Soziales Helfer im Notfallseelsorgeteam Quedlinburg brauchen Unterstützung
Derzeit acht Frauen und Männer leisten „erste Hilfe für die Seele“. Warum sie jetzt zu einem Informationsabend einladen.

Quedlinburg/MZ - Als in der Nacht zum 30. Oktober vergangenen Jahres eine Lagerhalle im Augustinern in Quedlinburg in Flammen steht, ein Feuerwehrmann bei den Löscharbeiten schwer und zwei weitere leicht verletzt werden, wird das Quedlinburger Notfallseelsorge-Team angefordert. „Wir sind für die Kameraden des verunglückten Feuerwehrmannes gerufen worden“, erinnert sich Susanne Stephan, die damals gemeinsam mit Ute Saynisch im Einsatz war. Im Gerätehaus der Quedlinburger Feuerwehr sei ein Gruppengespräch geführt worden über das Erlebte, die Eindrücke, die die Einsatzkräfte hatten. „Es ist wichtig, darüber zu sprechen - und auch Perspektiven aufzuzeigen, wie sich das anfühlen wird in der nächsten Zeit“, sagt Susanne Stephan. Und manchmal sei es auch wichtig, etwas zu relativieren, ergänzt Ute Saynisch. Etwa wenn die Gedanken darum kreisten, was vielleicht gewesen wäre, wenn ...
Durch Corona geschwächt
In jener Nacht waren die beiden Frauen vom Quedlinburger Notfallseelsorgeteam gemeinsam mit zwei Mitgliedern des Halberstädter Teams im Einsatz. „Da wir in Quedlinburg nicht so viele sind und es absehbar war, dass viele Menschen zu betreuen sind, haben wir auf das andere Team zurückgreifen müssen“, erklärt Susanne Stephan. Denn aktuell zählt die Quedlinburger Gruppe, die im vergangenen Jahr rund 50 Mal im Altkreis Quedlinburg und die Stadt Falkenstein/Harz zum Einsatz kam, acht Frauen und Männer im Alter von Mitte 40 bis Mitte 60.
Vor gut zweieinhalb Jahren engagierten sich hier noch doppelt so viele Frauen und Männer. „Corona hat uns deutlich geschwächt“, sagt Ute Saynisch. Viele der Ehrenamtlichen seien beruflich im medizinischen Bereich oder in der Pflege tätig. Da gebe es nicht nur die Sorge, sich womöglich bei einem Einsatz zu infizieren. „Vielen fehlt auch einfach für die Notfallseelsorge die Zeit. Sie sind so schon am Limit“, ergänzt Susanne Stephan.
Das Notfallseelsorgeteam möchte gern wieder wachsen, braucht Unterstützung. Deshalb wird am kommenden Donnerstag, 17. Februar, 18 Uhr, zu einem Informationsabend in das Evangelische Gemeindehaus, Carl-Ritter-Straße 16 in Quedlinburg, eingeladen. Dort wollen die Ehrenamtlichen ihre Arbeit vorstellen - und neue aktive Mitstreiter finden. „Dafür wollen wir erklären, was wir machen, zu welchen Einsätzen wir gerufen, wann wir gebracht werden“, sagt Susanne Stephan, die zu den Leitern des Teams gehört und sich inzwischen seit zehn Jahren als Notfallseelsorgerin engagiert.
Die Notfallseelsorger arbeiten unter dem Dach des Diakonischen Werkes im Evangelischen Kirchenkreis Halberstadt. Angefordert werden sie über die Einsatzleitstelle, wenn Rettungskräfte oder Polizei das als notwendig erachten.
Bei Extremsituationen
Sie werden beispielsweise gerufen, wenn nach Unfällen Beistand für Angehörige oder Beteiligte gebraucht wird, wenn es um Extremsituationen wie einen Tod im häuslichen Bereich oder den Tod eines Kindes geht. Oder um Opfer von Gewalttätigkeiten oder Familientragödien. Hinzugezogen werden sie auch für die Einsatznachsorge für Feuerwehr und Rettungskräfte oder wenn die Polizei beim Überbringen einer Todesnachricht zu begleiten ist, erklären Susanne Stephan und Ute Saynisch.
Die beiden Frauen wissen, wie hilfreich es sein kann, wenn in einer Situation, in der das Leben plötzlich aus den Fugen gerät, jemand da ist, der zuhört, unterstützt, Zuwendung, aber auch konkrete Hilfe anbietet. In einer akuten Situation, „wo Menschen fassungslos sind, nicht reagieren können, nicht wissen, was sie machen sollen“, erklärt Ute Saynisch. „Dann ist es gut, wenn jemand da ist, mit dem sie sprechen können, der ihnen ihre Fragen beantworten kann, wie es weiter geht. Oder der sie einfach in den Arm nimmt“, beschreibt Ute Saynisch, die seit fünf Jahren im Team mitarbeitet, die „erste Hilfe für die Seele“.
Spezielle Ausbildung
Diese bei Einsätzen leisten zu können, dafür werden die künftigen Notfallseelsorger in einem Lehrgang speziell ausgebildet und geschult. Der nächste Lehrgang beginnt Anfang März, ein darauffolgender im Mai. Im Notfallseelsorgeteam mitarbeiten kann jeder, der mindestens 25 Jahre alt ist, ein stabiles persönliches Umfeld hat, gut vernetzt ist und im vergangenen Jahr kein traumatisches Erlebnis hatte, sagt Susanne Stephan. Und wichtig sei auch, „im Hintergrund jemanden zu haben, der einen auffängt, wenn man selbst einen schweren Einsatz hatte“. In der Ausbildung bekämen die künftigen Ehrenamtlichen ein gutes Handwerkszeug mitgegeben, das sie auf das vorbereite, was bei Einsätzen auf sie zukommen könnte, so Susanne Stephan. Wie Ute Saynisch ergänzt, werden die Ehrenamtlichen auch nach der Ausbildung nicht allein gelassen: „Wir machen immer wieder Schulungen und Weiterbildungen.“
Wer am Informationsabend nicht teilnehmen kann, aber Interesse an einer Mitarbeit im Notfallseelsorgeteam hat, kann auch einen Termin vereinbaren. Der Kontakt zum Team ist unter der Telefonnummer 0175/51 89 288 möglich.