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In Schwarz Rot Gold In Schwarz Rot Gold: Werke von Hubertus Schmid in "Merseburger Trilogie" erschienen

Von Undine Freyberg 04.03.2021, 12:35
Hubertus Schmid (r.) mit der „Merseburger Trilogie", die einen Teil seines künstlerischen Schaffens zusammenfasst. Hinter ihm: Verleger Hans-Joachim Grassmann (M. ) und Herausgeber Johannes Andreas Hintz (l.), ein alter Schulfreund, der das Projekt angeschoben hatte.
Hubertus Schmid (r.) mit der „Merseburger Trilogie", die einen Teil seines künstlerischen Schaffens zusammenfasst. Hinter ihm: Verleger Hans-Joachim Grassmann (M. ) und Herausgeber Johannes Andreas Hintz (l.), ein alter Schulfreund, der das Projekt angeschoben hatte. Undine Freyberg

Merseburg - Eine Figur mit riesigen Lauschern, im Hintergrund eine Gestalt mit einem überdimensionalen Auge, das alles im Blick zu haben scheint. „Für dieses Bild wäre ich beim Studium beinahe von der Pädagogischen Hochschule in Erfurt geflogen“, erzählt Hubertus Schmid. Der 64-Jährige hat bis vor wenigen Jahren als Kunstlehrer gearbeitet, ist vielen Merseburgern als Mitbegründer des Altstadtvereins und vor allem als Spieleerfinder bekannt.  Er ist aber vor allem ein hervorragender Zeichner.

Kaltnadelradierungen, Bleistiftzeichnungen oder Holzschnitte: Schmids Werke sind vielseitig

Jetzt ist ein großer Teil seiner Werke in drei Büchern erschienen. Der Titel: „Merseburger Trilogie“ mit den Büchern „Nachdenkenswertes“, „Wünschenswertes“ und „Sehenswertes.“ Die Farben Schwarz, Rot, Gold sind dabei nicht zufällig gewählt.
Mit spitzem Stift hatte Schmidt vor der Wende die Unzulänglichkeiten des politischen Systems der DDR aufgespießt. Wie beispielsweise bei  „7. Oktober 1989, Konsumverkaufsstelle Merseburg/Amtshäuser“ - ein Anblick, der an Tristesse kaum zu überbieten war und keiner weiteren Worte bedurfte. Doch auch  Gesamtdeutschland hat der Merseburger mit viel Hintersinn betrachtet.

Kaltnadelradierungen, Bleistift- oder Kugelschreiberzeichnungen, Collagen, Linol- oder Holzschnitte - Schmids unzählige Werke sind unterschiedlichster Art. Vor Jahren hat er sie zum letzten Mal ausgestellt. Für seinen Schulfreund Johannes Andreas Hintz die pure Verschwendung. „Solche Arbeiten können nicht einfach ungesehen in Schubladen liegenbleiben“, sagte der 64-Jährige.

1987 mit einem getürkten Pass nach West-Berlin geflüchtet

Die beiden Freunde gehörten  früher an der Penne zur Langhaarfraktion. Schmid hatte sich eine Nickelbrille wie John Lennon zugelegt, kam jeden Tag mit einem West-Beutel aus Plastik  in die Schule, der selbstverständlich täglich von den Lehrern konfisziert wurde,  um am nächsten Morgen durch einen anderen ersetzt zu werden. „Ich war dann 1987 mit einem getürkten Pass nach West-Berlin geflüchtet“, erzählt Johannes Andreas Hintz. Wenn er sich heute daran erinnert, schüttelt er nachdenklich den Kopf. „Ganz schön verrückt, was man damals gemacht hat.“ 

Die Verbindung zu Hubertus Schmid sei nie abgerissen, erzählt der Zahnarzt, der heute in Würzburg lebt. Über den dortigen Lions Club hatte er Verleger Hans-Joachim Grassmann kennengelernt.
Bei einem Klassentreffen 2019 in Freyburg kam ihm dann die Idee: Schmids Werke müssen als Buch herausgebracht werden. „Es war eine echte Schnapsidee“, schmunzelt Schmid bei der Erinnerung daran. Er habe sich auch kräftig dagegen gewehrt. Doch gegen  Hans-Joachim Grassmann und seinen Freund Johannes kam er nicht an.

Zweiter Band der Zusammenfassung vereint alle  von Schmid zwischen 1978 bis 2020 erdachten Werke

„Ich bin dem Hubertus Schmid sehr dankbar, dass er mir seine Kunstwerke anvertraut hat“, sagte Verleger Grassmann bei der Präsentation der Trilogie in Merseburg. Er ist  ganz offensichtlich immer noch beeindruckt von diesem Schatz an Zeichnungen und Bildern,  die da  in seinem Verlag erschienen sind.

„Alles hat einen außerordentlichen Zeitbezug.“ Für Herausgeber Johannes Andreas Hintz ist es noch etwas anderes. „Für mich ist es die späte Rache an denen, die damals Deutsche und Deutsche gegeneinander ausspielen wollten“, sagt er. „Nachdenkenswert“ beinhalte laut Grassmann Motive, die Hubertus Schmid  in all seiner Ironie, in seiner Satire zusammengefasst hat. „Wenn man die Bilder heute betrachtet, kommt einem vieles aktuell vor. Heute verwendet man höchstens eine andere Begrifflichkeit dafür.“

Der zweite Band ist eine Zusammenfassung aller von Schmid zwischen 1978 bis 2020 erdachten, gezeichneten und verschickten Neujahrskarten. „In vielen erkennt man seine Fähigkeit der Prophetie, der Voraussage künftigen Geschehens, und oft hat er nachdenklich gemacht.“ Schmids Perspektive sei eine sehr persönliche, aber immer sehr pointierte.

Werke Schmids in Merseburger Trilogie

Und hinter jedem Bild verberge sich eine Geschichte. „Sehenswertes“, der dritte  Band, zeige einfach Schmids Genialität, wie er mit Strichen umgehen  kann. Egal, ob bei „Kopfsalat“ oder  „Der Geiger“, bei Merseburger Ansichten oder den Gesichtern von Bach oder Liszt. „Diese filigrane Wiedergabe von komplexen Inhalten ohne Korrekturen - das ist seine Fähigkeit. Sehenswert.“

Und wenn sich die Trilogie nur drei Leute ansehen und sich darüber freuen würden, hätte es sich schon gelohnt, so Grassmann. Viele Bilder könnte man sich auch mit Kindern anschauen. „Der dritte Band ist durchaus ein unterhaltendes Medium für Kinder. Wieviele Hasen siehst Du? Mal die doch mal nach.“  Schmids Zeichnungen sind also nicht nur hintersinnig, sondern manchmal einfach nur schön.

Die Merseburger Trilogie ist im Bild, Text & Mehr Verlag erschienen und kann in jedem Buchladen bestellt werden. (mz)