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Landkreis Harz Landkreis Harz: Teufelswerk als Goldgrube

Von STEPHAN NEEF 27.08.2010, 13:16

THALE/MZ. - Der Teufel ist überall zu Hause. Wer wüsste das nicht. Trotzdem hat die Stadt Thale den Beelzebuben zu ihrer Galionsfigur gemacht, ihn sozusagen vereinnahmt. Obwohl mancher Nachbar weit mehr Teufelswerk zu bieten hat. Zum Beispiel Blankenburg: Liegt doch die Blütenstadt seit fast 900 Jahren am Fuße der berühmten Teufelsmauer, während Thale erst im Januar 2009 zu einem teuflischen Mauerstück kam. Doch bei der Vermarktung Blankenburgs spielten Luzifer und seine legendäre Sandsteinwand bisher keine Rolle. Das soll sich nun ändern.

Fünf Blankenburger Heimatfreunde zeigen bis zum 26. September in der Galerie-Kapelle des Thalenser Hüttenmuseums, wie sie "ihre" Mauer als lohnendes Wanderziel noch bekannter machen wollen - für Touristen, aber auch für heimische Naturfreunde. Das Quintett gehört zu einer elfköpfigen Arbeitsgruppe, die ihre Forschungsergebnisse sowie Pläne bereits im Blankenburger "Kleinen Schloss" vorgestellt hatte und damit offenbar nicht nur den Nerv der Einheimischen traf. Auch der Thalenser Harzklub-Aktivist und Mythenweg-"Erfinder" Dr. Harald Watzek war begeistert. Thales Museumsleiterin Ute Tichatschke hatte ihn als Späher in die Spur geschickt, um zu prüfen, ob die Schau auch für die Bodestadt interessant sein könnte. Watzeks Urteil: "Eine ganz tolle Ausstellung". Denn selbst Wanderer, die schon mehrfach die Mauer zwischen der Timmenröder Kucksburg und dem Blankenburger Großvaterfelsen überquert haben, werden staunen.

Was Männer wie Manfred Funk und Wolfgang Enkelmann herausgefunden, gesammelt, vermessen sowie dokumentiert haben, war in dieser Detailfülle und Geschlossenheit bisher nirgendwo zu finden. Das Duo, das sich vor drei Jahren bei separaten Erkundungsgängen zufällig auf den Mauerklippen traf, sei schon bald in "Goldgräber-Stimmung" geraten, erinnert sich Enkelmann. Beide wollten fortan die alten, oft vergessenen Namen zahlreicher Klippen wiederfinden, Besonderheiten zusammentragen, Geschichten aufspüren. Das sei "zu einem gewissen Fieber geworden", das auch andere Blankenburger ansteckte. "Wir haben Glück gehabt und die richtigen Leute gefunden", gestehen die beiden, die inzwischen Freunde geworden sind. Und einen Postkarten-Sammler, Hobby-Archivare oder Heimatmaler wie Oswald Wengeroth und Ingrid Tomaszewski. Wengeroths Teufelchen, das Maskottchen der Schau und des geplanten Teufelsmauerführers, ist schlanker und sportlicher als Thalix, sein Thalenser Pendant. Der kleine Mephisto hat sich auf Fotos, Karten und Texttafeln als verbindendes Element eingenistet, tanzend, springend oder kletternd, dann wieder Steine werfend, rutschend oder badend. Je nach Ortslage. Denn er kennt sie alle - die "Reißverschlussklippe" oder die "Breite Wand", den "Ritt" und den "Broesel", den Cäsar- und den Schweinekopffelsen, die Zwergenhöhle oder die steinerne "Badewanne". Ob ihn der Ludwigsfelsen auch an den Kopf des Bourbonen-Königs Ludwig XVIII. erinnert, der von 1796 bis 1798 nach Blankenburg emigrierte?

Dass im Dunstkreis des Fuchsfelsens nicht nur Rotfüchse anzutreffen sind, sondern vor allem der Geist des Timmenröder Ex-Lehrers Fuchs, der sich hier in den Tod stürzte, dürfte er wissen. Schließlich kam Magister Fuchs als Selbstmörder in die Hölle. Der "Fuchsbau" im Talkessel des "Sautroges", dem Endpunkt des nach dem Blankenburger Bürgermeister Karl Löbbecke (1809 - 1869) benannten Kammweges, ist jedoch das Werk von ABM-Kräften, die es überraschenderweise auch schon vor fast 80 Jahren gab. Der künstliche Anlaufpunkt für Wanderer entstand 1934. Andere Teufelsmauer-Orte wurden als Erinnerungsstätten wiederentdeckt: Das rätselhafte Elmenthaler-Steinkreuz aus dem Jahre 1916 erinnert an den gleichnamigen Hornisten der Schlosskaserne, der wenige Monate später in den Ardennen fiel. Und der unweit der Siegfried-Grotte eingemeißelte Name Charles Picard an einen französischen Austauschschüler, der hier 1908 tödlich verunglückte. Bereits in diesen Tagen wollen die Heimatforscher auf die von ihnen wiedergefundenen Namen, Daten sowie Hintergründe auch an den jeweiligen Original-Orten hinweisen, die künftig mit Hilfe des gedruckten Teufelsmauer-Wanderführers leichter anzusteuern sind.

Die Thalenser Ausstellung, die auch vom Förderverein Teufelsmauer Weddersleben gezeigt werden soll, wird komplettiert durch themenbezogene Aquarelle, Acryl-Bilder und Collagen von Ingrid Tomaczewski. Der Fledermaus-Experte Horst Baczynski dokumentiert schließlich die vielfältige Tierwelt des Teufelsmauer-Areals, das einst zum Hofjagdrevier des Blankenburger Welfenhauses gehörte.

Das Museum ist täglich außer montags von 9 bis 17 Uhr geöffnet, an den Wochenenden erst ab 10 Uhr.