Kliniken im Harz Ärzte aus dem Ausland: Schwere Vorwürfe gegen Ameos-Klinikum Halberstadt und Harzklinikum Quedlinburg

Halberstadt - Die Vorwürfe haben es in sich: Klinik-Diagnosen ausländischer Ärzte könnten vom Hausarzt kaum gelesen werden. In einem anderen Fall habe ein ausländischer Arzt einen Patienten ohne genauere Untersuchung gleich am Folgetag operieren wollen.
Diese Beispiele stammen von Kreistagsmitglied Lars Kollmann (Bürgerfraktion/FDP) und sie sollen zeigen, dass sich medizinische Standards und Arbeitsbedingungen an den Harzer Kliniken wegen zu vieler Ärzte aus dem Ausland verschlechtert haben. Im Kreistag machte er seinem Ärger Luft.
Kollmann: Fachärzte in Halberstadt können „kaum Deutsch“
Besonders über die nach seiner Meinung unerträglichen Zustände im Ameos-Klinikum Halberstadt klagte der Abgeordnete: Dort seien überdurchschnittlich viele ausländische Fachärzte beschäftigt, die „kaum Deutsch können“. Deutsche Klinikstandards seien dort deshalb ausgehebelt.
Auch seien die Arbeitsbedingungen teilweise katastrophal, so dass viele Ärzte, Pfleger und Krankenschwestern „keine Liebe mehr zum Beruf“ hätten. Er verlangt von Landrat Martin Skiebe (CDU), der im Ameos-Klinikbeirat sitzt, mehr Einfluss auf das Klinikum auszuüben, um übliche Standards und bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Kollmann macht den Verkauf der Einrichtung 2004 - noch durch den Altkreis Halberstadt - an die Schweizer Klinik-Kette für den jetzigen Zustand verantwortlich.
Kollmann: ähnliche Probleme im Harzklinikum Quedlinburg
Auf Nachfrage der MZ erklärte Kollmann: Auch im Harzklinikum Quedlinburg, das sich allerdings in Trägerschaft des Landkreises Harz befindet, gebe es einen hohen ausländischen Ärzteanteil. Die Probleme seien dort ähnlich wie bei Ameos. Dazu komme Arbeitsdruck und fehlendes Personal.
Landrat Martin Skiebe wies darauf hin, dass er keinen Einfluss auf die Probleme im Ameos-Klinikum habe. Er sei zwar Mitglied im Klinikbeirat. Dieser sei aber kein Aufsichtsrat. Er gehe jedoch davon aus, dass bei Ameos der medizinische Versorgungsauftrag ordentlich erfüllt werde. Im nichtöffentlichen Teil des Kreistages, so erfuhr die MZ von verschiedenen Seiten, habe „es eine sehr emotionale Diskussion“ gegeben. Vertreter aller Fraktionen hätten sich empört über die Vorwürfe Kollmanns geäußert.
Sziborra-Seidlitz: Das ist populistischer Mist der Rechten
„Unfassbar, wie Kollmann den populistischen Mist der Rechten über das Ameos-Klinikum Halberstadt nachquatscht“, so Susan Sziborra-Seidlitz (Bündnisgrüne). Kollmann wies den Vorwurf zurück: „Das sind Erfahrungen, über die ich von Bekannten gehört oder die ich selbst gemacht habe. Man darf das doch ansprechen, ohne gleich in die rechte Ecke gestellt zu werden.“
Laut Sziborra-Seidlitz seien nicht die ausländischen Ärzte das Klinik-Problem: „Ich möchte die unerhörte Unterstellung zurückweisen, in irgendeinem Klinikum würde auch nur ein Arzt praktizieren, der sein Handwerk nicht versteht.“
Mangelnde Perspektiven und zu geringe Investitionen
Die am Harzklinikum arbeitende Krankenschwester freue sich täglich „über die professionelle und meist solidarische Zusammenarbeit mit den ärztlichen Kollegen aus aller Herren Länder“. Natürlich, so räumte sie ein, gebe es auch Mitarbeiter, die „ein Problem mit ausländischen Ärzten“ haben. Die aktuellen Schwierigkeiten haben nach ihrer Meinung aber mit schlechten Arbeitsbedingungen zu tun, mit mangelnden Perspektiven und zu geringen Investitionen.
Am Ameos-Klinikum in Halberstadt arbeiten derzeit gut 50 ausländische Ärzte. Rund zwei Drittel davon lebten seit langem in Deutschland und sprächen sehr gut Deutsch, erklärte Klinik-Sprecher Sebastian Hübner auf Anfrage der MZ. Eine Grundvoraussetzung, um bei Ameos arbeiten zu können, sei die erfolgreiche Absolvierung eines Deutschkurses.
50 ausländische Ärzte am Ameos-Klinikum in Halberstadt
Je nach Kenntnisstand, wird darüber hinaus auch die Teilnahme an fachspezifischen Deutschkursen erwartet, die in Kleingruppen erfolgen. Gegen die Kritik Kollmanns, dass medizinische Standards nicht eingehalten würden, verwahrt sich das Unternehmen. Es könnten aber Engpässe eintreten, wenn verstärkt die Ameos-Kliniken angefahren werden, weil sich andere Kliniken aus Kapazitätsgründen von der Rettungsleitstelle abgemeldete haben.
„Selbstverständlich verfügt das Harzklinikum auch über ausländische medizinische Fachkräfte. Und wir sind sehr froh darüber, dass beispielsweise eine Oberärztin in der Schlaganfall-Spezialstation und ein Oberarzt in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin langjährig und erfolgreich in unserem Krankenhaus tätig sind“, erklärte Tom Koch, der Sprecher des Harz-Klinikums. „Für uns ist es im Übrigen unerheblich, ob der Anteil ausländischer Ärzte in unserem Haus beispielsweise fünf, acht oder zehn Prozent beträgt.“
Keine Auskunft über Ausländer-Anteil in Quedlinburg
Vielmehr sei wichtig, dass diese Kollegen eine gute fachliche Arbeit leisteten und sich mit Patienten und Mitarbeitern verständigen könnten. Koch: „In Einzelfällen bieten wir diesen Ärzten Deutschkurse an.“ Als akademisches Lehrkrankenhaus der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität biete das Klinikum zudem auch dem ärztlichen Nachwuchs aus dem Ausland die Möglichkeit, von den Spezialisten im Harzklinikum zu lernen.
„Gewiss kann es in Einzelfällen dabei zu Verständigungsschwierigkeiten kommen“, räumte Koch ein. So etwas wäre jedoch auch vorstellbar, wenn der Arzt beispielsweise aus einer „fernen bayerischen Gebirgsregion oder der Oberlausitz“ in den Harz gekommen wäre. Wie hoch der Anteil ausländischer Ärzte am Harzklinikum ist, wollte Koch nicht sagen. (mz)