Amtsgericht Quedlinburg Amtsgericht Quedlinburg: Schläge im Hausflur

quedlinburg/MZ - „Wenn Sie jetzt erneut straffällig werden, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie ins Gefängnis wandern, ziemlich hoch“, gibt Richterin Antje Schlüter dem Angeklagten Rolf K. (Namen geändert) mit auf den Weg. Für sie steht fest, dass sich die Ereignisse in dem Mehrfamilienhaus genauso abgespielt haben, wie es die Zeugen schilderten: dass Rolf K. einem Nachbarn von hinten mit einer Holzlatte auf bzw. an den Kopf schlug, dass er diesen bedrohte und andere Nachbarn beleidigte. Das Amtsgericht Quedlinburg verurteilte Rolf K. wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung in zwei Fällen und Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Zudem muss Rolf K. 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.
Schwere Körperverletzung, Verletzungen durch Worte, die Drohung „Mach dich endlich aus dem Haus raus, sonst wirst du mit einem Messer im Rücken enden“ - während die Anklage die Vorwürfe nüchtern auflistete, schilderten die Zeugen aus ihrer Sicht die Geschehen teils sehr emotional.
Seit sie 2010 in das Haus einzog, hat Rolf K. sie nur beschimpft und beleidigt, erklärte Maria V. vor Gericht. Als sie im November vergangenen Jahres mit ihrem Enkel nach Hause gekommen sei, habe Rolf K. sie gleich wieder verbal angegriffen und ihr gedroht, sie zurück in ihren vorherigen Wohnort zu prügeln. Den Enkel habe sie später zu dessen Mutter bringen wollen. „Ich war verängstigt, weil ich mit dem Kind wieder an der Tür von Herrn K. vorbei musste“, schilderte sie. Daher habe sie sich an Rainer B. gewandt. Der habe dann gemeinsam mit ihr zu Rolf K. gehen und mit diesem reden wollen.
Doch dazu kam es nicht, wie Maria V. und Rainer B. übereinstimmend berichteten. Vielmehr habe Rolf K. gleich „losgebrüllt“, seine Beleidigungen fortgesetzt. „Es hatte keinen Sinn“, so Rainer B.. Daher habe er sich umgedreht - und dann plötzlich einen Schlag auf die rechte Seite des Kopfes bekommen und einen zweiten gegen die linke Kopf-Seite. „Er hat ihn mit einer Latte von hinten auf den Kopf geschlagen, mit voller Wucht“, erklärte Maria V. vor Gericht. Rainer B. habe sofort stark geblutet, ihr oben auf dem Treppenabsatz stehender Enkel habe geschrien. Sie sei die Treppe heraufgerannt, um die Polizei zu informieren, sagte Maria V.; den zweiten Schlag habe sie nicht gesehen.
Durch den ersten Schlag erlitt Rainer B. eine Platzwunde. Durch den zweiten habe er einen Hörverlust auf dem linken Ohr erlitten; er bekomme nun ein Hörgerät, schilderte Rainer B. dem Gericht. Nach den Schlägen sei er zwölf Tage im Krankenhaus und danach noch bis Februar krankgeschrieben gewesen.
Rolf K. räumt ein, Rainer B. mit der Holzlatte geschlagen zu haben. An jenem Tag habe er im Haus gehört, wie Maria V. und Rainer B. behauptet hätten, er würde die Luft von den Fahrrädern ablassen. Er habe sich solche Unterstellungen verbeten. Wenig später hätte es an der Wohnungstür geklingelt, er habe geöffnet. Rainer B. sei in den Wohnungsflur gestürmt, habe ihn am Kragen gepackt und bedroht. „Ich wollte ihn nur abwehren“, sagte Rolf K. Auf Nachfragen seines Verteidigers erklärte er, Rainer B. sei mehrmals auf ihn losgegangen. Er sprach dann auch von einem Schlüsselbund mit einem Schlüsselband, mit dem B. ihn habe schlagen wollen. Maria V. habe er nie beleidigt, weist Rolf K. diesen Vorwurf von sich. Die Beleidigung eines weiteren Nachbarn, den er als „Wichser“ beschimpfte, gab K. dagegen zu. Er hatte den Nachbarn im Hausflur nur gehört und gedacht, das sei Rainer B., begründete der Angeklagte.
Der Nachbarschaftsstreit um angebliches nächtliches Möbelrücken, angebliche Lärmbelästigungen, angebliche Manipulationen an Fahrrädern und mehr läuft schon seit eineinhalb Jahren. Monate, in denen es - wie in der Verhandlung deutlich wurde - Schreiben an die Hausverwaltung, ein für Rolf K. ausgesprochenes Hausverbot und eine Kündigung des Mietvertrages für die Wohnung, in welcher er Untermieter sein will, gab. Dennoch leben alle Beteiligten nach wie vor in dem Mehrfamilienhaus.
Sich um diese „prekäre“ Situation zu kümmern, ist Sache des Vermieters; das kann das Gericht nicht, machte Richterin Antje Schlüter in ihrer Urteilsbegründung deutlich. Die verhängte Freiheitsstrafe sei die erste für den Angeklagten. „Ich denke und ich hoffe, dass es dem Angeklagten Warnung genug sein wird, sich künftig straffrei zu benehmen“, so die Richterin, die sich dann noch einmal direkt an Rolf K. wandte und diesem versicherte: „Ich werde jetzt ein besonders wachsames Auge auf Sie haben.“