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Nummer gegen Kummer führt nach Halberstadt Nummer gegen Kummer führt nach Halberstadt: Beratungsbedarf am Telefon ist hoch

Von Andreas Bürkner 14.10.2014, 09:21
Elke Dohrmann berät nicht nur Kinder und Jugendliche am Telefon, sie gibt auch den Eltern hilfreiche Tipps bei ihren Sorgen.
Elke Dohrmann berät nicht nur Kinder und Jugendliche am Telefon, sie gibt auch den Eltern hilfreiche Tipps bei ihren Sorgen. Chris Wohlfeld Lizenz

Quedlinburg/Halberstadt - Das Telefon klingelt, Elke Dohrmann nimmt den Hörer ans Ohr und meldet sich als Mitarbeiterin des „Elterntelefons“. Nach kurzer Pause vernimmt sie ein Knacken in der Leitung, dann herrscht wieder Stille. „Nicht alle Anrufer sprechen auch mit uns“, erklärt die Koordinatorin des Beratungs-Telefons in Trägerschaft des Arbeiterwohlfahrt-Kreisverbands Harz. Die Gründe sind vielfältig, über einige kann sie nur spekulieren. „Manchmal wird nur getestet, ob diese Nummer wirklich funktioniert und sich jemand am anderen Ende meldet.“

Themen sind vielschichtig

Viel häufiger gebe es aber speziellen Beratungsbedarf zu verschiedenen Themen. „Vor allem während des Krippenalters und in der Pubertät wenden sich viele Mütter mit ihren Fragen an eine unserer rund 35 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen“, hat Elke Dohrmann beobachtet. „Väter melden sich vor allem, wenn sie beispielsweise kein Sorgerecht für ihre Trennungskinder haben, aber an der Entwicklung und Erziehung teilhaben möchten.“

Bevor sie erstmals einen Anruf entgegennehmen dürfen, werden Einsteiger professionell auf ihre Aufgabe vorbereitet. „In etwa 90 Ausbildungsstunden, die abends oder samstags stattfinden, werden die Grundlagen von Fachleuten vermittelt“, erklärt Elke Dohrmann.

Gesprächsführung, Psychologie, Gewalt, Sucht, Medien oder Sexualität sind nur einige der Themenbereiche. Im Oktober sollen wieder Neulinge für die Tätigkeit qualifiziert werden.

Nach individueller Planung nehmen die Telefonberater dann etwa acht bis zehn Stunden pro Monat die Anrufe entgegen.Interessenten an der Telefonberatung melden sich bis 15. Oktober bei Elke Dohrmann, Telefon 03941 - 69 67 18 oder per Mail an [email protected] (bü)

Wesentlich offener und öfters in der Leitung sind Kinder und Jugendliche. „Über 11 000 Anrufe waren es 2013“, rechnet Elke Dohrmann zusammen. Das Gros der Anrufer sei im pubertären Alter zwischen elf und 17 Jahren, sagt die Koordinatorin. „Daraus ergeben sich auch die vordergründigen Themen, wie Freundschaft, Schule, Liebe, Sexualität oder die unterschiedlichen Ansichten zwischen ihnen und den Eltern zu diesen Fragen.“

Das Kinder- und Jugendtelefon in Halberstadt ist eine Rarität, in Sachsen-Anhalt gibt es dieses Angebot nur dreimal. „Wir waren aber die ersten im Land und sind damit das älteste“, stellt Elke Dohrmann klar, die schon seit über zwanzig Jahren begeistert dabei ist.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was man als Berater mitbringen muss.

Damit sie diesen Service auf hohem Niveau und nach einheitlichen Qualitätsstandards auch weiterführen kann, ist sie ständig auf der Suche nach Freiwilligen. „Geeignet sind Frauen und Männer, die Interesse an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen haben und zuverlässig sind“, beschreibt sie die Grundvoraussetzungen.

„Etwa im Alter ab 20 Jahren kann man sich für die Telefonberatung qualifizieren“, sagt die engagierte Organisatorin und würde sich über weitere Kolleginnen und Kollegen freuen. Ende Oktober soll ein neuer Ausbildungskurs starten. „Wir sind ein sehr engagiertes Team“, findet Elke Dohrmann, das sich ständig weiterbilde, sich aber auch zu Beratungen oder Festen treffe. Deshalb gehöre neben dem Zuhören auch eine kräftige Portion Humor zu den Eigenschaften der Berater. Allerdings ist der Telefonkontakt aus Diskretionsgründen nur in den Räumen in Halberstadt möglich.

Einfach nur reden

„Ich habe Langeweile“, hören die Berater, die alle aus der Region stammen, immer wieder. Auch wenn sich die Dachorganisation den Namen „Nummer gegen Kummer“ gegeben hat, wehrt sich die Koordinatorin gegen einen Begriff wie „Sorgentelefon“. Oft sei es so, dass einfach Kontakt gesucht werde, weil ein Bedürfnis zum Reden bestehe, weil Eltern zu wenig Zeit oder Verständnis haben oder die Anrufer einfach neugierig sind. Auch deshalb informiert Elke Dohrmann Kinder und Eltern mit Flyern in Tagesstätten, Schulen oder verschiedenen öffentlichen Einrichtungen über das kostenfreie Angebot. „Die finanziellen Möglichkeiten sind leider sehr begrenzt“, sagt sie und träumt insgeheim sogar von größerem: „Unsere Hotline wäre natürlich ideal für die Fernsehwerbung.“

Das Kinder- und Jugendtelefon ist in Deutschland kostenlos übers Festnetz und Handy unter 0800 -111 0 333 oder 116 111 montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr erreichbar.

Am Elterntelefon kann unter 0800 -111 0 550 montags bis freitags zwischen 9 und 11 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 17 bis 19 Uhr angerufen werden. (mz)