Nach der Todesfahrt Haseloff verspricht Opfern des Anschlags von Magdeburg Aufklärung
Der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg soll Folgen haben, kündigt der Regierungschef an. Ein Untersuchungsausschuss nimmt die Arbeit auf - und im Landtag gibt es eine Rücktrittsforderung.
Magdeburg/MZ - Mit einem einstimmigen Beschluss hat der Landtag von Sachsen-Anhalt einen Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt eingesetzt. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) gab den Opfern ein Versprechen. „Ich werde persönlich mich dafür einsetzen, dass das Geschehen und seine Vorgeschichte rückhaltlos aufgeklärt und die Lehren aus dem Geschehen vom 20. Dezember schnellstmöglich gezogen werden, auch auf nationaler Ebene“, sagte Haseloff in einer Regierungserklärung.
Nichts dürfe unter den Teppich gekehrt, kein Fehler dürfe ausgeblendet werden, forderte Haseloff. Es gehe darum zu prüfen, ob die Tat hätte verhindert werden können. Insbesondere nannte er mögliche Fehler bei der Sicherung des Magdeburger Weihnachtsmarkts.
Ein aus Saudi-Arabien stammender Mann war dort kurz vor Weihnachten in die Menschenmenge gerast. Sechs Menschen starben, rund 300 wurden verletzt. Zusammen mit Hinterbliebenen, Zeugen und Einsatzkräften hat die Polizei Haseloff zufolge bereits 1.018 Betroffene registriert.
Sie müssen unser Land verlassen, wenn sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen.
Reiner Haseloff (CDU)
Die Notwendigkeit einer besseren Sicherheitskoordination
Politische Konsequenzen fordert der Ministerpräsident bereits vor dem Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses. So müssten Bund und Länder den Begriff des Gefährders ausweiten. Auch der Datenaustausch zwischen den Behörden müsse verbessert werden.
Nötig sei auch ein verschärftes Ausländerrecht. Wer als Fachkraft nach Deutschland komme, müsse sich zu den hier geltenden Werten bekennen. „Auch sie müssen unser Land verlassen, wenn sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen.“ Der Täter von Magdeburg, Taleb A., war 2006 für eine Facharztausbildung eingereist, erhielt aber später politisches Asyl.
AfD fordert Konsequenzen für Innenministerin Tamara Zieschang
Die oppositionelle AfD reagierte mit scharfer Kritik auf die Regierungserklärung. Haseloff sei mit keiner Silbe darauf eingegangen, dass A. für die landeseigene Gesellschaft Salus gearbeitet habe. Diese habe Alarmsignale übersehen und es versäumt, die Sicherheitsbehörden auf A. aufmerksam zu machen.
„Dieses Attentat wäre zu verhindern gewesen, und zwar nicht an einer Stelle, sondern an mehreren Stellen“, sagte Büttner. Von Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) forderte die AfD erneut den Rücktritt.
Indizien für Behördenversagen sprachen auch die Redner anderer Fraktionen an. Trotz zahlreicher Hinweise hätten die Behörden die Gefährlichkeit von Taleb A. nicht erkannt, sagte SPD-Fraktionschefin Katja Pähle. Ihr FDP-Kollege Andreas Silbersack rügte, mit A. sei „ein Psychopath als Psychiater“ tätig gewesen.
Wie reagierten die Verantwortlichen auf den Anschlag vom Breitscheidplatz?
CDU-Fraktionschef Guido Heuer sagte, die Bürger hätten jetzt berechtigte Fragen. Zu klären sei etwa, wie die Schutzvorkehrungen in Magdeburg nach den Anschlägen vom Berliner Breitscheidplatz und in Solingen angepasst worden seien. Fraglich sei zudem, ob die Salus GmbH, eine landeseigene Gesellschaft, als Arbeitgeberin von A. ihren Pflichten nachgekommen sei.
Schwere Vorwürfe erhob Linken-Fraktionschefin Eva von Angern: „Soweit wir sehen, haben alle Fehler gemacht.“ Es wirke, als hätten die Behörden „die rechtsextreme Einstellung“ des Täters nicht einordnen können, weil es sich um einen Ausländer handelt. Taleb A. hatte mehrfach AfD-Inhalte geteilt und Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für ihre Asylpolitik den Tod gewünscht.
Laut Landtagsbeschluss soll der Untersuchungsausschuss „das Geschehen, die Umstände und die Hintergründe des Anschlages“ untersuchen. Das Agieren des Täters soll von dessen Einreise im Jahr 2006 an aufgearbeitet werden. Ein Untersuchungsausschuss kann Einsicht in Akten nehmen und wie ein Gericht Zeugen unter Eid befragen.