Von allen nur «Wasserdoktor» genannt
Wörbzig/MZ. - Von vielen Menschen wurde er einfach nur der "Wasserdoktor" genannt. Der 125. Geburtstag dieses Heilpraktikers war für den Hobby-Historiker Matthias Pfeiffer Anlass, sich näher mit der Biografie von Rudolf Steffen zu befassen.
Geboren wurde Rudolf Steffen in Friedrichsbrunn. Seine Eltern waren der Stockmacher Friedrich Steffen und Johanne Steffen. 1904 heiratete Rudolf Steffen die aus Wernigerode stammende Ida Butkereit. Aus der Ehe gehen vier Kinder hervor. Hanni, Ida und Frieda. Rudolf, der einzige Sohn, verstirbt 1931 noch im Kindesalter. Bis etwa 1925 lebte die Familie in Thale, Weddersleben und Quedlinburg. Danach zog sie nach Wörbzig.
Hier war Rudolf Steffen zunächst als Gemeinde- und Kirchendiener tätig. Nebenher interessierte er sich aber auch für die Homöopathie und eignete sich entsprechende Kenntnisse an. "Seine Patienten mussten immer eine Urinprobe mitbringen. Die schaute sich Steffen an und daraus leitete er seine Diagnose ab", berichtete Matthias Pfeiffer.
Die Urinproben, die Steffen den Patienten abverlangte, brachten ihm schließlich den Namen "Wasserdoktor" ein. Nach der Begutachtung des Urins sagte Steffen dann seinen Patienten, welche Medikamente oder Naturheilmittel sie nehmen sollten. Und er hatte Erfolg damit. Denn anders ist es nicht zu erklären, dass immer mehr Patienten in seine Sprechstunde kamen. Seinem Wirken als Homöopath ist es laut Pfeiffer zu verdanken, dass in jener Zeit die Kindersterblichkeit in Wörbzig rapide zurück ging.
Rudolf Steffen konnte sich über mangelnde Arbeit nicht beklagen. In den 30er Jahren hielt er auch in einem Raum der Gröbziger Gaststätte "Weintraube" Sprechstunden ab. Die Patienten reisten dazu teilweise in Extra-Bussen in die Fuhnestadt. Eine Anekdote hat sich bis heute gehalten. So soll eines Tages ein Patient gekommen sein, der statt menschlichen Urins den von einem Pferd brachte. Der Mann wollte vom "Wasserdoktor" wissen, ob er gesund sei. Steffen schaute sich den Urin kurz an und soll gesagt haben: "Das Pferd ist kerngesund." In Erinnerung ist auch, dass Rudolf Steffen in zunehmendem Alter immer schwerhöriger wurde. Entsprechend lautstark verliefen häufig die Gespräche zwischen dem "Wasserdoktor" und seinen Patienten, so dass auch im Wartezimmer jeder mitkriegen konnte, was dem anderen fehlte.
1943 verstarb Steffens Frau Ida. Rudolf Steffen ließ auf dem Wörbziger Friedhof ein stattliches Familiengrab herrichten. Rudolf Steffen selbst verstarb am 22. September 1967 im Alter von 84 Jahren. Auch er wurde im Familiengrab beigesetzt. In Steffens Todesanzeige war vom "Wasserdoktor" nichts zu lesen, dafür aber, dass er als Heilpraktiker tätig war. Zwei Angehörige von Rudolf Steffen leben noch heute in Wörbzig - Enkelin Frieda Helmecke und Urenkelin Monika Finger.