Weiße Hirschkuh in Merseburg Weiße Hirschkuh in Merseburg: Tier wird gejagt und getötet

Merseburg - Es war für die Umstehenden unfassbar, was sich am Freitagabend in der Nähe des Lidl-Einkaufsmarktes an der Straße des Friedens zugetragen hat. Gegen 18.05 Uhr stieß dort ein Auto mit AP-Kennzeichen mit einem Tier zusammen. Wie sich ganz schnell herausstellte, war es die weiße Hirschkuh, die seit einigen Monaten mit ihrem Kitz durch den Südpark und das Wohngebiet Merseburg-Süd streifte. Die Polizei war schnell vor Ort, und die Beamten informierten den zuständigen Jagdpächter.
Der kam auch, nahm sein Gewehr aus dem Wagen, obwohl er sich in einem Wohngebiet befand, entschied sich dann aber doch dafür, zum Messer zu greifen. „Wir ahnten, was er vorhat, und haben auf ihn eingeredet“, erzählt Zemina Kresse der MZ. „Wir haben ihn angefleht, das Tier nicht zu töten. Wir hatten schon mit der Tierklinik in Leipzig Kontakt aufgenommen und für die Tierarztkosten hätten wir gesammelt“, sagt die Merseburgerin.
Jäger schnitt der Hirschkuh vor den Augen vieler Umstehender die Kehle durch
Doch all das hat auf den Jäger offenbar überhaupt keinen Eindruck gemacht. Nach Schilderung von Zemina Kresse und ihrer Bekanten Franziska Bol griff er zum Messer und schnitt der Hirschkuh vor den Augen vieler Umstehender die Kehle durch. „Es war entsetzlich“, sagt Franziska Bol. „Wir hatten Tränen in den Augen. Und die ganzen Kinder erst, die das mit ansehen mussten.“ Franziska Bol hatte ihren elfjährigen Sohn dabei und Zemina Kresse ihre zehnjährige Tochter. „Die Kinder waren völlig geschockt und sind es immer noch. Meine Tochter ist nur noch am heulen“, so Kresse.
Als der Rettungswagen eintraf, der wegen der scheinbar verletzten Beifahrerin des Unfallwagens geholt worden war, habe es noch eine unschöne Szene gegeben. „Einer der Rettungssanitäter meinte: Oh - da liegt aber ein schönes Stück Fleisch.“
Merseburg: Tragisches Ende der Hirschkuh
Für Franziska Bol ist dieses tragische Ende der Hirschkuh besonders schlimm. „Ich war jeden Tag im Südpark und habe die beiden Tiere gefüttert.“ Sie hatte von der Rehkitznothilfe Wildfutter zur Verfügung gestellt bekommen. „Eigentlich war ja der Plan, dass die beiden Tiere aus Merseburg-Süd weggeholt werden. Jetzt ist es zu spät.“
Die Tiere gehörten quasi schon zum Wohngebiet, fast jeder kannte sie. „Sie waren so zutraulich, sie sind auch auf dm Lidl-Parkplatz herumgelaufen.“ Die beiden Frauen erheben nun schwere Vorwürfe: „Hätte der Jäger das Tier überhaupt so töten dürfen? Das war aus meiner Sicht Schächten, und das ist ja wohl in Deutschland verboten.“ Der Jäger habe das Tier im Anschluss von der Straße auf die Wiese geschleift damit das Blut dort nicht so sichtbar ist. „Und dann hat er es wie ein Stück Müll auf seinen Transporter geladen.“
Hirschkuh erleidet bei dem Unfall in Merseburg einen Beckenbruch
Auf Nachfrage bei der Kreisverwaltung, zu der auch die Untere Jagdbehörde gehört, erfuhr die MZ, dass die Hirschkuh bei dem Unfall einen Beckenbruch erlitten hatte. „So tragisch der Vorfall auch ist, aus weidmännischer und tierschutzrechtlicher Sicht war das Handeln des Jägers gerechtfertigt“, hieß es.
Franziska Bol glaubt mittlerweile auch zu wissen, warum die seltene weiße Hirschkuh am Freitagabend auf die Straße des Friedens gerannt war. „Zwei Frauen, die mit ihren Hunden im Südpark waren, hatten die Hirschkuh kurz vor dem Unfall dort gesehen. Sie haben mir erzählt, dass sie einen Mann mit einem Hund gesehen haben, der die Hirschkuh gejagt hat.“ Der Hund sei nicht angeleint gewesen. Zemina Kresse: „Und es besteht Leinenpflicht - auch im Südpark.“ Sie würden sich freuen, wenn sich die beiden Frauen melden würden, damit der Hundehalter zur Verantwortung gezogen werden kann.
Nach Tötung der Mutterkuh: Sorge der beiden Frauen aus Merseburg- Süd gilt nun auch dem Kitz
Die Hirschkuh sei normalerweise immer sehr vorsichtig gewesen, bevor sie die Straße überquerte, erzählt Bol. „Sie hat immer den Kopf gesenkt und gehorcht, ob Autos kommen. An diesem Abend ging einfach alles sehr schnell und das wurde ihr zum Verhängnis“, sagt Franziska Bol traurig.
Angeblich soll der Jäger das tote Tier bei der Fleischerei Post in Beuna abgeliefert haben. Karl-Heinz Post hatten die Tiere mal gehört. Allerdings lebten sie bereits seit Juni in freier Wildbahn. Die MZ fragte bei der Fleischerei nach. „Das Tier ist wirklich nicht zu uns gebracht worden. Herr Post war selbst ganz geschockt über die Nachricht vom Tod der Hirschkuh“, hieß es aus der Firma.
Die Sorge der beiden Frauen aus Merseburg- Süd gilt nun auch dem Kitz, dass sie gern retten würden. (mz)
