Verhandlung in Quedlinburg Verhandlung in Quedlinburg: Urteil mit "viel Wohlwollen"
quedlinburg - „Was um alles in der Welt sollen wir noch mit Ihnen machen, damit Sie endlich begreifen, dass Sie keine Straftaten mehr begehen dürfen“, wandte sich Richterin Antje Schlüter an den Angeklagten. Der 30-Jährige hatte sich schon wegen Diebstahls und mehrfach wegen Betrugs verantworten müssen. Nun warf ihm die Staatsanwaltschaft Urkundenfälschung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und Pflichtversicherung vor. Am Ende kam der 30-Jährige noch mal mit einem blauen Auge davon: Das Amtsgericht Quedlinburg verurteile ihn zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, ausgesetzt zur Bewährung.
Fahrt ohne Führerschein
Laut Anklage war der Quedlinburger am 8. Mai vergangenen Jahres mit einem Audi unterwegs, obwohl er wusste, dass das Auto nicht haftpflichtversichert war und er selbst keine Fahrerlaubnis hatte. An den Pkw waren - mit einer gefälschten Landkreis-Plakette versehen - Kennzeichen montiert, die ursprünglich für einen Ford ausgegeben worden waren.
„Es ist traurig, aber wahr. Mein Mandant räumt den Tatvorwurf ein“, sagte Verteidiger Eckhard Schmidt. Wie der Angeklagte selbst schilderte, habe er das Auto zwei Tage zuvor gekauft, eigentlich quasi geschenkt bekommen. Er habe sich auch bei einer Fahrschule anmelden wollen, zum zweiten Mal. „Ich hab’ es schon mal versucht, bin aber in der Theorie durchgefallen.“ An jenem Abend wollte er von seiner Wohnung zu der seiner Freundin fahren, als er wenige Meter vor dem Ziel von der Polizei angehalten wurde.
„Ich habe etwas dagegen, wenn Leute, die ich verurteile, eine Woche später die nächste Straftat begehen“, sagte Antje Schlüter. Hatte sich der Mann doch am 30. April 2014 wegen mehrfachen Betrugs vor dem Amtsgericht Quedlinburg verantworten müssen und war von diesem zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt worden.
Und damit nicht genug: Am 19. Juni 2014 stand er wegen eines im Juli 2013 begangenen gemeinschaftlichen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung vor dem Amtsgericht Halberstadt. Auch hier erhielt er eine Bewährungsstrafe.
Die Autofahrt „war eine Dummheit“, sagte Angeklagte. „Das wird nie wieder passieren.“ Wie er dem Gericht schilderte, habe er einen Job auf Montage in Aussicht. „Mein Cousin würde mich einstellen.“ Dieser habe aber zuvor noch das Urteil des Amtsgerichtes abwarten wollen.
Strafe zur Bewährung ausgesetzt
„Die Tat vom Mai 2014 ist die letzte, die bei uns erfasst ist“, sagte der Staatsanwalt. Er wertete zudem zugunsten des Angeklagten, dass dieser geständig war und begonnen hat, „den geraden Weg langsam einzuschlagen“. Daher beantragte er eine Freiheitsstrafe von vier Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, sowie das Ableisten von 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit.
Das Gericht folgte diesem Antrag. „Das ist eine ganz außergewöhnliche Entscheidung“, erklärte Richterin Antje Schlüter. Der Angeklagte habe zur Tatzeit unter Bewährung gestanden und sei nur eine Woche nach seiner Verurteilung erneut straffällig geworden, obwohl ihm auch noch das Verfahren in Halberstadt bevorstand. „Das heißt, Sie sind ein hartnäckiger Bewährungsversager“, hielt die Richterin dem Angeklagten vor. Doch eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung auszusprechen, würde bedeuten, dass die Bemühungen des 30-Jährigen, sein Leben endlich auf die Reihe zu bringen, wie ein Kartenhaus zusammenbrechen würden. Daher habe sich das Gericht „mit Augen zu und viel Wohlwollen“ für die Bewährungsstrafe entschieden.
„Noch mal eine Bewährung gibt es nicht“, unterstrich Antje Schlüter und machte dem Angeklagten deutlich: „Mit einem Ihnen nicht gehörenden Personalausweis ein Handy zu kaufen, ist genauso tabu wie Autofahren ohne Fahrerlaubnis. Sonst sind Sie für lange Zeit von der Bildfläche verschwunden.“
Sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft erklärten, auf Rechtsmittel zu verzichten. Damit ist das Urteil des Amtsgerichts rechtsgültig. (mz)