Tierquälerei in Danstedt Tierquälerei in Danstedt: Veterinäramt soll aussagen

Danstedt/MZ - Der Zustand der Stute war erbarmungswürdig: Sie war so stark unterernährt, dass bereits alle Muskeln verkümmert und die Fettdepots geleert gewesen seien. „Sie hatte sogar schon die Depots hinter den Augen abgeschmolzen. Die werden als letztes angegriffen“, berichtet Robert Schmitz. Der Veterinär ist Oberarzt an der Freien Universität Berlin und Gutachter des Gerichts im Fall der verwahrlosten und halb verhungerten Pferde, die im November 2012 auf einem Hof in Danstedt von der Polizei beschlagnahmt und auf Tierhalter in ganz Deutschland verteilt worden sind.
Außerdem habe die Stute namens Athletica unter diversen Erkrankungen gelitten: einem chronischen Leiden der Lunge, einer Herzkrankheit, und ihre schlechten Blutwerte seien ein Hinweis auf chronische Infekte. Wie bei allen Danstedter Pferden waren die Hufe ungepflegt und viel zu lang.
Das, was der Sachverständige am Donnerstag vor dem Amtsgericht Wernigerode über die Pferde berichtete, deckt sich mit zahlreichen Zeugenaussagen - von Polizisten, Haltern, bei denen die Tiere jetzt untergekommen sind, und Hufschmieden. Es machte betroffen, aber es überraschte nicht. Überrascht hat dagegen Verteidiger Olaf Schröder mit seinem Antrag an das Gericht. Er will die zuständige Mitarbeiterin des Amtes für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung des Landkreises als Zeugin hören und von ihr wissen, was über die Zustände in Danstedt in der Kreisverwaltung bekannt war.
Wirkungslose Auflagen
Staatsanwalt Ralf Ebbing unterstützte das Vorhaben: „Dass das Veterinäramt zweimal vor Ort war - einmal davon mit einem Tierarzt -, zeigt, dass es die Situation auch nicht für unproblematisch gehalten hat.“ Die Behörde hatte es aber offenbar dennoch bei wirkungslosen Auflagen belassen. Damals hieß es aus der Kreisverwaltung, bei der Untersuchung hätten sich „keine Zustände ergeben, die eine akute Gefährdung der Tiergesundheit“ darstellten. Die Versorgung und Betreuung der Tiere seien gewährleistet.
Die Staatsanwaltschaft Magdeburg ermittelt unterdessen gegen eine leitende Mitarbeiterin des Amtes. Es bestehe der „Verdacht des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz durch Unterlassen“. Ob es sich bei dieser Frau um die Zeugin handelt, die das Gericht jetzt für den 1. November vorgeladen hat, ist unklar, liegt aber nahe.
Mit einem zweiten Antrag machte der Anwalt klar, in welche Richtung seine Verteidigungsstrategie gehen soll: Er will einen Tierfutterhändler als Zeugen hören, der bestätigt, dass der beschuldigte 59-jährige Polizist ihm von der Vergiftung seiner Pferde berichtet und deshalb spezielles Futter gekauft habe. Der Angeklagte selbst schweigt vor Gericht weiter.
Gift als Ursache?
Gift als Ursache für Unterernährung, Hufkrankheiten, struppiges Fell und schlechte Leberwerte - kann das sein? „Prinzipiell ja“, sagt Gutachter Schmitz. Die Vergiftung müsse sich aber über Wochen hingezogen haben. „Und was hätte da der Halter tun müssen?“, will Staatsanwalt Ebbing wissen. „Einen Tierarzt hinzuziehen“, entgegnet Schmitz. Das ist jedoch wohl nicht passiert. Für die schlechten Leberwerte - die bei gut und schlecht ernährten Pferden auf dem Danstedter Hof gleichermaßen beobachtet wurden - könnten aber auch giftige Pilze auf dem Misthaufen, verdorbenes Wasser oder schimmeliges Futter verantwortlich sein, sagt Schmitz. Er habe einen ganzen Haufen verschimmelten Heus auf dem Hof entdeckt.
Während vor Gericht verhandelt wird, tobt im Hintergrund ein Kampf innerhalb der Araberszene. Es geht dabei unter anderem um drei Pferde, die der Danstedter gekauft, aber nicht bezahlt haben soll. Deren Besitzer soll sich erfolglos darum bemüht haben, die Tiere zurückzubekommen, frustriert aufgegeben und sie verschenkt haben. Der angebliche neue Eigentümer will am 30. November - also kurz nach der Pferderettungsaktion - Anzeige bei der Polizei in Wernigerode „wegen Vergehen gegen das Tierschutzgesetz und Strafvereitelung im Amt sowie wegen aller sonst in Frage kommender Delikte gegen alle verantwortlich handelnden Personen im Veterinäramt des Landkreises Harz“ gestellt haben. Das zumindest soll eine entsprechende E-Mail beweisen, die der MZ-Redaktion vorliegt.
Das Amtsgericht ist für die Verfolgung möglicher Verfehlungen der Veterinärbehörde nicht zuständig. Dafür beobachtet aber die Staatsanwaltschaft sehr genau, welche Erkenntnisse sich aus dem Verfahren für die eigenen Ermittlungen gegen das Amt ergeben.