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Schwarzpulver und Bleikugeln

Von Detlef Anders 07.05.2006, 16:32

Gernrode/MZ. - Mit dem Ladestock wird das ganze nach unten gedrückt. Erst dann kann auf das Schloss ein Piston, eine Art Zündplätzchen, gelegt werden, das beim Ziehen des Abzuges den entscheidenden Funken gibt und das Schwarzpulver im Lauf zündet. Hans Engelhardt schießt seit vielen Jahren mit den originalgetreuen Nachbildungen von Percussionswaffen aus der Zeit um 1850. Ein Hobby, bei dem man ganz schön Tüfteln muss, um beispielsweise die optimale Schießpulvermenge zu bestimmen. "Patronierte Munition kann jeder verschießen", findet Thomas Poost, der Vorsitzende des Harzschützenbundes Gernrode.

Der Gernröder Verein war am Sonnabend Ausrichter der Kreisbestenermittlung des Kreisschützenbundes. "Kreismeisterschaft dürfen wir es nicht nennen, weil wir aufgelegt schießen", erklärte Schießleiter Bernd Steinecke, der Referent Schwarzpulver im Kreisschützenbund ist. "Wir haben viele betagte Leute", erklärte Steinecke die nachlassende Kraft und die Hoffnung, durch aufgelegtes Schießen mehr Schützen zur Teilnahme animieren zu können. "Wenn man eine halbe Minute zielt, wird das Teil immer schwerer." Bis zu 40 Minuten dauert das Abgeben der 15 Schüsse.

Der Harzgeröder Nane Jürgensen hatte auch seine Steinschlosspistole im Gepäck, die er zum 65. Geburtstag vor einem Jahr bekommen hatte. Aber für einen Wettkampf mit den traditionellen Duellpistolen aus Napoleons Zeiten gibt es zu wenig Schützen, erklärte Thomas Poost die Beschränkung auf Percussionswaffen. Außerdem sei das Schießen mit Feuerstein und Zündkraut, bei einer Sekunde Schussverzögerung und hohen Preisen für die Waffen, nicht jedermanns Sache.

Die Gernröder Harzschützen sind stolz auf ihre Tradition. Sie verweisen auf die langjährige Produktion von Gewehren in der Stadt. Bis 1901 gab es die Morgenrothsche Gewehrfabrik. Eine Waffe aus Gernrode hängt sogar im Louvre.

Mit der Pistole traten sieben Schützen an, zum Schießen mit den Langwaffen kamen 17 Schützen der Schützenvereine Thale, Hausneindorf, Siptenfelde, Etgersleben, vom Schießzentrum Ballenstedt und Gernrode in das Hagental. Bester Schütze wurde Detlef Freund aus Etgersleben, der schon mehrfacher Landesmeister war. 138 Ringe hatte auch Bernd Steinecke, doch er wurde nur Zweiter, weil er eine Neun weniger hatte als Freund. Der dritte Platz ging an Axel Knauer (135, SG Thale). Bei den Pistolenschützen gewann Wolfgang Seidel (111, SG Thale) vor Hans Engelhardt (104, Gernrode) und Henning Voß (92, SV Hausneindorf).

Nach dem Schießen war dann fast eine Stunde Waffenreinigen nötig. "Das hat mich jahrelang davon abgehalten, aber das Schießen macht einfach Spaß", meinte der für Thale startende Wernigeröder Wolfgang Seidel, der 1994 durch einen Freund zum Schwarzpulverschießen kam. Die Anhänger des traditionellen Schießens werden übrigens im Gegensatz zu vielen anderen schießsportlichen Disziplinen immer stärker.