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MZ-Praktikum am Betriebshof der PNVG MZ-Praktikum am Betriebshof der PNVG: So werden die Busse auf Herz und Türen geprüft

Von Robert Briest 10.08.2019, 13:00
Bei der Konditionierungsfahrt testet Christian Löschke (r.) den Bus.
Bei der Konditionierungsfahrt testet Christian Löschke (r.) den Bus. Katrin Sieler

Merseburg - 866 soll zur SP. Christian Löschke geht voraus zur Zentrale des PNVG-Betriebshofes neben der Merseburger Schwimmhalle. Aus einem Regal nimmt der Werkstattmitarbeiter Schlüssel und Papiere, dann gehen wir zurück auf den Hof. Aufgereiht stehen hier die Busse des kommunalen Verkehrsunternehmens, die gerade nicht im Einsatz sind. 866 entpuppt sich als die finale Zahlenkombination auf dem Kennzeichen eines weißen Allroundbusses, der sowohl im Linien- als auch im Reiseverkehr eingesetzt werden kann.

SP steht für Sicherheitsprüfung. Eine Art Mini-TÜV, der jeder Bus, der älter als drei Jahre ist, alle drei Monate unterzogen werden muss, erklärt Peter Dittner. Er ist der Werkstattmeister der PNVG. Er und seine fünf Mitarbeiter kümmern sich am Standort Merseburg darum, die 48 eigenen Busse und die 15 von Subunternehmen instand zu halten. „Wir haben einen Wartungsplan, der besagt, dass wir jeden Tag drei Busse in der Werkstatt haben.“

Jeder Bus kommt einmal im Monat auf die Bühne in der großen Werkhalle

Jeder Bus kommt somit einmal im Monat auf die Bühne in der großen Werkhalle. Dittner, der früher selbst zehn Jahre Bus gefahren ist und später die Werkstatt selbst mit aufgebaut hat, sagt: „Wir wollen viel Früherkennung machen, damit die Busse nicht irgendwann unterwegs stehen bleiben.“ Denn das sorgt nicht nur für Ärger bei den Fahrgästen, sondern auch für Mehraufwand bei der Reparatur. „Es ist einfacher in der Werkstatt einen Keilriemen zu wechseln als draußen auf der Straße.“

Auf die Straße muss auch erstmal der 866er. Konditionierungsfahrt nennt Löschke, der wie alle in der Werkstatt einen Busführerschein besitzt, die Tour durch Merseburg. „Um zu gucken, ob alle System richtig funktionieren, die Kontrolllampen ausgehen und zu hören, ob irgendwas klappert.“ Gerade beim Fahrwerk könne man viele Fehler vorneweg feststellen. Der 886er rollt aber ohne Auffälligkeiten zum Bahnhof und zurück zum Betriebshof, wo Löschke vor einer zweiten Werkhalle hält.

Auf Rollen werden nacheinander alle Achsen beschleunigt und abgebremst

Er öffnet eine Klappe vor den Hinterrädern und befestigt einen Kraftmesser. Dann fahren wir in die Halle. Auf Rollen werden nacheinander alle Achsen beschleunigt und abgebremst. Auf einer Anzeige in der Hallendecke erscheinen die Bremsdrücke. Die Differenz zwischen den Rädern der Achse ist jeweils bei null bis einem Prozent. Alles in Ordnung. Löschke wird die Daten später im Prüfprotokoll abspeichern.

Vorher gibt er mir aber ein kleines Messgerät für Drücke in die Hand. Ich halte es an den Türrahmen, während Löschke versucht die Türen zu schließen. Die prallen gegen das Messgerät, gehen dann wieder auf. Passt. Schließlich soll kein Gast eingeklemmt werden.

Reifen sollen 120.000 bis 180.000 Kilometer halten

Draußen vor der Halle sind als nächstes die Reifen an der Reihe. Dittner interessieren vor allem die Außenwände. Die haben Indikatoren, kleine Vertiefungen, die die Wanddicke anzeigen. Durch Kontakt mit Bordsteinkanten kann die abnehmen. Wie lange ein Reifen halte, hänge vom Fahrzeug und vom Fahrer ab, erklärt Dittner.

Bei vorausschauender Fahrweise, wenn die Fahrer also vor allem mit dem Retarder, also per Luftdruck bremsen und nicht mit der normalen Bremse, würden die Reifen 120.000 bis 180.000 Kilometer halten. Also etwa zweieinhalb bis drei Jahre. Denn im Schnitt legen die PNVG-Busse in ihrer in der Regel zehnjährigen Einsatzzeit 50 000 Kilometer pro Jahr zurück.

Ganz hinten in der Ecke fehlt der Nothammer. „Die werden gerne mal geklaut.“

Für den 866er sind es nun nur ein paar Meter bis auf die Bühne in der Werkstatthalle. Wir gehen durch das Businnere, um zu kontrollieren, ob die Sitze, Gurte, Scheiben in Ordnung sind. Ganz hinten in der Ecke fehlt der Nothammer. „Die werden gerne mal geklaut“, sagt Löschke und holt Ersatz aus dem Lager. Dann packt er seinen Laptop aus und schließt ein Analysegerät am Fahrerplatz an. „Heute geht nichts mehr ohne PC“, erklärt er. Das Gerät liest das Fahrzeug aus, zeigt die vorhandenen Sicherheitssysteme an. Löschke muss nacheinander bestätigen, dass alles funktioniert. Tut es.

Dann geht es nach hinten. Der Mitarbeiter leuchtet mit der Taschenlampe in den Zwölf-Liter-Dieselmotor. „Wenn wir Dinge entdecken, auch kleine, reparieren wir sie gleich“, sagt der Werkstattchef. Ohnehin sei der Anspruch der Werkstatt, möglichst viel selbst zu machen, eben inklusive der Sicherheitsprüfungen. Nur bei Garantiefällen oder Scheibenwechsel kommen Fremdfirmen zum Zug.

In drei Monaten steht der nächste Mini-TÜV an

Im Motorraum des 866er kann Löschke aber keine Mängel entdecken. Wir tauchen ab und gucken uns den Bus von unten an. Löschke ruckelt an der Lenkstange und anderen Teilen im Unterbau. Er schaue, ob alles fest ist, erläutert er. Es wackelt nichts. Nur am Heck klemmt eine einzelne Schraube in der Verkleidung. Der Mechaniker schaut gemeinsam mit Elektriker Burkhard Rost nochmals in den Motor. Ein zweiter Blick auf die Schraube: „Die liegt schon lange“, lautet das Autopsieergebnis: „Weiterfahren und beobachten.“

Dann gehen wir zum Meister ins Büro. Der druckt das Prüfprotokoll aus: Unterschrift, Stempel, Siegel, abheften. Dann holt er eine blaue Plakette hervor und klebt sie auf das Heck des Busses. Der 866er kann zurück auf die Straße. In drei Monaten steht der nächste Mini-TÜV an. (mz)