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Bombe bei Krumpa entdeckt Mit Video: Erfolgreiche „Schlammschlacht“ - 500 Kilo schwerer Blindgänger im Geiseltal gesprengt

Die von Kampfmittelräumern entdeckte Fliegerbombe wurde am Freitag bei Krumpa gesprengt. Die gesperrten Gebiete im Sprengradius wurden mittlerweile wieder freigegeben. Die Sprengmeister berichten, was diese Art von Blindgängern so gefährlich macht.

Von Robert Briest Aktualisiert: 12.07.2024, 17:48
Kurz nach 13.30 Uhr wurde die Bombe gesprengt.
Kurz nach 13.30 Uhr wurde die Bombe gesprengt. (Foto: Robert Briest)

Krumpa/MZ. - „Es war hier eine reine Schlammschlacht“, berichtet Udo Theilemann nach getaner Arbeit. Da scheint am Freitagmittag wieder die Sonne auf den Sprengmeister des sachsen-anhaltinischen Kampfmittelbeseitigungsdienstes und das Stoppelfeld zu seinen Füßen. In den Stunden zuvor, als er und seine Kollegen die Sprengung einer 500 Kilo schweren Fliegerbombe südlich von Krumpa vorbereiteten, sah das anders aus. Gewitter und heftige Regenschauer entluden sich über dem Geiseltal und ergossen sich zu Teilen auch in das Loch, in dem Kampfmittelräumer die Bombe tags zuvor freigelegt hatten.

Am Donnerstag, nur einen Tag nachdem Theilemann zur Entschärfung einer US-amerikanischen Fünf-Zentner-Bombe schon einmal auf demselben Acker im Einsatz war, stand schnell fest, dass dieser britische Blindgänger nicht einfach unschädlich gemacht werden kann. Gegen 13.40 Uhr jagte ihn der Sprengmeister mit Hilfe von am Heck der Bombe platzierten Ladungen und einem Fernzünder deshalb kontrolliert in die Luft. Die Dreck- und Staubfontäne, die zig Meter in die Luft spritzte, war weithin sichtbar.

 
Die von Kampfmittelräumern entdeckte Fliegerbombe wurde am Freitag bei Krumpa gesprengt. Die gesperrten Gebiete im Sprengradius wurden mittlerweile wieder freigegeben. (Kamera/Bericht: Robert Briest, Schnitt/Sprecher: Torsten Grundmann)

Perfide Zündtechnik

Eine halbe Stunde später erklärt Theilemann, warum er die laute Entsorgungsvariante gewählt hat: „Die Bombe hatte einen chemischen Langzeitzünder.“ Während bei Bomben wie der, die Anfang Juni in Merseburg gefunden wurde, mechanische Zünder verbaut wurden, die eigentlich schon beim Aufprall die Explosion auslösen sollen, hatte die nun in Krumpa entdeckte Bombe eine Metallspitze. Ein Zünder befand sich nur am Heck, eine Ampulle mit Aceton, die beim Aufschlag zerbricht und so eine chemische Reaktion auslöst. Das Ziel sei damals gewesen, die Leute durch die verzögerte Detonation zu verwirren, erläutert Theilemann. Das Problem heute: Die Bombe könnte immer noch jederzeit hochgehen. Deshalb werden Blindgänger mit Langzeitzünder nicht entschärft, sondern gesprengt – mit weitreichenden Folgen, in diesem Fall für Krumpa.

Die Kampfmittelbeseitiger Torsten Kresse (l.) und Udo Theilemann zeigen die Splitter der Zehn-Zentner-Bombe
Die Kampfmittelbeseitiger Torsten Kresse (l.) und Udo Theilemann zeigen die Splitter der Zehn-Zentner-Bombe
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Am Morgen begann die Evakuierung für weite Teile der Ortschaft. In der Turnhalle wurde ein Notquartier eingerichtet, die Kita blieb geschlossen. Gegen 11 Uhr, berichtet Sabine Faulstich, Ordnungsdezernentin vom Saalekreis, sei die Räumung des Sperrkreises abgeschlossen gewesen. Polizeibeamte und Feuerwehrleute sicherten die Zufahrten: „Es ist mustergültig gelaufen“, zeigt sich Faulstich im Nachgang zufrieden. Sie dankt den Einsatzkräften.

Erste Amtshandlung: Bombe

Auch Diana Engelhardt lobt, dass alles sehr gut funktioniert habe. Für die Christdemokratin war die Bombe der Einstand in ihr neues Amt als Ortsbürgermeisterin von Krumpa. „Wir sind aus der Ortschaftsratssitzung raus. Zehn Minuten später kam der Anruf“, blickt sie auf Donnerstagabend zurück. Schnell seien die Fragen aus der Bevölkerung gekommen, ab wann die Evakuierung starte. Die Antwort gab der Kreis erst in der Nacht. Engelhardt sieht für den Wiederholungsfall noch hier und da Optimierungsbedarf. So wäre es aus Sicht der neuen Ortsbürgermeisterin etwa gut, wenn für solche Situationen eine Ausweich-Kita festgelegt würde.

Der Krater danach.
Der Krater danach.
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Dass die vierte Bombe in diesem Jahr in der Umgebung von Krumpa nicht die letzte gewesen sein muss, da sind sich alle Beteiligten einig. Schließlich laufen zum einen noch die Untersuchungen in Vorbereitung für den Bau der Agri-PV-Anlage weiter, zum anderen gelangten hier während des Zweiten Weltkriegs viele Bomben in den Boden. Das nahe Treibstoffwerk Lützkendorf und die umgebenden Flakstellungen waren ein häufiges Angriffsziel der Alliierten. Nicht immer funktionierten deren Kampfmittel aber wie geplant.

Die Lage hat geholfen

Die Folge ist nun auf dem Acker südlich von Krumpa zu sehen. Neben einem Stapel aus Strohballen, der die Druckwelle gen Ortschaft auffangen sollte, klafft ein Krater mit mindestens fünf Metern Radius im Boden. Einige Schaulustige picken nach Aufhebung des Sperrkreises Splitter vom Feld auf. „Die Bombe hat es komplett zerlegt“, schildert Theilemann. Viele Splitter habe es durch die Wucht der Explosion ins umgebende Erdreich gedrückt. Dass der Blindgänger sich dank seiner Stahlspitze vor 80 Jahren tief in den Boden gebohrt hatte, erwies sich nun als Vorteil. Laut den Experten verteilten sich so weniger Splitter in der Umgebung. Dennoch wird das Kampfmittelräumteam, das die Bombe entdeckt hatte, in der kommenden Woche eine Nachsondierung vornehmen.