Hetze in Querfurt Hetze in Querfurt: Drohungen gegen Stadtrat Silvan Arndt

Querfurt - Es sind Kommentare wie diese: „Dich müsste man aus Querfurt prügeln“ oder „Verkrieche dich doch in deiner Zuckertüte und nimm die Flüchtlinge mit“. Seit geraumer Zeit muss der Querfurter Stadtrat Silvan Arndt (Linke) offene und versteckte Drohungen in sozialen Netzwerken über sich ergehen lassen. Der 43-Jährige polarisiert. Nicht nur als Kommunalpolitiker, sondern auch aufgrund seiner zum Teil ungewöhnlichen aber öffentlichkeitswirksamen Aktionen. Doch gerade angesichts der hitzigen Debatten in der Asylfrage fühlt sich Arndt zunehmend unwohl. „Ja, ich habe Angst. Um mich und um meine Familie. Und ich frage mich, ob es nicht besser ist, gar nichts mehr zu sagen.“
Flagge zeigen gegen Demonstration
Nun, am Sonntag will „DJ Silvan“ mit anderen Querfurtern dennoch Flagge zeigen. Grund ist die Anmeldung einer Demonstration „Gesicht zeigen gegen Asylmissbrauch“, zu der laut Landkreis als Versammlungsbehörde mit 150 Teilnehmern gerechnet wird. Das Motto sorgt auch außerhalb von Querfurt und in den sozialen Netzwerken für Diskussionen. „In der Stadt leben kaum Flüchtlinge. Um ein Querfurter Problem kann es sich also nicht handeln“, sagt der grüne Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel. Tatsächlich sind es nach Angaben des Saalekreises derzeit elf Asylsuchende, die in Querfurt untergebracht sind. Einer Statistik vom Monatsanfang zufolge haben dagegen 757 Flüchtlinge in Merseburg eine Bleibe, in Braunsbedra 451, in Mücheln 158. „Hinter der Anmeldung stecken Neonazis. Das sollten die Querfurter wissen“, sagt Striegel. Offenbar versuche die rechte Szene, die allgemeine Verunsicherung in der Bevölkerung für sich ausnutzen.
Doch dem politischen Querfurt fällt es schwer, sich für den Sonntag zu positionieren. Bürgermeisterin Nicole Rotzsch (CDU) ist im Urlaub. Und so gab es am Mittwoch eine Gesprächsrunde mit der stellvertretenden Bürgermeisterin Mareen Helmis (parteilos) und den Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat. „Der Tenor war, dass der Stadtrat keine Gegenaktion organisieren wird“, sagt Helmis.
Lothar Riese (CDU), Vorsitzender des Stadtrats, findet das auch richtig. „In Deutschland gibt es ein Versammlungs- und Demonstrationsrecht. Das müssen wir akzeptieren, auch wenn wir anderer Meinung sind.“ Sollte sich freilich herausstellen, „dass ein so dummes und fremdenfeindliches Zeug wie bei Pegida in Dresden gegrölt wird, dann werden wir uns als Stadtrat für künftige Veranstaltungen dieser Art positionieren“, so Riese. Bernd Brix, Fraktions-Chef der Linken im Stadtrat, hatte noch einen anderen Vorschlag, der aber keine Mehrheit fand. Brix regte an, eine Musikveranstaltung auf dem Markt zu organisieren. „Damit hätten wir den Querfurtern eine Alternative bieten können.“ Etwas Ähnliches haben jetzt die Initiatoren im Sinn, die sich bei Facebook „Bürger der Stadt Querfurt“ nennen. Ab 13.30 Uhr wollen sie auf dem Markt, direkt am Rathaus, eine friedliche Gegenveranstaltung zur Demo auf die Beine stellen. Im Internet wird für eine Teilnahme geworben. Offiziell liegt dem Landkreis aber noch keine Anmeldungen für „Querfurt ist bunt“ vor.
Polizei noch nicht eingeschaltet
Dass Fraktionskollege Silvan Arndt aufgrund seiner Ansichten im Internet zur Zielscheibe geworden ist, kann Brix nach eigenen Worten nicht nachempfinden: „Ich bin nicht bei Facebook.“ Gleichwohl glaubt auch er, dass es mit der „Insel der Ruhe in Querfurt wohl bald vorbei ist“. Man könne sich der Entwicklung nicht entziehen.
Arndt, Vater von sechs Kindern, hat noch nicht die Polizei eingeschaltet. „Das sollte er aber tun. Wir können nur handeln, wenn wir von Drohungen auch Kenntnis bekommen“, sagt Ralf Karlstedt, Sprecher der Polizeidirektion in Halle. Ob auch andere Kommunalpolitiker Opfer von Hetzattacken in sozialen Netzwerken sind, konnte Karlstedt nicht sagen. Entsprechende Fälle sind vor allem von Landespolitikern wie dem Merseburger Sebastian Striegel bekannt. (mz)