MZ vor Ort MZ vor Ort: Frust und Resignation in Esperstedt
Esperstedt/MZ. - Der Frust sitzt tief in Esperstedt. Resignation hat sich breit gemacht, weil "sich hier doch sowieso nichts tut". Viele Esperstedter winken nur ab und gehen am MZ-Stand vorbei. Es habe doch sowieso keinen Sinn, sich aufzuregen, meint eine Seniorin. Eine andere schimpft vor sich hin, lässt Dampf ab nur für sich allein.
Doch es kommen auch viele Dorfbewohner direkt auf den Stand zu, wollen sich öffentlich Luft machen. "Wir mussten erst eine Bürgerinitiative gründen, um unseren Ratsmitgliedern klar zu machen, was das Volk wünscht", wettert Henry Schroeter, Inhaber der Kaufhalle und Gründer der Bürgerinitiative für den Verbleib Esperstedts im TAZV Untere Weida (die MZ berichtete). "So lange in unserem Gemeinderat sechs Räte immer quer schießen und alle Beschlüsse boykottieren, kann man sich nur selber helfen und sich wehren, um Schlimmeres vom Dorf fern zu halten", so Schroeter. Auch der hinzu gekommene Kuckenburger Günter Schultz, Mitglied dieses gescholtenen Gemeinderates und Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, sieht sich plötzlich der Wut der Bürger ausgesetzt. "Was soll man tun, wenn man keine Mehrheit hat. Die sechs Gemeinderäte machen mit ihren Stimmen jeden Beschluss zur Farce, weil im Rat persönliche Abneigung deutlich artikuliert wird", rechtfertigt er sich und gibt denen Recht, die einen Rücktritt des Rates fordern.
Der Friedhof im Unterdorf ist es, der Fritz Lehmann bewog, am MZ-Stand zu erscheinen. "Da hat man gepflastert und eine neue Wasserleitung gelegt. Aber es gibt jetzt kein Bassin mehr. Wir sind gezwungen, das eiskalte Leitungswasser auf unsere Blumen zu gießen. Das schadet ihnen doch, das weiß jeder Kleingärtner." Dieses Problem packen auch Christa und Klaus-Dieter Rehm auf den Tisch. "Außerdem fehlt auf dem Friedhof ein ordentlich abgegrenzter Platz, wo man seine Abfälle, ob nun Grünzeug, Papier oder Plaste, hineinpacken kann. Bei kräftigem Wind fliegt das alles zwischen den Gräbern herum", erzählt Christa Rehm. Sie habe schon so oft beim Bürgermeister deshalb vorgesprochen. "Aber es passiert nichts. Und oftmals trifft man ihn zur Sprechstunde gar nicht an, da liest man dann ein Schild, worauf steht, dass er in Schraplau ist", erzählt sie. Und noch etwas bedrückt die Rehms. Die Sache mit dem Bürgerentscheid am 7. Oktober. "Wir sollen abstimmen, in welchen AZV wir wollen. Aber von keinem Verband kennt man Zahlen und Fakten. Kein Verband hat uns ein Konzept vorgelegt. Wie soll man da eine Entscheidung treffen. Deshalb werden wir wohl auch nicht zur Abstimmung gehen", bringt es Klaus-Dieter Rehm auf den Punkt.
Ilse Heerdegen und Mathilde Klaus stört an Esperstedt die Unordnung nicht nur auf öffentlichen Straßen. Auch so mancher Esperstedter selbst sollte auf seinem Grundstück öfter für Ordnung und Sauberkeit sorgen. "Dann müssten wir nicht so oft auf Rattenfang gehen." In der Bahnhofstraße gebe es so viele unansehnliche Häuser. Das sei einfach Schade, erklärt Ilse Heerdegen, die ja eigentlich nur einkaufen gehen wollte und nun am MZ-Stand ihr Herz ausschüttet.
"Ich will nicht meckern. Ich will mal loben", wendet sich Uta Vogt der Runde zu. Ihre kleine Vanessa besuche den Kindergarten des Dorfes und werde dort wunderbar betreut. "Das muss einfach einmal gesagt werden. Die Kinder werden in einer familiären Atmosphäre betreut, da kann man als Eltern sein Kind sehr beruhigt abgeben. Die Tanten basteln und spielen mit den Kindern, das ist einfach prima", erzählt sie und macht sich wieder auf den Heimweg. Als Letzter braust Friedrich Geigenmüller heran. "Gut, dass ich sie noch erreiche. Ich möchte ihnen mal meine Mühlenstraße zeigen. Da reiht sich Loch an Loch, das ist eine Sauerei. Am Schießstand wird ständig geackert, da wird Rasen gemäht und für Ordnung gesorgt. Aber für unsere Straßen gibt es kein Geld", wettert er kräftig. Doch er ahnt nicht, dass in diesem Augenblick ABM-Kräfte dabei sind, die Löcher in seiner Straße zu flicken. Das verschlägt dem temperamentvollen Mann dann doch fast die Sprache.