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Missionsdienst Missionsdienst: Pfarrer Michael Schedler mit Abenteuer in Afrika

Von Danny Gitter 05.02.2013, 18:25

Weissandt-Gölzau/MZ. - In völlig anderen Bahnen ist das Leben von Pfarrer Michael Schedler aus Weißandt-Gölzau in den vergangenen vier Monaten verlaufen. Der 56-Jährige hat während dieser Zeit eine andere Einstellung zum Alltag in Deutschland bekommen. Und vor allem eines ist ihm mehr als zuvor klar geworden: "Das Anspruchsdenken in Deutschland ist ziemlich hoch", stellt er fest. "Wir sollten dankbar sein für das, was wir haben, und die Erwartungen nicht immer höherschrauben", so der Kirchenmann, der seit Oktober 2012 in Namibia arbeitet. Dort betreut er mit einem Kollegen unter anderem die evangelischen Gemeinden in den an der Atlantikküste gelegenen Städten Swakopmund und Walvis Bay.

Ein Kulturschock war Namibia für ihn nicht, wie er versichert; denn schon 2009 wurde dem Theologen von der Anhaltischen Landeskirche ein Arbeitsaufenthalt in einer deutschen Schule und Gemeinde im südafrikanischen Herrmannsburg angeboten. Er blieb für drei Monate. Für einen längeren Aufenthalt war die Sprachbarriere zu groß. Neben Deutsch und Englisch hätte er auch Afrikaans, eine stark an das Niederländische angelehnte Sprache, beherrschen müssen.

So ging es zurück nach Anhalt. Jahrelang war Schedler dort schon Gemeindepfarrer in Frose im heutigen Salzlandkreis. In der Parochie Weißandt-Gölzau setzte er seine Gemeindearbeit fort. Aber Afrika ließ ihn seitdem nicht wieder los. Im vorigen Jahr bekam er dafür eine zweite berufliche Chance. Schedler überlegte sorgfältig, beriet sich mit seiner Frau und den drei Kindern. Schließlich bedeutet das auch eine räumliche Trennung von seiner Familie. Seine Frau bekäme in Namibia keine Arbeit und würde deshalb ausgewiesen werden, trotz des Einkommens ihres Mannes.

Schedler reiste trotzdem nach Swakopmund und Walvis Bay, stellte sich dort vor und erkundete die Gemeinden. Beide Seiten merkten, dass die Chemie stimmt. So wurde Schedler dort zum Pfarrer gewählt. Zwei von ihm betreute Gemeinden, die von Swakopmund und Walvis Bay, sind an der Atlantikküste nur 35 Kilometer voneinander entfernt. Die weiteste Entfernung zu einer der fünf Gemeinden beträgt 650 Kilometer. Sein Kollege fliegt dort einmal im Monat für drei bis vier Tage hin.

Es sind andere Dimensionen als in Weißandt-Gölzau, und das nicht nur in geografischer Hinsicht. Vor allem die Strukturen sind anders. Jeder Zweite ist laut offiziellen Statistiken arbeitslos. Eine soziale Grundsicherung gibt es nicht. Sozial- und Jugendämter fehlen ebenso. "Die Gegensätze sind sehr viel größer als bei uns. Extrem zur Schau gestellter Reichtum trifft auf extreme Armut", so der Pfarrer. Die Trennlinie verläuft dabei nicht unbedingt zwischen Schwarz und Weiß. Diese weit verbreitete Annahme widerlegt die Realität. Schedler hat schon Schwarzafrikaner in Luxus schwelgen und weiße Nachfahren von Europäern in bitterer Armut gesehen.

Dass es ein soziales Netz in Deutschland gibt, das sieht der Pfarrer jetzt um so klarer. Namibia hat in dieser Hinsicht noch einen langen Weg vor sich. Die Kirchen spielen da eine entscheidende Rolle; denn 90 Prozent der Bevölkerung sind Christen, 60 Prozent davon evangelisch. Das ist ein Erbe der Kolonialzeit. Auch heute haben die evangelischen Landeskirchen, darunter die aus Anhalt, dort einen Missionsauftrag. Nur ist dieser geprägt von Idealen der Selbstbestimmung und Kooperation.

Erst langsam beginnen die Wunden des 20. Jahrhunderts aus Kolonialisierung und Apartheid zu heilen. "Das Soziale und die Versöhnung nehmen neben Taufen, Hochzeiten und Gottesdiensten bedeutende Rollen in unserer Arbeit ein", so Schedler, der zunächst für zwei Jahre bleiben möchte. So lange gilt sein Arbeitsvisum. Zwischendurch tankt er immer wieder, wie zuletzt zum Jahreswechsel, Kraft bei sich zu Hause in Friedrichsaue und in den Gottesdiensten der Gemeinden des Pfarramts Weißandt-Gölzau.