1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Ukraine-Flüchtlinge im Harz: „Wir helfen Ukrainern, weil wir ihre Gefühle verstehen“

Ukraine-Flüchtlinge im Harz „Wir helfen Ukrainern, weil wir ihre Gefühle verstehen“

Yana Dykha und Yuliia Kopchak gehören zu den ersten Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, die 2022 nach Deutschland kamen. Sie erzählen, wie schwierig es war, sich im Harz ein neues Leben aufzubauen, und wie sie es geschafft haben.

Von Rita Kunze 14.03.2025, 10:00
Yana Dykha (links) und Yuliia Kopchak leben und arbeiten in Quedlinburg.
Yana Dykha (links) und Yuliia Kopchak leben und arbeiten in Quedlinburg. Foto: Kunze

Quedlinburg/MZ. - „Mein Sohn fragt jeden Tag, wo sein Papa ist.“ Yana Dykha macht eine Pause, atmet kurz durch, dann spricht sie weiter. Die 32-Jährige gehört zu den ersten ukrainischen Kriegsflüchtlingen, die 2022 nach Deutschland kamen. Sie erzählt von ihrem Alltag im Harz. Von Behördengängen, Sprachkursen, von der schwierigen Jobsuche. „Viele ukrainische Frauen möchten arbeiten. Aber die Anforderungen sind hoch.“

Ohne ausreichende Sprachkenntnisse ist eine Arbeitsvermittlung nahezu unmöglich. „Ich habe in der Schule ein bisschen Deutsch gelernt, aber nur Grundkenntnisse“, sagt Dykha, und die Schulzeit sei lange vorbei. Drei Deutschkurse mit stetig steigendem Niveau hat sie inzwischen absolviert, „weil ich eine Arbeit haben möchte. Ich habe nachts gelernt. Nachmittags kümmere ich mich um mein Kind.“

Berufsabschlüsse im Ausland: IQ-Netzwerk hilft bei Anerkennung

Dykha ist Politikwissenschaftlerin, war Übersetzerin, Koordinatorin, hat Projekte begleitet. Arbeitslos zu sein, sei schwer gewesen: „Ich habe alle Zeit gearbeitet, auch im Homeoffice. Ich weiß nicht, wie man nicht arbeiten kann“, sagt sie. Inzwischen hat sie einen festen Job als Anerkennungsberaterin. „Wenn man mit ausländischen Berufsabschlüssen kommt, muss es Institutionen geben, die diese Berufsabschlüsse anerkennen – aus dem Gesundheitsbereich, Mediziner, Ärzte, Verwaltungsmenschen ... Das läuft über das sogenannte IQ-Netzwerk und über Anerkennungsberatungen“, erklärt Bettina Wittenberg. Die Fallmanagerin bei der Koba betreut seitens des Arbeitgeberservices die Kunden in den Sprachkursen.

Im Landkreis Harz gibt es derzeit 29 Integrationskurse, zwei weitere werden vorbereitet. Vor drei Jahren sah die Situation ganz anders aus. Die Flüchtlingswelle von 2015 war lange abgeebbt, so dass kaum noch Integrationskurse vorgehalten wurden. 2022 musste dann angesichts der vielen Kriegsflüchtlinge, die aus der Ukraine nach Deutschland kamen, die nötige Infrastruktur nahezu komplett hochgefahren werden, heißt es aus der Behörde: Lehrer mussten gefunden werden, Räume. Teilweise habe es dadurch Wartezeiten bis zu einem Jahr gegeben.

Integrationslotin hilft Landsleuten durch deutschen Behördendschungel

„Wir verstehen, dass es nicht so viele Lehrer gibt“, sagt Yana Dykha. Deshalb habe zum Beispiel die Sprachwissenschaftlerin und Übersetzerin Iryna Kovalchuk in Quedlinburg Sprachabende in kleinen Gruppen organisiert. Sie half noch mehr, sagt Yuliia Kopchak, die wie Yana Dykha seit drei Jahren in Deutschland lebt und als Integrationslotsin beim Landkreis Harz Landsleuten hilft, sich im Dschungel der deutschen Bürokratie zurechtzufinden.

Gemeinsam mit Kovalchuk hat die Psychologin den „Club Sonnenblume“ ins Leben gerufen, der Kindern ihrer Landsleute regelmäßige Treffen ermöglicht, bei denen sie spielen, singen und Erlebtes verarbeiten können. Außerdem helfe sie bei einem Bestattungsinstitut Ukrainern, weil das Beerdigungsritual ein anderes ist als in Deutschland „und weil einfach auch die Ansprache in der Muttersprache schöner ist“, so die 38-Jährige.

„Wir helfen anderen Ukrainern, weil wir ihre Gefühle verstehen“, erklärt Yana Dykha. Es zähle das Hier und Jetzt: „Dieser Krieg hat mir gezeigt, dass man nicht für lange Zeit planen kann. Ich weiß nicht, was in Zukunft sein wird.“