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Notstand Notstand: Italienischer Abfall nach Sachsen-Anhalt

30.04.2015, 10:22
Die Deponie Freyburg-Zeuchfeld ist nun geschlossen.
Die Deponie Freyburg-Zeuchfeld ist nun geschlossen. Archiv/Torsten Biel Lizenz

Halle/Freyburg - Es war einer der größten Müllskandale des wiedervereinigten Deutschlands. Mehr als 350000 Tonnen falsch deklarierter Abfall waren auf der inzwischen geschlossenen Deponie in Freyburg-Zeuchfeld illegal entsorgt worden. Einer der mutmaßlichen Hauptverantwortlichen muss sich ab heute vor dem Landgericht Halle verantworten. Dem 59-Jährigen werden der unerlaubte Umgang mit gefährlichen Abfällen, Bestechlichkeit sowie Steuerhinterziehung in sieben Fällen vorgeworfen. Insgesamt 14 Termine hat das Landgericht Halle angesetzt, um den fünf Jahre zurückliegenden Müllskandal im Burgenlandkreis juristisch weiter aufzuarbeiten.

Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Halle soll der Angeklagte, ein ehemaliger Vertriebsleiter einer Müllentsorgungsgesellschaft aus Westsachsen, die illegale Entsorgung von 100000 Tonnen italienischer Siedlungsabfälle mitorganisiert haben. Demnach hat der Mann zwischen 2007 und 2010 den Siedlungsmüll aus dem Großraum Neapel fälschlicherweise als abgelagerte Mineralien ausgegeben. Davon sollen mindestens 30000 Tonnen illegal in der Mülldeponie Freyburg-Zeuchfeld entsorgt worden sein. Die Anlage war dafür allerdings nicht ausgelegt und hatte auch keine entsprechende Genehmigung. Zudem wurden die Abfälle nur mechanisch aufbereitet. Notwendig wäre allerdings eine biologische Verarbeitung der Rückstände gewesen. Der organische Siedlungsabfall, der wegen des Müllnotstandes in Italien nach Sachsen-Anhalt geliefert worden war, soll daher eine massive Gefahr für die Umwelt und insbesondere das Grundwasser dargestellt haben. Die Staatsanwaltschaft geht weiterhin davon aus, dass der Angeklagte zudem über 100000 Euro an Bestechungsgeld von dem inzwischen verstorbenen Chef der Sortierungs- und Vermarktungsgesellschaft (SVG) aus Naundorf angenommen hat. Dieser hatte daraufhin den lukrativen Auftrag erhalten. Ein weiterer Vorwurf: Mit Hilfe von Scheinrechnungen soll der Angeklagte zwischen den Jahren 2005 und 2008 knapp 500000 Euro Steuern hinterzogen haben.

Der Angeklagte hat bisher sämtliche Vorwürfe bestritten. Im Falle einer Verurteilung in allen Punkten droht ihm eine Gesamtfreiheitsstrafe von insgesamt 15 Jahren. Die in der Anklageschrift enthaltene Liste der angeführten Beweismittel wie Zeugen und Unterlagen umfasst 35 Seiten.

Im Zuge des Müllskandals war im vergangenen Herbst gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Mülldeponie Freyburg-Zeuchfeld, Wolfgang B., Anklage erhoben worden. Er soll an der illegalen Entsorgung beteiligt gewesen sein. Laut Anklage habe er dafür 200000 Euro sowie eine Beteiligung von fünf Euro pro Tonne Abfall erhalten. Das Verfahren war gegen eine Zahlung von 120000 Euro eingestellt worden. Im Juli hatte das Landgericht Halle einen früheren Spediteur zu einer Haftstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Er hatte gestanden, dass er rund 70000 Tonnen Abfall illegal auf der Deponie abgeladen hatte.