Gesundheitswesen Gesundheitswesen: Im Pflegedienst spricht man von Kassen-Willkür
Braunsbedra/MZ/zny. - Die Umstrukturierung der Krankenhausfinanzierung in Deutschland zeigt im Landkreis Merseburg-Querfurt im Bereich der ambulanten Pflegedienste erste Auswirkungen. Maria Krausemann, Vorstandsmitglied des Landesverbandes der Hauskrankenpflege Sachsen-Anhalts erläutert die Situation: "Zwischen den Pflegediensten und den Kassen gab es seit 1995 immer Verträge, die die Vergütungen regelten. Seitens der Kassen sind diese kontinuierlich abgesenkt worden."
"Die Ausgaben im Bereich der häuslichen Krankenpflege steigen in unvertretbarem Maße", ist von Torsten Greulich, Geschäftsbereichsleiter Ausgabenmanagement bei der AOK Sachsen-Anhalts zu erfahren. Seit 1999 habe die Kasse rund zehn Prozent mehr in diesem Bereich ausgegeben. Das entspreche rund 6,1 Millionen Euro. Und er begründet weiter: "In Sachsen-Anhalt sind im Vergleich zu anderen neuen Bundesländern deutlich mehr Pflegedienste tätig." Für das 2000 wurde mit vier Fünfteln dieser Dienste ein Vertrag unterzeichnet. Ein Fünftel, darunter viele aus dem Landkreis Merseburg-Querfurt, hätten ihn abgelehnt. Seitdem seien die Dienste an der Versorgung der Versicherten beteiligt - allerdings ohne gültige Vergütungsanlage. Die AOK sehe sich veranlasst, die Vergütung dem Niveau anderer Leistungserbringer, die mit dieser Kasse einen Vertrag geschlossen haben, anzugleichen.
In der Praxis spricht man von Willkür. Im Pflegedienst von Maria Krausemann sieht das so aus: "Bis zu 20 Prozent der Rechnungen wird einfach gestrichen. Wir werden so niedrig vergütet, dass uns die Puste ausgeht", berichtet Krausemann. Sie leitet in Braunsbedra seit über sieben Jahren einen Pflegedienst und weiß, welche Auswirkungen das auf die eigenen Unternehmen hat.
Sie beschäftigt 15 Mitarbeiter und betreut rund 80 Patienten im gesamten Geiseltal. "Es ist nur noch dem Geschick unseres Teams zu danken, dass alles gut zum Wohle der Patienten klappt. Die Arbeit ist Akkord." Und sie fügt hinzu: "Seit September vergangenen Jahres sind allein bei mir Außenstände für AOK-Rechnungen von rund 8 000 Mark aufgelaufen. Doch wir brauchen das Geld, um zu existieren." Rund 50 Pflegediensten in der Region geht es ähnlich. Viele hätte, so weiß Maria Krausemann, die Mitarbeiter schon kein Weihnachtsgeld gezahlt. Sie selbst habe die Differenzen aus finanziellen Rücklagen für Investitionen im Pflegedienst ausgeglichen. Die inszenierte Finanznot habe Auswirkungen mit fatalen Folgen. Fachpersonal aus den Pflegediensten würde in die Altbundesländer, aber auch in Fremdberufe abwandern. Die Pflegedienste im Osten stünden vor dem Ruin, denn Fachpersonal sei für die Existenz der Unternehmen Voraussetzung. "Wir können die Patienten doch nicht nach Kassen sortieren." Dies ist nicht nur die Meinung der Pflegedienstleiterin Maria Krausemann. "Es kann nicht sein, dass eine politisch gewollte Pflegelandschaft, wie wir sie in ganz Sachsen-Anhalt finden, durch eine so genannte Marktbereinigung zu Lasten vieler kleiner ambulanter Pflegedienste arbeitsfähig gehalten wird", äußert sich die Landtagsabgeordnete Marion Fischer (CDU) zu diesem Thema. Die Schlechterstellung der privaten Pflegedienste könne auf keinen Fall hingenommen werden. Die Kostenträger wurden aufgefordert, die Verhandlungen, die schwierigen Vergütungsverhandlungen zügig und fair abzuschließen.
Die Verhandlungen würden wieder aufgenommen, ist von der AOK zu erfahren. Es seien Erhöhungen als auch Absenkungen im Vertragstext enthalten. Unter diesem Gesichtspunkt und dem Aspekt einer fast konstanten Anzahl an Pflegediensten könne aus der Sicht der AOK Sachsen-Anhalt nicht von einer Gefährdung der Pflegedienste gesprochen werden. Dem widerspricht der Vorsitzende des Landesverbandes der Hauskrankenpflege: "Bleibt es bei Absenkungen bis zu 25 Prozent, ist sicher, dass dies gerade kleine Pflegedienste nicht mehr kompensieren können. Dann geht es an ihre Existenz."