Dauerbeschallung in der Nacht Zuglärm in Merseburg: Deutsche Bahn erstellt Gutachten für Saalekreis - Schutzwände seien möglich

Merseburg - Wenn das Leben in Merseburg in den Abendstunden zur Ruhe kommt, ist es besonders laut. Das Rauschen, der durch die Domstadt fahrenden Züge dringt bis zum Neumarkt und noch weiter.
Es ist ein mehrere Sekunden anhaltender Dauerton, der plötzlich wieder der Stille weicht - bis sich wenig später schon der nächste Zug nähert. Unglaubliche 71.213 Züge passieren jedes Jahr das Zentrum Merseburgs. Acht pro Stunde also, die so manchem Anwohner, der relativ nah an der Bahntrasse wohnt, selbst die Nächte zur Hölle machen.
Bahn arbeitet an neuem Lärm-Gutachten für Merseburg
Denn nur 62 Prozent der Züge rollen am Tag durch die Stadt. Nun arbeitet die Bahn mit Hochdruck daran, ein neues Gutachten zu erstellen, aus dem mögliche Lärmschutzmaßnahmen abgeleitet werden können.
„Wir rechnen damit, dass das Gutachten im ersten, spätestens im zweiten Quartal kommenden Jahres vorliegt und der Öffentlichkeit vorgestellt werden kann“, sagte jetzt Hans-Georg Zimmermann, Sprecher für den Bereich Lärmschutz bei der Deutschen Bahn. Im Rahmen des freiwilligen Lärmsanierungsprogramms, das sich der Konzern auferlegt hat, könnten dann beispielsweise neue Schutzwände errichtet werden, um Lärm abzuhalten.
„Aber das ist ja nicht immer möglich“, räumte Zimmermann ein. „Nicht jeder Anwohner will plötzlich eine zwei bis drei Meter hohe Wand vor seinem Fenster.“ Obwohl diese bei richtigem Abstand zur Lärmquelle bis zu zehn Dezibel Ersparnis bringe, wie es heißt.
Bahnlärm im Saalekreis: Tausende Menschen betroffen
Im Blick habe die Bahn bei ihren Planungen im Übrigen nicht nur Merseburg, auch in Kötzschau/Rampitz und in Bad Dürrenberg laufen derzeit schalltechnische Untersuchungen, wie auf der Seite des Eisenbahnbundesamts zu lesen ist. Aus dieser geht auch hervor, dass allein in Merseburg nachts - aufgrund der dann niedrigeren Grenzwerte - mehr als 6.300 Menschen von Bahnlärm betroffen sind.
„Deutschlandweit sprechen wir von 1.800 Strecken, die als besonders laut gelten und in Bearbeitung stehen“, gibt Zimmermann zu Bedenken. Über einen Prioritätenschlüssel arbeite man Strecke für Strecke ab, um den Lärm zu senken. Zugleich verwies der Bahnsprecher auf die Gesetze. „Ab 2020 gilt ein Verbot für laute Güterwagen auf dem deutschen Schienennetz“, erklärt Zimmermann.
Für die Unternehmen bedeutet das gewaltige Arbeit. Laut Angaben seien in Deutschland 180.000 Güterwagen im Einsatz, ein Drittel davon gehört der Deutschen Bahn. „Auch aufgrund von Förderungen schaffen wir es, die komplette DB-Cargo-Flotte rechtzeitig umzurüsten“, zeigt sich Zimmermann entschlossen.
Tempodrosselung ist laut Deutscher Bahn nicht praktikabel
Könnten neben Lärmschutzwänden und der Modernisierung der Wagen nicht auch Tempodrosselungen in bewohnten Bereichen helfen, den Lärmpegel zu senken? Das sei nicht praktikabel, meint der Bahnsprecher. „Um daraus Effekte zu ziehen, müsste die Geschwindigkeit um mindestens 30 Stundenkilometer reduziert werden“, erklärte er.
Wenn die Züge aber so viel langsamer führen, dann hätte das auch erhebliche Einschränkungen bei den Transportkapazitäten zur Folge. „Wenn am Ende dann Güter auf die Straße verlagert werden, hat man auch nichts gewonnen“, meinte der Sprecher, der zudem die Umweltfreundlichkeit der Bahn herausstellte. „Unsere Aufgabe muss es vielmehr sein, den Bahnverkehr so hinzukriegen, dass es für die Anwohner erträglicher wird“, sagte Hans-Georg Zimmermann. (mz)