Studienkolleg Köthen Studienkolleg Köthen: Flüchtlinge wollen an die Hochschule

Köthen - „Wir wollen schnell Deutsch lernen“, sagt Sholeh Rahmani und ihr Mann Yasir Goli stimmt ihr zu. Die beiden möchten bald an der Hochschule Anhalt studieren. Sie Design, er Architektur. Wenn es geht, wollen sie schon in einem Jahr beginnen. Doch es gibt eine Hürde: die Sprache. Alle ausländischen Studenten müssen Deutsch wie ihre Muttersprache beherrschen, sonst dürfen sie hier kein Studium beginnen. Ein Nadelöhr, durch dass alle studieninteressierten Ausländer müssen - auch an der Hochschule in Köthen.
Die Voraussetzungen
Am Landesstudienkolleg in der Lohmannstraße bekommen die Geflüchteten die Möglichkeit, durch das Nadelöhr zu kommen. Wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, wie Tristan Dornberger, Koordinator für Integration, weiß. „Sie sollten Abitur gemacht und auch schon studiert haben“, erklärt er. Diese Bedingungen haben bisher nur Flüchtlinge aus Syrien, dem Iran und Afghanistan erfüllt. Für 80 von ihnen startete im Januar der erste Deutschkurs. „In den Vorbereitungskursen haben wir sie von Null auf das Niveau A1 - einfache Kenntnisse - gebracht“, schildert Margitta Kunze, Leiterin des Studienkollegs. Das sei für die Studenten zu schaffen, findet sie. Und das haben die meisten auch.
Die Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt haben sich im Herbst 2015 verpflichtet, interessierte Flüchtlinge zum Studium zu qualifizieren. In der Erklärung heißt es, die Hochschulen wollen Kurse in der deutschen Sprache, zu Fachkompetenzen und zusätzlichem Wissen anbieten. Auch die notwendigen Prüfungen werden die Einrichtungen durchführen.
Die Rektorenkonferenz plant, in drei Jahren 600 Flüchtlinge zu qualifizieren. Die Kosten wurden mit 1,5 Millionen Euro pro Jahr berechnet. Dabei sollen die Sprach- und Qualifizierungskurse 1,6 Millionen Euro und das zusätzliche Personal 1,2 Millionen Euro kosten. Eine Millionen sind zudem für das Stipendienprogramm geplant. Auch Fahrtkosten und Stipendien für den Lebensunterhalt der Studenten sollen damit abgedeckt werden. Das Geld soll zum Beispiel vom Bund kommen.
Drei Koordinierungszentren für die Geflüchteten gibt es im Land: in Magdeburg, Halle und Köthen. In Köthen gehört es zum Landesstudienkolleg. Man behandele die Geflüchteten wie alle anderen Studenten aus dem Ausland, betonte Leiterin Margitta Kunze. In drei Kursen lernen derzeit Flüchtlinge Deutsch. Dafür hat das Kolleg weitere Fachlehrer eingestellt. Sie beginnen erst im April mit der Arbeit, das übrige Personal deckt bis dahin die Kurs mit ab. (kan)
Am Ende haben 77 Studenten ihre erste Prüfung geschafft und dürfen im nächsten Kurs lernen. „Sie nehmen das als große Chance“, erklärt Kunze. Sie sei beeindruckt, mit wie viel Eifer die Studenten lernten. Auch Sholeh Rahmani, Yasir Goli und dessen Bruder Ammar gehören dazu. Sie lernen nun mit Studenten, die keine Flüchtlinge sind. „Das ist super, dass es hier andere internationale Studenten gibt“, findet Yasir, der von seinen chinesischen Studienkollegen bereits erste Wörter gelernt hat. Doch für die drei Iraner geht es vor allem um die deutsche Sprache. Und sie nutzen in den Kursen die Gelegenheit, viel deutsch zu sprechen. Sie wollen in Deutschland leben - ein besseres Leben als in der Heimat.
In der Heimat nicht mehr sicher
Denn im Iran waren die Kurden politisch aktiv und mussten darum ihre Heimat verlassen. Sie wären dort auch bei ihrer Rückkehr nicht mehr sicher. Vier Jahre waren sie auf der Flucht im Irak, bevor sie dort vor gut zwei Jahren in der deutschen Botschaft eine Aufenthaltserlaubnis bekamen. Die Brüder Goli, deren Familie und Sholeh Rahmani durften nach Deutschland ausreisen. Sie leben seitdem in Dessau.
Und das gerne. Yasir Goli schwärmt vom Bauhaus „Im Iran ist das eine große Sache“, berichtet er. Für ihn sei es toll, dass er bald auch in der Stadt des Bauhauses Architektur studieren könne, sagt der studierte Bauingenieur. Sein Bruder möchte Solartechnik in Köthen studieren, ein Elektrotechnik-Studium hat er in seiner Heimat abgeschlossen. Auch Yasirs Frau Sholeh Rahmani fühlt sich wohl in Dessau. Die Mediengestalterin hat ein Praktikum am Bauhaus absolviert, ist als Sprachlotse der Hochschule aktiv. Nur eines fehlt ihr: Die Familie, die sie zurücklassen musste. „Wir haben Heimweh“, geben alle drei zu. Zum Glück, findet Yasir, sei es heute mit dem Internet leicht, mit Freunden und der Familie in Kontakt zu bleiben.
Für die drei Studenten ist Deutsch lernen im Moment das Wichtigste. Dafür besuchen sie 30 Stunden in der Woche die Kurse in Köthen. Dazu gehören auch spezielle Sprachkurse, etwa zur „Sprache der Mathematik“. „Das ist sehr schwer“, findet Ammar Goli. Doch damit nicht genug: Am Abend lernen sie zu Hause weiter. So viel, dass manch andere Fremdsprache in den Hintergrund tritt. „Früher habe ich viel Englisch gesprochen. Das hab ich fast vergessen und denke nur noch auf Deutsch“, sagt Yasir und lacht. (mz)