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Handy, Sporttasche Das Taxi als Fundbüro: Was Fahrgäste so alles liegenlassen.

Von Dirk Skrzypczak 03.08.2016, 06:00
Ein nettes Dankeschön: Cerry Scheithauer umarmt Taxi-Fahrer Frank Schmidt, der ihr Portemonnaie gefunden hatte.
Ein nettes Dankeschön: Cerry Scheithauer umarmt Taxi-Fahrer Frank Schmidt, der ihr Portemonnaie gefunden hatte. Peter Wölk

Merseburg - Cerry Scheithauer sorgt auf dem Bahnhofsvorplatz in Merseburg für Aufsehen. Die Pflegedienstmitarbeiterin umarmt Taxifahrer Frank Schmidt und hat als Dank ein Fläschen mit einem Weinbrand für den 42-Jährigen. „Ehrlichkeit muss belohnt werden. Gerade in der heutigen Zeit, in der angeblich jeder nur an sich denkt“, sagt die Frau aus Frankleben.

Dass Fahrgäste ihre Geldbörsen, Handys oder Ausweispapiere in Taxen verlieren, ist auch im Saalekreis nicht ungewöhnlich. Cerry Scheithauer war mit ihrem Mann auf einer Party in Merseburg, nachts ging es nach Hause. Schmidt saß am Steuer. Doch als die Eheleute bezahlen wollten, war das Portemonnaie weg. „Mein Mann ist quasi als Pfand im Auto sitzen geblieben und ich habe aus dem Haus schnell Bargeld geholt“, erzählt Scheithauer.

Wenig später, sie wollte sich gerade für das Bett fertigmachen, klopfte es ans Fenster. Frank Schmidt stand dort und hatte die Brieftasche in der Hand. „Ich habe doch noch mal angehalten und nachgeschaut. Die Geldbörse war unter den Sitz gerutscht. Da habe ich sie der netten Familie schnell gebracht“, sagt er.

Wagen muss nach jeder Fahrt kontrolliert werden

Wie mit Fundsachen in Taxis umzugehen ist, regelt der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband. Nach Beendigung einer jeden Fahrt sei der Wagen zu kontrollieren. Werden Gegenstände gefunden, müssen sie entweder in der Taxi-Zentrale oder in einem Fundbüro abgeben werden. Taxi-Unternehmen in Großstädten wie München oder Hamburg haben dafür spezielle Webseiten eingerichtet. Entsprechende Tipps gibt es hierzulande online noch nicht.

„Wird etwas gefunden, dann bewahren wir es in der Zentrale erst mal auf“, erklärt Schmidts Chef Roland Ulrich, der für seine 40 Mitarbeiter, 26 davon fest angestellt, eine Lanze bricht: „Ehrlichkeit ist in unserer Branche wichtig. Das gehört zum Service mit dazu“, meint er.

Bislang keine spektakulären Funde

Spektakuläre Funde wie ein dicker Geldkoffer sind in den Taxis der Region übrigens noch nicht vorgekommen. Zumeist bleibt es bei den üblichen Verdächtigen wie Handys, die aus Hosentaschen rutschen. In Halle finden die Fahrer der Taxi- und Mietwagengenossenschaft aber auch regelmäßig Sporttaschen oder auch Kleidungsstücke, darunter beispielsweise Schuhe - vor allem nach Nachtfahrten.

Allerdings scheint die Schusseligkeit der Fahrgäste in Halle derart zugenommen zu haben, dass die Genossenschaft die Fundstücke nicht mehr zentral aufbewahrt, sondern zunächst bei den Fahrern belässt. Melden sich Fahrgäste, weil sie etwas vermissen, kann anhand des Dienstplans nachvollzogen werden, welcher Mitarbeiter Dienst hatte. Erst dann, wenn sich kein Eigentümer meldet, wandern die Utensilien ins Fundbüro.

Frank Schmidt, der ehrliche Chauffeur aus Merseburg, macht sein Entgegenkommen vom Verhalten der Kunden abhängig. „Vernünftigen Leuten bringe ich ihre Sachen nach Hause, wenn ich nicht zu weit entfernt bin.“ Cerry Scheithauer findet das toll: „Ich hoffe, es gibt viele Fahrer wie ihn.“ (mz)