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Trotz Branchensterben Warum die Videothek von Ines Fiedler aus Merseburg bis heute überlebt

Von Tina Schwarz 09.02.2017, 10:01
Die aus Leuna stammende Ines Fiedler  betreibt ihre Videothek in Merseburg seit 1992.
Die aus Leuna stammende Ines Fiedler  betreibt ihre Videothek in Merseburg seit 1992. Peter Wölk

Merseburg - Als Kind war es ein aufregendes Gefühl, mit den Eltern in die Videothek zu gehen. In den riesigen Regalen leuchteten die vielen bunten Cover der Filme. Wenn man Glück hatte, durfte man sich sogar einen aussuchen. Doch das ist schon viele, viele Jahre her. Das Zeitalter der Videotheken scheint vorbei und die Branche in Vergessenheit geraten zu sein. In Merseburg hat nur ein Laden den Wettstreit mit dem Internet überlebt.

Warum die Merseburger Videothek von Ines Fiedler trotz Internet-Konkurrenz bis heute überlebt hat

Streamingdienste wie Netflix und Co. machen den Videothekenbesitzern wie Ines Fiedler das Leben schwer. Ihre World-of-Video-Filiale in der König-Heinrich-Straße ist die letzte ihrer Art in Merseburg. Die verbliebenen Kunden kommen vor allem aus den älteren Generationen, erzählt die Leunaerin. „Aber auch jüngere Leute leihen sich noch einen Film aus. Denn nicht jeder kann sich zu Hause einen Internetanschluss leisten“, so Fiedler weiter. Warum machen aber so viele Videotheken dicht?

„Das Freizeitverhalten hat sich verändert. Man ist heute auf Facebook und Youtube unterwegs und leiht sich die Filme und Serien online aus. Das ist für viele einfach bequemer“, erzählt Fiedler. Doch es gibt auch Rückkehrer. „Ein paar Leute merken irgendwann, dass die Filme im Internet meistens teurer sind. Doch dass es überhaupt noch Videotheken gibt, ist in vielen Köpfen nicht mehr drin.“

Warum gerade ihr Laden als einziger in Merseburg überlebt habt, weiß Fiedler nicht. „Vielleicht liegt es daran, dass die Leute die Filme oder Spiele per Post zurückschicken oder außerhalb der Öffnungszeiten in eine Rückgabeklappe stecken können.“ Viele ihrer Kunden kommen aus dem ganzen Landkreis und freuen sich über den Service. In ihrem Sortiment hat Fiedler rund 15.000 Filme.

Mit einem Euro pro Streifen ist man für zwei Tage dabei. „Die Neuerscheinungen sind mit rund drei Euro natürlich etwas teurer. Doch die Leute vergessen immer, dass sie auch bei den Online-Videotheken meist nur alte Filme gratis bekommen“, sagt Fiedler. Für die neuesten Leinwandkracher muss auch dort extra gezahlt werden.

Ihre Videothek wurde 1992 gegründet und gehört zu einem Franchise-Unternehmen, das versucht, mit der Zeit zu gehen. Auf der Internetseite werden die aktuellen Filmcharts und Neuerscheinungen vorgestellt. Auch ein digitales Magazin gehört dazu. Neben Filmen gibt es auch knapp 1.000 Spiele für handelsübliche Konsolen, die je nach Bedarf mehrere Tage oder Wochen ausgeliehen werden können.

Alte Filmträger - neue Streifen

„Auch hier bieten wir immer das neueste an“, erzählt Fiedler. „Bevor man 50 oder 60 Euro im Laden ausgibt und das Spiel dann nicht gefällt, kann man das hier ausleihen und testen.“ Für ein Spiel bezahlt man pro Woche rund zehn Euro. Besonders gefragt sind außerdem Nischenprodukte und Filme, die es nicht in die Kinos geschafft haben und deswegen oftmals nicht in den Online-Videotheken angeboten werden.

„Der Trend geht weg von den Kinokrachern“, erzählt die Filmfachfrau, der wichtig ist, ihr Sortiment regelmäßig zu pflegen. „Wenn ein neuer Teil einer Reihe herauskommt, haben wir auch immer die anderen Filme da. Das schätzen unsere Kunden.“

Die Videotheken-Branche ist in den letzten Jahren dramatisch geschrumpft. Der Begriff Videothekensterben ist ein gängiger Begriff geworden und längst keine Übertreibung mehr. In der Blütezeit soll es bundesweit mal rund 8.000 Videotheken gegeben haben, 2008 waren es dann noch etwa 3.000. Diese Zahl hat sich inzwischen mehr als halbiert, 2015 sank sie auf knapp über 1.000.

(mz)