Nach 15 Jahren Abschied mit Musik
KÖTHEN/MZ/MG/MB. - Auf dem Programm stand das zauberhafte kleine Adagio für Violoncello und Klavier des ehemaligen Köthener Hofmusikdirektors und Gründer einer ersten Musikschule in Köthen im Jahre 1839, Eduard Thiele (1812-1895), und die große, im Jahr 1831 komponierte Sonate in F-Dur des zu seiner Zeit hoch berühmten Dessauer Hofkapellmeisters und Komponisten Friedrich Schneider (1786-1853).
Verdienste gewürdigt
Beide Werke hatte der Musikwissenschaftler Grohs, bis Sommer 2008 Leiter der Musikschule "Johann Sebastian Bach", in anhaltischen Archiven entdeckt. In der Mitte des Programms interpretierte Prof. Urban vier Sätze aus Klavierzyklen von Grohs selbst, welche mit lebhaftem Beifall bedacht wurden und wohlwollende Aufnahmen fanden. Vor der Pause widmeten sich beide Künstler der komplexen und technisch anspruchsvollen 2. Sonate für Violoncello und Klavier von Gernot Grohs und machten deutlich, dass zeitgenössische Musik durchaus in der Lage ist, die Zuhörer zu inspirieren.
Die hohen spieltechnischen Anforderungen der Komponisten wurden von beiden Musikern souverän gemeistert. Als Zugabe erklang der zum Ohrwurm mutierte "Schwan" aus dem Zyklus "Karneval der Tiere".
Für seine Verdienste um das Musikleben in Köthen und die Entwicklung der örtlichen Musikschule sprachen Monika Knof, Köthener Vorsitzende des Vereins für Anhaltische Landeskunde, und Georg Heeg, Vorsitzender des Fördervereins der Musikschule Köthen, Gernot M. Grohs ihren Dank aus. Vom Förderkreis für Symphonie- und Kammerkonzerte aus Bad Wörishofen (Bayern) erhielt Grohs aus den Händen des extra zu dieser Veranstaltung angereisten Vertreters, Dr. Dietmar Gräf, ein Ehrendiplom für "hervorragende kulturelle Leistungen".
Wechsel nach Weimar
Ein Abschiedskonzert war es deshalb, weil Grohs nach mehr als 15 Jahren in Köthen die Stadt verlassen wird. Im Februar 2010 übernimmt der Leipziger die Leitung der Musikschule "Ottmar Gerster" in Weimar, an der rund 1 300 Musikschüler unterrichtet werden. Grohs hatte die Köthener Musikschule vom 1. August 1993 bis zum 31. Juli 2008 geleitet, aus persönlichen Gründen um Abberufung gebeten, aber weiter an der Schule unterrichtet. Der Aufenthalt in Köthen hatte auch sein Interesse an der Musikgeschichte der Region geweckt. "Ich wußte vorher nichts über Thiele oder Schneider. Aber als Musikwissenschaftler wollte ich schon herausfinden: Was gab es in der Region? Und wenn es brauchbare Dinge sind: Kann man sie für die Musikschule nutzen?" Es sei wichtig, dass die Schüler lernten, über den Tellerrand zu sehen. Das Wissen um die Musikgeschichte seiner Stadt oder seiner Region weite den Blick: "Der Schüler bekommt auch ein anderes Bild von seiner Heimat."
Forschung betrieben
Grohs hat bei seiner Forschungsarbeit manche geistige Tür geöffnet. So hatte er mit Hilfe des Hofmeister-Verlags zwölf Menuette des in Köthen geborenen, fast vergessenen Komponisten Friedrich Gottlob Fleischer (1722 bis 1806) wieder zugänglich machen können. Abgeschlossen sind die Recherchen zu Robert Höfker, Organist an der Köthener Jakobskirche, aus dessen Werk Grohs Noten in der zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehörenden Musikbibliothek Unter den Linden in Berlin "ausgrub". Und besonders nachhaltigen Erfolg hatte ein Werk aus der Feder von Grohs über den aus Mühlbeck bei Bitterfeld stammenden Komponisten Gottfried Kirchhoff, einen Zeitgenossen von Bach und Händel, der mit Händel gemeinsam lernte. Im Vorjahr gab sich die Musikschule Bitterfelds den Namen "Gottfried Kirchhof", was Grohs besonders freute. "Das sind die kleinen Dinge, die zeigen, dass man nicht ganz umsonst gearbeitet hat."