntag Reisebusse hier ihren Stopp, um das alte Handwerk live zu erleben. Schließlich hat keine andere historische Waldnutzungsart den Harzer Forst derart tiefgreifend gestaltet und verändert wie die Holzköhlerei. Wie in anderen Mittelgebirgen rauchten auch im Harz über Jahrhunderte die Meiler. Riesige Waldbestände wurden genutzt und geplündert, um den immensen Holzkohlebedarf für die Eisen- und Hüttenwerke zu stillen. Die Harzköhlerei und der Harzer Köhlerverein e.V. wollen Wald- und Forstgeschichte, Heimatkunde und Brauchtum sowie ökologische und ökonomische Zusammenhänge zwischen Holzverkohlung, Mensch und Industrie aufarbeiten und nachfolgenden Generation einen nachhaltigen Geschichtseindruck über das Köhlereiwesen im Harz vermitteln. Das alte, bis ins Mittelalter zurückreichende Handwerk des Verkohlens sowie das schwere, aber stolze Wirken der Köhler erfährt mit dem Köhlerweg zwischen der Harzköhlerei und Hasselfelde eine Ehrung. Gemeinsam mit dem einzigartigen Museum am Stemberghaus bildet der Köhlerweg ein Ensemble anschaulicher Traditionspflege. An der Harzköhlerei Stemberghaus liegt der würzige Rauch der Holzkohlemeiler in der Luft.

Die Köhlerei gehört zu den wenigen noch arbeitenden Handwerksbetrieben dieser Art in Deutschland. Von Anfang April bis Ende Oktober rauchen am Stemberghaus die traditionellen Erdmeiler. "Das ist ein immer währender Kreislauf", erklärt Sascha Feldmer. "Es wird ein Meiler aufgebaut, der nächste kohlt ab und der dritte wird geerntet." Im Winter, der in diesem Jahr bis tief in den März ging, kommt Holzkohle aus dem Stahlkessel. Jährlich werden durch die dortigen Köhler 150 Tonnen Holzkohle bester Qualität in Retorten hergestellt.

Längst braucht sich niemand mehr Sorge um die heimischen Wälder zu machen. Ausschließlich Resthölzer wie Buche oder Eiche aus der Forstwirtschaft verwendet die Harzköhlerei. Damit entsorgen die Köhler den Wald von wertlosem Brennholz und veredeln es zu wertvoller Holzkohle. Die nehmen viele Grill-Freunde in Zehn- und Drei-Kilo-Tüten gern direkt von der Produktionsstätte bei Hasselfelde aus mit. Und für wen die noch nicht richtig brennt, kann zur flüssigen Holzkohle greifen. Der Kräuter ist 50-prozentig und wird nach altem Köhlerrezept gebrannt.

Weitere Informationen in der Harzköhlerei Stemberghaus unter Telefon

039459 / 7 22 54.