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Mehr Park als Ort der Trauer Was den Merseburger Zentralfriedhof besonders macht

Warum Jugendliche plötzlich mit ihren Eltern über den Tod sprechen.

Von Undine Freyberg 17.11.2021, 14:00
Der Merseburger Zentralfriedhof - die Anlage hat zu großen Teilen Ähnlichkeit mit einem Park.
Der Merseburger Zentralfriedhof - die Anlage hat zu großen Teilen Ähnlichkeit mit einem Park. Foto: Stadtverwaltung

Merseburg/MZ - Gerade ist wieder Hochzeit für Gestecke und Grablichter auf allen Friedhöfen. Gräber werden mit Tanne eingedeckt. Das soll sagen: Wir kümmern uns um Dich und decken Dich zu. Es ist ein tröstlicher Gedanke für viele, so doch nochmal Kontakt aufnehmen zu können zu dem oder zu denen, die da zu unseren Füßen liegen. Und das immer wieder - zum Geburtstag, zum Todestag, oder eben zum Totensonntag. Das unsichtbare Band bleibt, denn es gibt einen Ort, zu dem man gehen kann.

Merseburger Zentralfriedhof ist besonders

Die Zahl der Bestattungen auf den vier städtischen Merseburger Friedhöfen bleibe seit Jahren einigermaßen konstant, sagt Wolfgang Däne von der Friedhofsverwaltung die zum Grünflächenamt der Stadt Merseburg gehört. Pro Jahr sind es rund 300 Verstorbene, die in Kötzschen, Beuna, Meuschau oder auf dem Zentralfriedhof in Merseburg beigesetzt oder bestattet werden.

Das Wie hat sich allerdings über die Jahre verändert. Waren es vor Jahrzehnten noch häufig Erdbestattungen, geht der Trend heute zunehmend zum Urnengrab. Und waren vor Jahren noch steinerne Einfassungen modern, entscheiden sich immer mehr für eine Beisetzung auf einem Grabfeld mit besonderer Gestaltung.

Jeder Garten hat am Eingang einen Stein, der den Namen verrät.
Jeder Garten hat am Eingang einen Stein, der den Namen verrät.
Foto: U. Freyberg

Von den 25 Grabfeldern auf dem Zentralfriedhof sind es bisher sieben, die ein anderes Gesicht und einen besonderen Namen haben. In Kötzschen sind es zwei, in Beuna und Meuschau jeweils eins. So gibt es beispielsweise den Garten der Erinnerung, den Garten der Ruhe oder den Garten an der Eiche.

Metamorphose der kommunalen Friedhöfe vom traditionellen Trauerort zu einem Park

Der Garten der Ewigkeit ist beispielsweise von hohen Gräsern eingerahmt, die sich im Wind wiegen und das Ganze ziemlich idyllisch aussehen lassen. Seit vielen Jahren planen die Friedhofsmitarbeiter die Metamorphose der kommunalen Friedhöfe vom traditionellen Trauerort zu einem Park, in dem man sich nicht nur erinnern, sondern auch Kraft schöpfen kann. Zwischen 50 und 60 verschiedene Baumarten sind dort zu finden, und auch die Duftschneebälle, die von November bis Mai, also auch den ganzen Winter hindurch blühen, und im Frühjahr einen angenehm süßen Duft verströmen.

„Zu uns kommen mittlerweile viele Leute, die hier gar kein Grab haben, das sie besuchen“, erzählt er. „Und auch Schulklassen, die sich im Ethikunterricht mit dem Thema Tod beschäftigen.“ Sie kämen zum Teil gackernd am Friedhof an und gingen nach einer Weile sehr nachdenklich, manchmal sogar weinend. Und dann sei es sogar passiert, dass er Anrufe von Eltern bekommen habe. „Eine Mutter sagte: Was haben sie mit meiner Tochter gemacht. Sie hat plötzlich am Frühstückstisch mit uns gesprochen und gefragt, wie wir später mal bestattet werden möchten“, erzählt Däne und lacht. Auch so etwas macht eben ein Besuch auf einem Friedhof.

Gefahren bei Bestattungen: Urne kann Baumwurzeln beschädigen

„Wenn in Merseburg jemand verstirbt, der hier niemanden mehr hat, dann wollen er oder sie wegen der Grabpflege manchmal dort bestattet werden, wo die Kinder leben. Aber eigentlich möchten sie viel lieber in ihrer Heimat bleiben“, erklärt Däne. „Deshalb haben wir unsere ganz besonderen Gärten angelegt, in denen die Grabstätten auf einer Wiese lediglich einen Stein haben müssen. Die Pflege übernehmen wir.“

Wolfgang Däne ist ein vehementer Verfechter von Bestattungen in der Erde von Friedhöfen. Von Alternativen wie Friedwäldern, Kolumbarien, See- oder Weltall-Bestattungen hält er nichts. „Wenn eine Urne unter einem Baum bestattet wird, werden dadurch oft dessen Wurzeln und damit auch der Baum beschädigt. Und bei einer Bestattung in einem Regal - wie soll man denn da trauern? Und was passiert mit den Urnen und der Asche, wenn die Zeit der Totenruhe vorbei ist?“

In rund 40 Jahren könnte Friedhof ein Park sein

Übrigens würden Bestattungen auf Friedhöfen immer teurer, je mehr Leute sich für die Alternativen entscheiden. „Es hat also auch immer etwas mit Solidarität zu tun und.“ Da rund 25 Prozent der Einwohner von Merseburg älter als 65 Jahre seien, bedeute das aber auch, dass die Friedhöfe zumindest für die nächsten Jahre über eine gesicherte Daseinsgrundlage verfügten, sagt Däne. „In rund 40 Jahren könnte dieser Friedhof hier allerdings ein Park sein und vielleicht nur noch der evangelische Stadtfriedhof existieren. Man weiß es nicht.“

Däne und seine Kollegen sind aktuell für insgesamt 9,6 Hektar kommunaler Friedhofsflächen zuständig, 6,8 Hektar sind es allein auf dem Zentralfriedhof. Da gibt es aktuell 5.880 Grabstätten, in denen rund 11.400 Menschen bestattet sind. In Kötzschen sind es 977 Gräber, in Meuschau 136 und in Beuna 196.