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Hochwasser in Merseburg Hochwasser in Merseburg: Hunde werden evakuiert

Von Dirk Skrzypczak 06.06.2013, 19:34
Elke Fröhlich trägt einen Hund durch die Brühe.
Elke Fröhlich trägt einen Hund durch die Brühe. Peter Wölk Lizenz

Merseburg/MZ - Aus dem Gesicht von Elke Fröhlich spricht die pure Verzweiflung. Sie hat ihre Hose ausgezogen und watet durch die braune Brühe, die das gesamte Tierheim auf dem Werder überspült. An tiefen Stellen schwappt ihr das schmutzige Wasser der Saale bis zum Bauch. Die Zwinger und das Häuschen, in dem bis vor wenigen Tagen noch über 30 Hunde untergebracht waren, sind abgesoffen. „Die Tiere müssen raus. Jetzt steht das Wasser auch im Büro. Wir müssen handeln“, sagt die Tierheimleiterin und trägt einen der Vierbeiner an eine höher gelegene Stelle. Dorthin, wo es trocken ist.

Dem Wasser ausgeliefert

Das Hochwasser hat den Werder in eine Insel verwandelt. Pech für das Tierheim: Es liegt in einer Senke und ist den Fluten dort schutzlos ausgeliefert. Am Dienstag hatte sich die Situation für die Vierbeiner derart verschärft. Tierheim-Mitarbeiter baten über Facebook um Hilfe. Die Stadt Merseburg wiederum, zuständig für die Sicherheit von Mensch und Tier, wusste nach eigenen Angaben nichts von den Problemen. Allerdings erwies sich der Aufruf über das Internet als wenig hilfreich. Dort schlägt das Thema seitdem in Foren hohe Wellen. Bereits am Dienstagnachmittag hatten Aktivisten versucht, den Werder per Boot zu erreichen. Am Mittwochabend startete ein Tierschützer einen neuen Anlauf - zu Fuß. Und brachte sich mit seiner waghalsigen Aktion in akute Lebensgefahr.

Land unter

Eigentlich sollten alle Hunde auf dem Werder bleiben. Angeleint jenseits des Wassers. So wurde es mit der Feuerwehr und Tierschutzexpertinnen aus Leipzig abgesprochen. „Für die Tiere ist das keine Lösung. Sie müssen runter. Wir haben Leute organisiert, die die Hunde aufnehmen“, sagt Julia Löser, die sich mit um das Heim kümmert. Mit der Feldspritze, einer mächtigen Maschine, waren bereits am Dienstagabend sieben Welpen von der Insel geschafft worden. Nun verlassen auf diesem Wege 20 weitere Hunde den Werder. „Ich helfe gern, allerdings sind die Transportmöglichkeiten auf der Spritze begrenzt“, sagt Fahrer Peter Dreßler. Neben ihm hat nur ein Passagier Platz. Also müssen die Hunde in ihren Transportboxen auf den Buckel der Maschine gehievt werden. Zwei Tiere pro Fahrt sind möglich. Knapp zehn Minuten dauert eine Fahrt zur Bundesstraße 181. Die Saale hat die komplette Aue in einen gigantischen See mit tückischen Strömungen verwandelt. Während sich in der Werderstraße das Wasser spürbar zurückzieht, herrscht gerade in den Gartenanlagen noch Land unter.

Peter Dreßler bringt die Post, kutschiert Lebensmittel. Und jetzt Hunde. Engagiert wurde er von der Stadt. Etwa 30 Mal ist er an diesem Mittwoch im derzeit wohl begehrtesten Shuttle Merseburgs unterwegs. Am Abend wird die Rettungsaktion abgebrochen. Zehn Hunde bleiben auf dem Werder. Für die Tierheimleiterin ist die Situation akzeptabel: „Sinkt das wasser, kommen die Hunde zurück.“

Er packt mit an: Peter Dreßler (links) fährt die Feldspritze. Sie ist aktuell die einzige Verbindung zum Werder, der vom Wasser umschlungen ist.
Er packt mit an: Peter Dreßler (links) fährt die Feldspritze. Sie ist aktuell die einzige Verbindung zum Werder, der vom Wasser umschlungen ist.
Peter Wölk Lizenz