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Großbäckerei in Quedlinburg Großbäckerei in Quedlinburg: Nur im Tiefkühlraum ist es richtig frisch

Von Andreas Bürkner 26.07.2013, 13:50
Flink räumt Sylvia Werner Brote in den Transporter.
Flink räumt Sylvia Werner Brote in den Transporter. MZ Lizenz

Quedlinburg/MZ - Wärmefestigkeit gehört zwar nicht zu den Einstellungs-Voraussetzungen, doch wer in einer Bäckerei arbeiten will, muss höhere Temperaturen aushalten. Die Hitze am Ofen der Großbäckerei im Quedlinburger Gewerbegebiet „Groß Orden“ scheint für Außenstehende fast unerträglich, wenn Ronny Löffler Bleche mit Kuchen, Brot oder Brötchen in die Backröhre schiebt. Der Schritt durch die Tür nach draußen gleicht trotz sommerlicher Schwüle angesichts der Temperaturen in der Produktionshalle ohne Klimaanlage fast einer Wohltat.

Je nach Backdauer holt Löffler danach alles wieder aus dem Ofen. „Kuchen dauert etwa eine dreiviertel Stunde, bei Brot schwanken die Zeiten mehr, je nach Mischung“, erklärt er Feinheiten. Seine Ausbildung, allerdings zum Konditor, hat er in München absolviert, „weil ich von dort am schnellsten eine Zusage nach meiner Bewerbung erhielt.“ Längst ist der Neinstedter zurück in der alten Heimat.

Nils Franke hat bereits im Unternehmen gelernt und ist nach der Lehre übernommen worden. Noch sind ihm deshalb nicht alle Rezepte geläufig, doch ein Blatt reicht, um ohne zu kosten die richtige Mischung hinzubekommen. Auch Kuchen steht in den Pausen nicht auf dem Tisch. „Viel lieber wäre mir ein Hackepeter-Brötchen“, sagt Karola Ulbert. Die anderen nicken zustimmend. „Das letzte Mal habe ich in der Lehre probiert“, kann sich Ronny Löffler noch erinnern. Seitdem verspüre er auch keine Lust aufs Naschen mehr.

Der Spaß an der Arbeit ist zu merken - durchaus typisch für einen Familienbetrieb. Selbst Betriebsleiter Sylvio Pollin ist sich nicht zu schade, während der Urlaubszeit die Lücken in der Produktion zu schließen. „Er hatte gerade Nachtschicht und schläft jetzt“, verrät Laura Ahrendt. Sie absolviert in der Bäckerei ihre Ausbildung zur Bürokauffrau. „Eigentlich bin ich von klein auf in der Bäckerei groß geworden“, blickt die Tochter der Firmenchefin Kathrin Ahrendt zurück.

Etwas angenehmer als die Arbeit am Ofen gestaltet sich für Karola Ulbert, das Verfeinern der Kuchenböden mit Pudding, Sahne, Creme oder Gelantine sowie verschiedenen Früchten zu leckeren Windbeuteln oder Himbeer- und Rotkäppchen-Schnitten. Im Kühlraum, wo sie die fast fertigen Kuchen hinbringt, herrschen zwischen fünf und acht Grad Temperatur - eine erfrischende, aber nur kurze Unterbrechung der Arbeit. „Am angenehmsten bei diesen hohen Temperaturen ist es im Tiefkühllager“, verrät sie. Bei tiefen Minusgraden könne man es allerdings nicht lange aushalten.

Knapp 60 Mitarbeiter, der größte Teil davon in der Bäckerei oder unterwegs zum Ausliefern, sorgen jeden Tag für 800 bis 1 000 Brote in knapp 30 verschiedenen Mischungen und rund 25 000 Brötchen mehrerer Sorten. Die Kuchenmenge gehe im Sommer zurück auf etwa 2 000 Stück täglich, weiß Bürokaufmann Mathias Hulsch, der dem Beruf des Bäckers sogar etwas Gutes abgewinnen kann. „Im Sommer erweist sich die Nachttätigkeit als Vorteil, ist es doch nicht so heiß.“ Im Winter würden mehr Kuchen und Desserts verzehrt, wie die fruchtigen Stücke genannt werden.

„Wer möchte, bekommt das Brot auf Wunsch auch in Scheiben“, erläutert Manuela Leest, die in der Schneidemaschine viele der Brote zerteilt. „Abnehmer dafür sind vor allem Seniorenwohnheime, Krankenhäuser und Hotels.“ Das erklärt, warum auch am Wochenende durchgehend gearbeitet wird. Selbst für die Reste findet sich noch eine nützliche Verwendung. Laura Ahrendt: „Sie werden im Sticken-Ofen getrocknet, um sie zu Semmelmehl zu verarbeiten.“

Frühzeitig, die ersten schon ab etwa 3 Uhr, starten die Fahrzeuge, um pünktlich bei den rund 170 Kunden zu sein, vorwiegend im Harzkreis, aber auch zwischen Osterwieck und Halle. Am schnellsten sind die Filialen in Quedlinburg erreicht, im Bahnhof, in der Bockstraße und im Neuen Weg. „Im Winter den Oberharz zu beliefern, kann aber bei Schnee schnell zum Problem werden“, berichtet Hulsch von ungeduldigen Empfängern. Eine Änderung sei nicht möglich. „Das würde unsere gesamten Abläufe durcheinander bringen.“ Also wird ebenso wie bei Hitze zu gleicher Zeit gebacken.