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Mehr als nur ein Blumenmann

Von CONSTANZE MATTHES 09.04.2010, 18:10

NAUMBURG. - Zum Beispiel trifft das Wort Tausendsassa ebenso auf Wolfgang Krehahn zu. Nach einer Ausbildung zum Glaser wandert er nach einer anschließenden Umschulung zum Zimmermann in den 50er Jahren von Großbaustelle zu Großbaustelle - unter anderem im Dienste der Deutschen Reichsbahn Bauunion. Später tritt er an den Tresen, drückt zuvor in einer Handelsschule erneut die Schulbank, um daraufhin eine Gaststätte in Eschefeld nahe Geithain zu leiten. Wenige Jahre nach dem Tod des Großvaters wechselt Krehahn erneut das Feld, wandelte indes auf heimischen Spuren. Nach der Ausbildung an der Ingenieurschule für Gartenbau in Gera hat er seinen Meisterbrief in der Tasche und übernimmt 1977 schließlich den Familienbetrieb. "Nach Jahren des Auf und Ab des Unternehmens", wie Krehahn bemerkt, vor allem auf das Tief zurückblickt, als die Erben - "seine Tanten" - um die Firma stritten.

Nun hält Sohn Carsten die Fäden in der Hand. Doch noch immer hat sich an dem Sortiment wenig geändert. "Wir sind weiterhin ein Gemischtbetrieb und verkaufen an den Endverbraucher", erklärt der 41-Jährige. Neben Zierpflanzen für Beet und Balkon, Gemüsepflanzen wie Tomaten, Salat und Paprika werden zudem Bäume aus Baumschulen Mitteldeutschlands an den

GärtnerKunden gebracht. Schnittblumen habe man indes nicht mehr im Angebot - gerade jene Ware, die man in der Zeit der DDR in hoher Stückzahl verkauft habe.

"Uns laufen die Märkte den Rang ab", so Carsten Krehahn. Und sein Vater ergänzt: "Damals hat es nicht gelangt, was wir selbst produziert haben. Wir mussten zukaufen." Ob Schnittblumen wie Nelken oder veredelte Gurkenpflanzen.

Heute gehen im Jahr rund 100 000 Pflanzen an den Mann und die Frau, wird auf Wochenmärkten in Naumburg, Weißenfels und Teuchern die Ware feilgeboten oder direkt am Standort in der Weißenfelser Straße. Hier muss man allerdings klingeln, um seinen Einkauf zu beginnen. Das kleine Häuschen wird nicht mehr besetzt. Die Lage an der viel befahrenen Bundesstraße ist alles andere als günstig. Überhaupt habe sich in all den Jahren das Gelände rund um das 5 000 Quadratmeter große Areal der Krehahns gewandelt. So steht ein Baumarkt in Nachbarschaft, nehmen zwei Wohnhäuser das Licht, wie der 74-Jährige kritisch bemerkt, allerdings auch selbstbewusst behauptet mit Blick auf die Nähe zum Konkurrenten: "Wer nicht bei mir einkauft, kauft eben nicht bei mir ein." Zur heutigen Kundschaft zählen vor allem ältere Stammkunden. Manchmal gebe es auch einen Auftrag aus der Stadtverwaltung, wie Carsten Krehahn erklärt. Der Betrieb wäre zudem ohne den unermüdlichen Einsatz der ganzen Familie und der Unterstützung der Partnerfirmen nicht möglich. Daran, dass dieser eine hundertjährige Tradition birgt, möchte er gar nicht denken, gesteht er - zwischen Kästen mit blau-gelb blühenden Stiefmütterchen und Beweise der "Krankheit" seines Vaters.

Unter Planen versteckt sind mehrere Wartburgs und Trabis sowie ein dreirädriges Fahrzeug der Marke Tempo. So war Wolfgang Krehahn in der Vergangenheit öfters mit einer Rennpappe Gast auf Treffen im Inland- und Ausland. Seine Erinnerungen wird er vielleicht heute erzählen, wenn im Kreis der Familie das Betriebsjubiläum gefeiert wird. Oder sie sind nachzulesen in seinen Memoiren, die er schreiben will - natürlich ohne Stilblüten, vielmehr mit schillernd bunten Geschichten.