Kamera Ton Action! Kamera Ton Action!: Dürrenberger hegt seit 70 Jahren Leidenschaft fürs Bewegtbild
Bad Dürrenberg - Das Alter von Horst Zeitz wird seinem Besucher nur bewusst, wenn er über „den Mist“ spricht, den er in seiner Jugend erlebt hat und damit den Krieg, der ihn zur Waise machte, die Bombardierung seiner Heimatstadt Magdeburg und die entbehrungsreiche Nachkriegszeit meint, in der sie Brennnesselsuppe und Kartoffelschalen gekocht hätten, um etwas zu Essen zu haben. „Das war die Hölle auf Erden“, sagt der heutige Bad Dürrenberger.
Seit 70 Jahren Leidenschaft für das Bewegtbild
Vergangene Woche ist er 90 Jahre alt geworden. Das hindert Zeitz jedoch nicht daran, wie ein Derwisch durch seine Neubauwohnung zu springen, um aus Schränken immer neue Aktenordner, Fotos, DVDs zu holen, mit denen er die Erzählung seiner Lebensgeschichte untermauert. Die durchziehen zwei Konstanten: der Film und die Nachwuchsarbeit.
Beide sind bis heute erhalten geblieben. Zeitz leitet noch immer schulische Arbeitsgemeinschaften für Gewässerökologie und Film. Zudem ist er aktiver Nutzer des Offenen Kanals in Merseburg. Seine Leidenschaft für das Bewegtbild begann vor 70 Jahren. Zeitz hatte gerade seine Lehre als Betriebselektriker abgeschlossen und in seinem Stadtviertel die Kindervereinigung mit aufgebaut, in der er sich etwa ums Puppentheater kümmerte, als in einer leeren Werkhalle ein Kino eingerichtet wurde.
DDR-Zeiten: Kameras, aber keine Filme
„Ich bin da immer wieder hingegangen. Der Vorführer hat mir alles gezeigt.“ Zeitz baute sich einen eigenen Bildwerfer, mit dem er Vorführungen machen konnte: „Die Kinder sagten immer: ,Da kommt der Kinomann‘.“ 1952, er arbeitete mittlerweile als AG-Leiter im Pionierhaus in Magdeburg, seien die erste Filmkamera in der DDR auf den Markt gekommen: „Aber es gab keine Filme.“
Deswegen sei er mit einem Kollegen auf dem Motorrad nach Wolfen gefahren, um den Produktionsleiter der Filmfabrik zu sprechen. „Der wusste gar nicht, dass es jetzt Kameras gab.“ Das Problem löste sich, Filme kamen, erst in Schwarz-Weiß, dann in Farbe und Zeitz begann zu drehen.
Nachwuchsarbeit mit Arbeitsgemeinschaften Film und Wasserökologie
173 Filme habe er bisher mit Kindern in den verschiedenen AGs in Magdeburg, später in Bad Lauchstädt, wo er im Umspannwerk arbeitete, und zuletzt in Bad Dürrenberg produziert. Der bisher letzte ist eine Dokumentation über die Schließung des Dürrenberger Kurparks. Ohnehin interessiert den 90-Jährigen eher das Dokumentarische, wie er sagt.
In der Solestadt untersucht er seit 22 Jahren als AG-Leiter mit Schülern Gewässerproben und bringt ihnen Filmgrundlagen bei. In seiner Wohnung hat er dafür ein Arbeitszimmer mit mehreren Computern, Mikroskopen und weiterer Technik eingerichtet. Er müsse auch immer wieder in aktuelle Kameras investieren, erklärt Zeitz: „Damit ich den Kinder auch was beibringen kann.“
Im Sommer will er bei Naumburg einen großen Angelwettbewerb von Kindern filmen
Filmische Beiträge leistet Zeitz seit dessen Gründung auch für den offenen Kanal. „Ich bin da in Gruppe Seniorenstammtisch ,Vier Jahreszeiten‘. Wir machen alle Vierteljahr eine Magazinsendung, jedes Mitglied dreht dafür einen Film von maximal sieben bis acht Minuten.“ Gemeinsam würden die Werke be- und die Moderation eingesprochen. 60 seiner Filme sind so schon auf dem Offenen Kanal gelaufen.
Sein nächstes größeres Dokumentationsprojekt hat Zeitz derweil bereits in Planung. Im Sommer will er bei Naumburg einen großen Angelwettbewerb von Kindern filmen. Die Absprachen mit dem Verbandschef liefen schon. „Ich hoffe nur, dass das jetzt nicht ins Wasser fällt“, spielt er auf die aktuelle Coronasituation an. Aber Zeitz hat in seinen 90 Lebensjahren schon schlimmere Krisen miterlebt. (mz)