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Saalekreis Saalekreis: Finanzamt gerät wegen Bilderschau in die Kritik

Von GERT GLOWINSKI 13.07.2010, 18:24

MERSEBURG/MZ. - Im Zimmer 2a des Merseburger Finanzamtes geht es nicht nur um Zahlen, Steuererklärungen und Mahnungen - es geht auch um Kunst. Auf den Fluren der Behörde in der Bahnhofstraße werden regelmäßig Bilder aufgehängt und Frau Coppi aus dem Raum 2a kümmert sich darum. So steht es jedenfalls auf einem Aushang an der Tür der Finanzbehörde. Das stößt nun aber auf Kritik: Das Finanzamt mache den ohnehin schon arg gebeutelten Galerien in der Domstadt unnötige Konkurrenz, ist die Meinung einiger Merseburger, die sich nach dem Besuch in der Finanzbehörde an die MZ wandten.

"Zu meinem Entsetzen verkauft das Finanzamt jetzt deutlich sichtbar durch Aushang an der Tür die Bilder der derzeitigen Ausstellung" empört sich MZ-Leser Karl-Günther Müller. "Da frage ich mich schon: Haben die wackeren Beamten das nötig, den ortsansässigen und nicht gerade finanziell komfortabel ausgestatteten Galerien Konkurrenz zu machen?" Auch Jürgen Böttcher aus Merseburg fragt in einem Brief an die MZ sarkastisch: "Waren Sie auch schon in Merseburgs neuestem Bilderladen?" und meint das Finanzamt. "Oder welche Aufgaben hat eigentlich ein Finanzamt wirklich?"

Dort ist man sich keiner Schuld bewusst. "Bei uns kann man gar keine Bilder kaufen, wir vermitteln höchstens den Kontakt zum Künstler", sagt Amtschefin Barbara Seiferth. Zudem würde kein Euro aus Steuermitteln für die seit Jahren stattfindenden Ausstellungen ausgegeben. Nicht mal eine Versicherung würde für die Kunst in den Fluren abgeschlossen, so Seiferth. Und: "Bei uns hängen doch meist nur Bilder von Hobby-Künstlern oder aus Kindergärten", verteidigt sich die Behördenleiterin. Konkurrenz zu Verkaufsgalerien in Merseburg könne sie nicht erkennen.

In Merseburgs größter Galerie, dem Kunsthaus "Tiefer Keller", sieht man die Ausstellungen im Finanzamt aber mit großer Skepsis. "Natürlich ist das eine Konkurrenz", sagte Galeriechef Holger Leidel. Aber nicht nur die Aktivitäten der Behörde sind ihm ein Dorn im Auge. "Auch anderswo, beispielsweise im Klinikum finden regelmäßig Ausstellungen statt", so Leidel. Die Künstler hätten in der Regel nichts davon - und die Galerien der Stadt gingen ebenfalls leer aus.

Auch im Merseburger Basedow-Klinikum finden regelmäßig Ausstellungen statt. Aus der aktuellen Schau konnte der Künstler vor wenigen Tagen ein Bild verkaufen. "Bei uns lag eine Preisliste aus, aber wir haben das Bild natürlich nicht selbst verkauft", sagt Kliniksprecherin Bettina Lebek. "Wir arbeiten gut mit Galerien zusammen und machen sogar Werbung für sie." Pro & Contra Seite 8

Schreiben Sie uns Ihre Meinung. Sollten Behörden oder Einrichtungen wie das Finanzamt Künstlern die Möglichkeit geben, ihre Bilder auszustellen. Oder sollte man das den Galerien in der Stadt überlassen - und denen so die Chance geben zu überleben? Ihre Post an: Redaktion Merseburg