Zehn Jahre Pause Nach etlichen Jahren Pause freut sich Mennewitz über die Rückkehr der Störche
Der Akener Ornithologe Ingolf Todte ist unterwegs, um die Tiere zu beringen.
Mennewitz/MZ - Ein bisschen plagt Ingolf Todte das schlechte Gewissen. Ihn persönlich habe das letzte Spiel der deutschen Mannschaft bei dieser Europameisterschaft eher weniger interessiert, andere hingegen hätten schon gern vor dem Fernseher gesessen, weiß er. „Aber sie haben ja nichts verpasst“, schließt er dieses Kapitel eines ereignisreichen und für ihn allemal erfolgreichen Tages.
Ohne Heinz Schneider und Bernd Felgenträger, die beiden Kameraden der Akener Feuerwehr, wäre der Ornithologe vielerorts aufgeschmissen gewesen. Um die Störche beringen zu können, muss er hoch hinaus. Und nicht überall kommt er ohne Weiteres an die Horste heran. Mit der Drehleiter geht das. „Wir machen das schon viele Jahre so“, ist er dankbar für die Unterstützung.
In dieser Woche hat der Mann von Ornithologischen Verein Aken eine Menge zu tun. Allein dreimal trifft er auf vierfachen Nachwuchs, was ihn immens freut. Seit über 30 Jahren ist er als Beringer unterwegs, wie er erzählt. Ein von rund 40, die das in den neuen Bundesländern übernehmen. „Es wird nicht jeder Storch beringt“, das sei nicht zu schaffen. Aber immerhin erhalten etwa 500 Tiere jedes Jahr ihren Ausweis.
„Wir hatten immer Störche im Dorf, nur irgendwann kein Dach mehr für den Storch“
Auch in Mennewitz, einem Ortsteil der Stadt Aken, wird die Drehleiter an diesem sonnigen Spätnachmittag ausgefahren, damit Ingolf Todte die Störche beringen kann. Für Helga Schulz ist es eine große Freude, dabei zusehen zu können. Mit ihrer Hartnäckigkeit gelingt es der Dorfbewohnerin, für die Störche ein neues Zuhause zu schaffen. Ostersamstag 2020 sei das gewesen, weiß sie noch. Da ist der neue Horst auf dem Gut Mennewitz errichtet worden, nachdem die Tiere etwa zehn Jahre lang gar keine Gelegenheit haben, sich hier niederzulassen.
Für sie ein untragbarer Zustand: „Wir hatten immer Störche im Dorf, nur irgendwann kein Dach mehr für den Storch“, blickt sie zurück und ist glücklich, dass diese Durststrecke überwunden ist. Nicht zuletzt dank ihrer Initiative. Sie habe damals ihren Dachdecker gefragt, weil der von oben schließlich den perfekten Blick in Höfe und Grundstücke habe, ob er nicht wüsste, wo man einen höheren Pfahl für Mennewitz herbekommen könnte. Und tatsächlich wusste der Handwerker jemanden. Helga Schulz greift den Tipp auf - und es beginnt ein intensiver, mehrmonatiger Überredungsprozess, wie sie lächelnd berichtet. „Es war schwierig.“
Ortsbürgermeister Marco Schulz würde die Rückkehr der Störche gern zum Anlass nehmen und eventuell eine Webcam hoch oben installieren
Der Pfahl, auf dem der neu gebaute Mennewitzer Storchenhorst nun thront, ist ursprünglich als Beleuchtungsmast eingesetzt, aber zu der Zeit, als Helga Schulz ihr Interesse bekundet, längst ausrangiert. Dass es dafür nun eine sinnvolle Nutzung geben kann, freut die 72-Jährige sehr. „Alle waren traurig, dass wir keine Störche mehr hatten. Der gehört zur Natur und damit ins Dorf.“
Übrigens gerade mal zwei Tage, nachdem die Störche in Mennewitz einen neuen Anlaufpunkt bekommen haben, lassen sie sich auch schon nieder. Allerdings gibt es hier 2020 noch keinen Nachwuchs, wie man im Dorf mit Bedauern registriert. Umso erfreulicher, dass sich das in diesem Jahr geändert hat und sich das Paar anscheinend ziemlich heimisch fühlt.
Ortsbürgermeister Marco Schulz würde die Rückkehr der Störche gern zum Anlass nehmen und eventuell eine Webcam hoch oben installieren. „Mal gucken“, sagt er, „wen wir da noch ins Boot holen.“ Das könnte ein Projekt für das nächste Jahr werden - in der Hoffnung, dass dann wieder Störche nach Mennewitz kommen. Gerade für die Kinder aus dem Dorf und ringsherum sei das doch eine schöne Gelegenheit, die Tiere ganz aus der Nähe zu beobachten. Doch das sei noch Zukunftsmusik, „aber eine feine Sache“, findet er.
Die Männer haben - nachdem Kühren und Mennewitz abgearbeitet sind - noch ein straffes Programm vor sich
Erste Kontakte sind aufgenommen. Und die Abstimmung mit Ingolf Todte, der dieses Projekt durchaus lohnenswert findet und gern unterstützt, läuft auch. Doch an diesem Tag hat der Ornithologe dafür den Kopf nicht frei. Die Männer haben - nachdem Kühren und Mennewitz abgearbeitet sind - noch ein straffes Programm vor sich. Nächste Station: Löbitzsee. Weiter geht es anschließend nach Elsnigk, Libbesdorf und Chörau, wo man fast noch von einem Gewitter überrascht worden sei. Susigke und Reppichau sind zu dem Zeitpunkt schon Geschichte. Radegast und Görzig will er in den nächsten Tagen vielleicht noch in Angriff nehmen, bevor die Jungen flügge werden. Doch wie gesagt: Nicht jeder Storch bekommt einen Ausweis.
„Man merkt in diesem Jahr“, so Ingolf Todte, „dass der Mai relativ feucht gewesen ist und die Tiere doch mehr Nahrung finden.“ Die Bedingungen seien besser als in den extrem trockenen Jahren zuvor. Und das merke man auch bei den Störchen, freut er sich.