Streit im Tierheim Streit im Tierheim Köthen: Mitarbeiter kritisieren Entscheidung des Vorstands

Köthen - Die morgendlichen Arbeiten im Köthener Tierheim sind erledigt. Zeit für eine Pause, bevor Ein-Euro-Jobber, über den Bundesfreiwilligendienst Beschäftigte und jene, die einfach so mithelfen, wieder an die Arbeit gehen.
Hier und da bellt ein Hund, Katzen schleichen durchs Gehege. Nichts lässt vermuten, dass gegenwärtig eine erbitterte Auseinandersetzung zwischen Tierheimmitarbeitern und Vereinsführung tobt.
Die Anlage in der Fasanerie, betrieben vom Tierschutzverein Köthen/Anhalt und Umgebung, macht auf den Besucher einen grundsoliden Eindruck. Den Tieren scheint es gut zu gehen.
Tierheim in Köthen macht gute Arbeit
Anerkennung zollt die Stadt Köthen, Eigentümer von Gelände und Verwaltungsgebäude, auf Nachfrage. „Wir sind mit der Zusammenarbeit mit dem Tierheim zufrieden.
Es gibt keinerlei Probleme bei der Aufnahme von Fund- oder herrenlosen Tieren. Die bestehenden Absprachen funktionieren“, antwortet Pressereferentin Caroline Hebestreit.
Auch die Nachbarn aus dem Tierpark bestätigen die gute Partnerschaft. „Die Zusammenarbeit klappt reibungslos rund um die Uhr und vor allem unkompliziert“, sagt Tierparkchef Michael Engelmann.
Brief von den Tierheim-Mitarbeitern an die Zeitung
Man helfe sich gegenseitig, fügt er hinzu und lobt die Arbeit der leitenden Tierheim-Mitarbeiterin, Camilla Nater. Sie ist indes an diesem Junitag nicht vor Ort. An ihrem 60. Geburtstag hat sie sich frei genommen.
Es ist jedoch nicht nur ihr Geburtstag, sondern auch der Tag, an dem die MZ einen Brief der Tierheim-Mitarbeiter, nach eigenen Angaben allesamt Vereinsmitglieder, veröffentlicht. Dieser bestätigt, dass es trotz guter Arbeit Streit gibt.
Mitarbeiter kritisieren Entscheidung um Ralf Konetzny
In ihrem Schreiben kritisieren die Unterzeichner - darunter auch Nater - eine Entscheidung der Vorsitzenden des Tierschutzvereins Regina Minasch-Elze. Sie hat Ralf Konetzny, der sich seit 2015 um verhaltensauffällige Hunde aus dem Tierheim kümmert, diese Arbeit untersagt.
Daraufhin suchte er den Weg an die Öffentlichkeit. Er arbeite freiwillig, kostenlos, besitze als einziger den für den Umgang mit „Problemhunden“ nötigen Sachkundenachweis, sagt er. Die Tierheimmitarbeiter stellen sich hinter ihn.
All das wird an diesem Tag diskutiert. Die Stimmung ist gedrückt. „Uns geht es nur um das Wohl der Tiere“, sagt jemand. Alle stimmen zu. „Vielleicht schmeißt sie uns jetzt raus“, mutmaßt eine andere.
Streit zwischen Vereinsvorstand und Tierheim-Mitarbeitern
„Irgendwann muss man etwas machen“, wird geantwortet. Die Verunsicherung ist spürbar. So richtig weiß niemand, wie es weitergehen soll. Es fehlt scheinbar seit längerem an Kommunikation zwischen dem Vereinsvorstand und den Mitarbeitern.
Stellvertretend für die anderen ergreift dann Marcus Henschel das Wort. Konetzny sei der einzige mit Sachkundenachweis für die schwierigen unter den Hunden, den müssten mehrere haben.
Hunde brauchen spezielle Betreuung
Zudem werde vom Verein zu wenig Augenmerk auf Weiterbildung gelegt, sagt der junge Mann, der seit zweieinhalb Monaten im Tierheim beschäftigt ist.
Er lasse sich auf eigene Initiative zum Hundetrainer ausbilden, hätte danach den Sachkundenachweis, fügt er hinzu. „Die Tiere leiden, wenn sie nicht rauskommen“, ergänzt Roswitha Lehmann.
Jemand, der sich neben Konetzny mit den auffällig gewordenen Hunden beschäftigen könnte, ist indes nicht mehr vor Ort. Ute Hamann hatte mit ihrer Hundeschule im Tierheim ihr Domizil aufgeschlagen und sollte auch mit den Hunden aus dem Heim arbeiten.
Mobbing-Vorwurf steht im Raum
Gegenüber der MZ möchte Hamann sich gleichwohl zu den Gründen ihres Weggangs nicht äußern. Sie sagt nur: „Die Tiere im Tierheim werden gut versorgt, da braucht man sich keine Sorgen machen.“
Nater, die von den Ereignissen sichtlich mitgenommen ist, betont gegenüber der MZ, dass es einiges im Zusammenhang mit der Arbeit der Hundeschule zu klären gegeben habe.
Ein von ihr gewünschtes Gespräch sei aber nie zustande gekommen. „Ich habe niemanden gemobbt, ich weiß nicht, was sie bezweckt“, sagt sie in Richtung Minasch-Elze und vermutet, dass sie gekündigt werden soll.
Unsicherheit bei den Mitarbeitern
Dabei habe sie als Schatzmeisterin neben der Tierheimarbeit für das Erstellen aller Vereins-Unterlagen, die der Steuerberater fürs Finanzamt benötigt, gesorgt.
Auch die Mitgliederliste, deren Unzulänglichkeit eine Mitgliederversammlung im Jahr 2016 verhindert haben soll, habe sie aktualisiert und geführt.
„Nur was vor 2013 war, das ist unklar, darum muss sich die Vorsitzende kümmern“, fügt sie hinzu. Und Silvia Meier, vier Jahre ist sie im Tierheim beschäftigt, betont, dass Nater sich stets für das Wohl der Tiere eingesetzt habe, auch in ihrer Freizeit.
Marcus Henschel soll sich um die Hunde kümmern
Minasch-Elze indes ist dieser Tage öfter im Tierheim zu sehen. Bereits vergangene Woche und auch am Montag war sie vor Ort.
Der Vorstand werde beraten, wie eine für alle Seiten befriedigende Lösung herbeigeführt werden könne, ein Termin sei vereinbart, sagt sie. Und fügt hinzu, dass sich das Problem mit dem Ausführen der gefährlichen Hunde geklärt habe.
Ein Sachkundenachweis sei nämlich, das habe sie auch erst jetzt erfahren, für Tierheime nicht erforderlich. Und mit Marcus Henschel habe sie bereits einen geeigneten Mann für die Arbeit gefunden.
Wie geht es im Tierheim Köthen weiter?
„Ich bin bestrebt, Ruhe und Frieden zu schaffen. Das ist in der derzeitigen Konstellation nicht mehr möglich“, bekräftigt Minasch-Elze gegenüber der MZ.
Eine rasche Lösung erhofft sich Köthens Oberbürgermeister, Bernd Hauschild. Eine Vermittlerfunktion sieht er nicht. „Probleme innerhalb eines Vereins müssten in dessen Strukturen geklärt werden. Da dazwischen zu treten, das funktioniert nicht“, sagt er.
Und der geschasste Konetzny? „Ich weiß auch nicht, wie es weitergeht“, sagt der von seiner freiwilligen Tätigkeit Entbundene. Und: „Ich werde Verschiedenes rechtlich prüfen lassen.“
(mz)
