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Schlaflos in Merseburg Lärm in Merseburg: Wenn die Nacht hereinbricht, beginnt das Grauen

Von Michael Bertram 01.09.2018, 07:00
Der Zuglärm bringt Anwohner um den Schlaf.
Der Zuglärm bringt Anwohner um den Schlaf. Marco Junghans

Merseburg - Wenn die Nacht über Merseburg hereinbricht, dann beginnt für Steffi Rothe das Grauen. „Bei mir rollen nachts im Fünf-Minuten-Takt die Güterzüge durch das Schlafzimmer“, erklärt die Anwohnerin der Teichstraße. „Da wackelt das Geschirr im Schrank, es ist eine Katastrophe.“ Mit Erschrecken habe sie deshalb die Modernisierung des Güterbahnhofs in Halle verfolgt. „Die Zahl der Züge wird sich weiter steigern“, befürchtet sie.

An vielen Stellen sind Einwohner der Domstadt von Lärm geplagt. Ob auf der Straße, der Schiene oder in der Luft - die Wirtschaft läuft, die Menschen sind wach.

Um den Lärm zu minimieren, wird zwar in den einzelnen Teilbereichen an Aktionsplänen gearbeitet, was den Betroffenen aber häufig wenig bringt. So kann der Dezibelwert einer Lärmquelle zwar im grünen Bereich liegen, summiert man jedoch die gesamte Geräuschkulisse, zeigt sich ein erschreckendes Bild. Die MZ zeigt, wo die größten Baustellen liegen:

Straßenverkehr

Wie alle Kommunen, die eine bestimmte Anzahl von Fahrzeugen im Jahr verzeichnen, ist auch Merseburg durch die Europäische Union dazu angehalten, einen Lärmschutzaktionsplan gegen nervige und möglicherweise auch gesundheitsgefährdende Geräusche von Kraftfahrzeugen zu unternehmen.

In einem ersten Schritt wird derzeit ein Aktionsplan erstellt, in dem die Zahl der Betroffenen, die Dezibelwerte sowie Vorschläge zur Optimierung des Straßenverkehrs enthalten sind. Der mit dem Projekt betraute Ingenieur stellte erst in der vergangenen Woche den aktuellsten Stand vor - mit erschreckenden Werten.

Erschreckende Lärmwerte in Merseburg gemessen

So sind mehr als 260 Einwohner nachts Lärmpegeln von mindestens 55 Dezibel ausgesetzt - wohlgemerkt nur vom Straßenverkehr verursacht. Ab diesem Wert gehen Experten von einer Gesundheitsgefahr aus. 68 Betroffene sind sogar einer erheblichen Gesundheitsgefahr ausgesetzt.

In der Folge hat der Projektverantwortliche dafür plädiert, unter anderem die Tempolimits auf den beiden Verkehrsadern B91 und B181 abzusenken. Auch mehr Bäume und Hecken an den Straßenrändern könnten den Lärm mindern. Die Förderung des Fuß- und Radverkehrs sowie Lärmschutzwände seien ebenfalls Alternativen. Pflichten für die Stadt ergeben sich aus dem Lärmschutzplan allerdings nicht.

Schienenverkehr

Sage und schreibe 71.213 Züge passieren jedes Jahr die Teichstraße in Merseburg, in der die von Lärm geplagte Steffi Rothe lebt. Das heißt acht Züge pro Stunde. Nur 62 Prozent verkehren am Tag, der Rest am Abend oder eben in der Nacht. Laut Lärmkartierung des Eisenbahnbundesamts wurden in viele Straßenzügen links und rechts der Bahntrasse 55 Dezibel und weit mehr gemessen.

Die Zahl der Betroffenen liege tagsüber bei 3.270 Personen. Aufgrund sinkender Grenzwerte steigt die Zahl nachts auf 6.330 Betroffene. 80 Personen am Tag beziehungsweise zehn in der Nacht sind mindestens 70 Dezibel ausgesetzt. Im Juli hat das Bundesamt die aktuelle Lärmaktionsplanung abgeschlossen.

Welche Schlüsse daraus gezogen werden, ist für Merseburg noch offen. Für einen fast vier Kilometer langen Bereich läuft laut Angaben eine schallschutztechnische Untersuchung mit der Folge, dass womöglich weitere Lärmschutzwände gebaut werden.

Luftverkehr

Auch wenn die offiziellen Flugrouten rund um den Flughafen Leipzig/Halle Überflüge der Kernstadt Merseburgs ausschließen, kommen diese vor. Zudem sind Randbereiche im Norden der Stadt wie Annemariental oder Freiimfelde von Fluglärm betroffen. Bei bestimmten Windrichtungen kann der Lärm zudem weiter in die Stadt getragen werden.

Wie hoch die Dezibelwerte in diesem Bereich genau sind, ist unklar, da es dort keine offiziellen Messstationen gibt. Werte des Deutschen Fluglärmdienstes für Bad Lauchstädt, das direkt in der Einflugschneise auf Leipzig/Halle liegt, weisen dort für die Nacht einen durchschnittlichen Dauerschallpegel von 48,4 Dezibel in der Nacht sowie 53,8 Dezibel für den Tag aus. (mz)

Ob auf der Straße, auf der Schiene oder aus der Luft - Verkehrslärm ist in Merseburg omnipräsent und bringt viele Bürger inzwischen um den Schlaf. Der Kampf dagegen ist Puzzlearbeit mit vielen Mitspielern.
Ob auf der Straße, auf der Schiene oder aus der Luft - Verkehrslärm ist in Merseburg omnipräsent und bringt viele Bürger inzwischen um den Schlaf. Der Kampf dagegen ist Puzzlearbeit mit vielen Mitspielern.
dpa