Große Töne kleiner Walzen
Merseburg/MZ. - Kaum ein Platz blieb frei, als unter der Leitung von Joachim Bunk alias Drehorgel-Mucki unter anderem Ausschnitte aus "Wilhelm Tell", dem "Vogelfänger" oder "Tannhäuser" erklangen. An der Ladegastorgel musizierte dazu der frühere Domorganist Hans-Günter Wauer.
Stürmischen Applaus gab es auch für Hans-Peter Nestler aus Dresden, der zum Wolga-Lied von Lehár aus seiner Drehorgel sang. Mancher mochte seine Wandlungsfähigkeit kaum glauben. Denn der Sachse gab mit seiner Frau am Vormittag noch in der Busch-Passage Moritaten und Evergreens wie "Warum weinst du, holde Gärtnersfrau" zum Besten. Beide waren schon zum fünften Mal beim Drehorgelfest dabei, das sein zehnjähriges Jubiläum feiern konnte.
"Die Merseburger haben eben ein kräftiges Zugpferd für diese Veranstaltung, den Mucki", begründete Hans-Peter Nestler, der seit fünf Jahrzehnten begeisterter Drehorgelspieler ist, sein Kommen. "Außerdem ist solch ein Fest immer eine prima Gelegenheit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen", fügte der Elektriker hinzu.
Aus sechs Bundesländern reisten die Hobby-Musiker mit ihren teils mehr als 100 Jahre alten Instrumenten an. Für Karin und Gerhard Zweig aus Berlin war es ein Premierenauftritt in Merseburg. Heinz Hüsemann aus Braunschweig erlebte hingegen alle zehn Drehorgelfeste mit. Fast wie in einem Museum kamen sich die Besucher vor, als zur Begrüßung und zum Aborgeln alle Teilnehmer auf dem Markt ihr Können zeigten. Ob die größte in Deutschland gebaute Handdrehorgel von Dietmar Jarofke aus Borgsdorf oder die handliche Methodisten-Orgel von Hans-Dieter Kolwig aus Halle - es gab jede Menge zu bestaunen.
Händler, Gewerbetreibende, Firmen, Vereine und Gastronomen sorgten dafür, dass der Bummel durch die City nie langweilig wurde. Die einen pilgerten zur Modenschau, die anderen zur Oldtimer-Ausstellung. Nur Gertraud Mertens zeigte sich etwas enttäuscht. Sie war die einzige Teilnehmerin der Knopfbörse vor der Bunten Stube und hatte extra aus der Sammlung ihrer Mutter dafür einige Stücke herausgesucht. Ein Käufer aber fand sich nicht.