Karl-Heinz Peters durfte von oben blicken
QUEDLINBURG/MZ. - Sind es die waghalsigen Manöver am Himmel, die schmucken Nachbauten von echten Königen der Lüfte oder eher die Ehrfurcht vor der geduldigen Bastelei in Kellern und Garagen? So ganz wird das Phänomen wohl nicht zu lösen sein, wenn sich zu den Flugtagen des Modellfliegerklubs (MFK) Ostharz der Platz füllt. Zumindest für die Kinder sind besonders die kleinen Fallschirmspringer oder das mehrmals aufsteigende Bonbonflugzeug ein gewichtiger Grund.
"Schon seit 20 Jahren besteht unser Verein inzwischen", betonte der Vereinsvorsitzende Andreas Kölbel am Rande, "knapp 50 Mitglieder engagieren sich, was zugleich auf die Unterstützung von Sponsoren und weiterer Helfer zutrifft". Auch wenn es bereits die 13. Auflage der traditionellen Flugtage im Juni war, wussten dies bestenfalls die Mitglieder, kaum aber die Besucher. "Wir sind bei dieser Zahl doch etwas abergläubisch", verriet der neue Vereinschef, der erst im Januar diesen Jahres das Amt übernommen hatte. Doch egal, die wievielte Aktion es war, das Interesse daran ist und bleibt in ganz Deutschland ungebrochen, wie die vielen Wohnwagen am Rande des Platzes bewiesen.
An zwei Tagen stiegen weit über sechzig verschiedene Fluggeräte, von originalgetreuen Nachbauten der Zivil- oder Militärmaschinen, wie dem Eurofighter, Hubschrauber oder Segler bis hin zu Fluggeräten Marke Eigenbau in den wolkenverhangenen Himmel. Bei einem der letzteren durfte Kölbel mit Unterstützung von Peter Bernhauser die Hebel bedienen, um die Eigenkonstruktion des Erbauers Karl-Heinz Peters im langsamen Flug über den Platz zu steuern. "Sie hat gleich zwei Motoren", schien Peters selbst drei Jahre nach der Fertigstellung noch immer stolz auf seine Meisterleistung. Zwei 38 Kubikzentimeter starke Maschinen treiben die fast 25 Kilogramm schwere Maschine an, die er allerdings wie einige andere Modelle aus seiner Werkstatt auch wegen seines fortgeschrittenen Alters nicht mehr selbst fliegen will.
"Die Motoren haben etwa die gleiche Kraft", zog Sprecher Roland Platzke aus Rathenow (Brandenburg) einen Vergleich, "die in einem Moped steckt". Er versorgte die Gäste mit Fachkommentaren und Informationen zum Geschehen auf dem Platz, während sich die Modellspezialisten das wiederholte Schützen ihrer wertvollen Modelle mit Planen als zusätzliche Aufgabe auferlegt hatten. "Vier Jahre habe ich daran gebastelt, ohne eine einzige Vorlage, ich habe nur mal von diesem, mal von jenem Modell etwas abgeschaut", erinnerte sich der Senior an immer neue Ideen bei der Verwirklichung seines Traumes von einem zweimotorigen Propellerflugzeug.
Die Vereinskollegen wussten jedenfalls, wie sie ihrem verdienten Kollegen danken konnten ... und schickten ihn einfach in die Luft. "Wir haben in Ballenstedt einen Rundflug gebucht", erklärten sie dem völlig überraschten Peters, der damit das Geschehen auf dem Platz erstmals aus der Vogelperspektive erleben durfte. Doch Interessantes war nicht auf dem Flugfeld, sondern auch am Rande zu erleben, wenn der Fliegernachwuchs das Steuern eines Helikopters am Simulator übte. In der Luft lief es beim zehnjährigen Florian noch ganz gut, doch gab es im wahrsten Sinne des Wortes immer wieder Bruchlandungen. Ein Glück, dass sich der Hubschrauber binnen Sekunden selbst reparierte. "Im echten Leben kostet es nicht nur viel mehr Zeit, sondern auch richtig Geld", kennt Vereinsmitglied Henry Obstoj das Problem aus eigener Erfahrung.
Ein zusätzlicher Anziehungspunkt neben den Flugmodellen waren echte Mopeds, Motorräder und -roller auf dem Platz, Raritäten aus längst vergangenen DDR-Zeiten. "Wir sammeln in unserer Freizeit solche Maschinen aus dieser Periode", erklärte Peter Horst, neben Rolf Müller und Paul Mieth einer der drei Privatsammler, welche die Ausstellung zusammengestellt hatten. Neben alten Maschinen der Typen AWO, RT, SR 2, Spatz oder Wiesel und Berliner Roller war auch eine etwas modernere Polizei-ETZ zu bestaunen, welche Mieth sogar in kompletter Volkspolizei-Uniform eingekleidet, in Bewegung setzte.