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Mit Wissen und Gefühl Von Ägypten nach Köthen: Ahmed Siam ist als Orthopäde in ganz Mitteldeutschland gefragt

In Alexandria lernte Ahmed Siam den Beruf des Orthopäden. Heute ist er gefragter Wirbelsäulenspezialist – mit Patienten aus ganz Mitteldeutschland.

Von Jakob Milzner 01.03.2022, 16:55
Ahmed Siam ist Leitender Oberarzt für Wirbelsäulenerkrankungen an der Helios-Klink Köthen.
Ahmed Siam ist Leitender Oberarzt für Wirbelsäulenerkrankungen an der Helios-Klink Köthen. (Foto: Jakob Milzner)

Köthen/MZ - Als Ahmed Siam an einem Freitagmorgen um 10 Uhr an seinem Schreibtisch sitzt, ist er bereits seit über drei Stunden bei der Arbeit. Gestresst wirkt der Leitende Oberarzt für Wirbelsäulenerkrankungen an der Helios-Klinik Köthen trotzdem nicht, als er mit ruhiger Stimme von seiner medizinischen Tätigkeit erzählt und davon, wie er aus Alexandria nach Deutschland – und über mehrere Stationen schließlich nach Sachsen-Anhalt kam.

An der Universitätsklinik in Alexandria wurde Siam als Orthopäde ausgebildet

Dabei habe ihn, als er ein Junge war, vor allem die damals noch sehr neue Computertechnologie interessiert, erinnert er sich. Als es um die Frage nach einem passenden Studienfach ging, entschied er sich dann aber doch für Medizin. „Mein Vater war bereits Arzt“, berichtet Siam. Also begann er ein Medizinstudium in der Hafenstadt an der ägyptischen Mittelmeerküste, wo er bereits seine Jugend verbracht hatte.

An der Universitätsklinik in Alexandria wurde Siam als Orthopäde ausgebildet. Sein dortiger Doktorvater habe ihn dazu gebracht, sich auf die Wirbelsäule zu spezialisieren, erzählt der Arzt: „Ein Top-Chirurg und Professor und ein großes Vorbild für mich. Der hat mir sehr geholfen.“

Seit Anfang 2018 ist Ahmed Siam in Köthen

Mittlerweile behandelt der 40-Jährige seit über zehn Jahren Patienten in Deutschland. Denn wenige Monate vor Beginn des Arabischen Frühlings verließ er Ägypten in Richtung Europa. Damals habe er das Gefühl gehabt, ein „Plateau in der Karriere“ erreicht zu haben. Doch Ahmed Siam wollte sich weiterentwickeln. Und dafür schienen ihm die Voraussetzungen in Deutschland besonders geeignet zu sein.

Eine erste Stelle fand er in Bad Berka, einer Kleinstadt in Thüringen. Dort habe er dreieinhalb Jahre gearbeitet und seine Ausbildung anerkennen lassen, berichtet der Mediziner. Es folgten Stationen in Bayern und in Baden-Württemberg, bevor er Anfang 2018 nach Köthen kam.

Mittlerweile habe er sich in der Region einen „gewissen Ruf erarbeitet“

An eine der ersten Operationen an seinem heutigen Arbeitsplatz erinnert er sich auch nach mehreren Jahren immer noch genau. „Als ich hier anfing, habe ich eine 60-jährige Patientin in der Notfallambulanz gesehen“, erzählt der Wirbelsäulenspezialist.

„Sie kam mit einer beginnenden Querschnittslähmung“, fährt Siam fort. „Ich habe sie gleich zum MRT und CT geschickt und noch am selben Abend operiert.“ Es habe sich herausgestellt, dass die Frau einen Tumor in der Brustwirbelsäule hatte, der auf das Rückenmark drückte. Heute sei die Patientin frei von Beschwerden, berichtet der Arzt: „Sie kann sich bewegen, sie fährt Fahrrad, sie kann alles machen. Das war ein sehr großer Erfolg.“

Mittlerweile habe er sich in der Region einen „gewissen Ruf erarbeitet“, sagt der Mediziner. Tatsächlich kommen seine Patienten aus ganz Mitteldeutschland: Aus Leipzig, Halle, Bitterfeld und sogar Zwickau würden Menschen nach Köthen reisen, um sich von ihm behandeln zu lassen, erzählt Siam, der in Dessau wohnt.

Dabei behandelt er an der Wirbelsäule ein großes Spektrum von Beschwerden. „Bei der Wirbelsäule hat man eine sehr interessante, abwechslungsreiche Tätigkeit. Wir haben sehr physische Tätigkeiten, etwa beim Knochenschrauben setzen. Aber gleichzeitig, und manchmal in derselben Operation, haben wir sehr feine und fokussierte Arbeiten. Zum Beispiel, um den Nervenkanal millimeterweise zu entlasten“, berichtet Siam. „Ich liebe es, was ich mache“, fügt er hinzu und lacht.

Das Gefühl, das er als junger Arzt in Ägypten entwickelt hat, hilft ihm auch heute noch

In der Region und an seinem Arbeitsplatz fühle er sich sehr wohl, erzählt der Orthopäde, der kürzlich auch eine Privatpraxis in Dessau eröffnet hat. Die im Vergleich zu ägyptischen Krankenhäusern gute Ausstattung des deutschen Gesundheitssystems wisse er zu schätzen. Dennoch profitiere er noch immer von seinen Erfahrungen in Alexandria.

Denn die dortigen Ärzte würden sich häufiger auf ihre Intuition verlassen. „Weniger Diagnostik, mehr Klinik“, fasst der 40-Jährige zusammen, „wie es auch in der klassischen Medizin war.“ In Deutschland gebe es mehr Ressourcen und daher würden oft auch mehr Maßnahmen ergriffen. Was er nicht kritisiert, denn das biete zusätzliche „Sicherheit für die Ärzte und für die Patienten“, betont Siam. Dennoch ist er sich sicher: Das Gefühl, das er als junger Arzt in Ägypten entwickelt hat, hilft ihm auch heute noch.