Lieder und Tänze kontra Rassismus
KÖTHEN/MZ. - "Der braucht noch zehn Minuten", meinte die gebürtige Moldawierin mit geschultem Blick.
Sie ist mit ihrem Partner Wladimir in dieser Woche, welche unter dem Motto "Ein Tag in Vielfalt - irgendwie anders und doch so gleich" steht, in der Schule zu Gast. Schon vor fünf Jahren war die Schule für ihr Engagement für Integration und Chancengleichheit und gegen alle Formen von Diskriminierung und Rassismus mit dem Titel "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" ausgezeichnet worden. Dadurch ist man auch auf den Verein "TUZ - Tradition und Zukunft" in Dessau aufmerksam geworden, der Kontakte zu Menschen wie Anna Gamko vermittelt.
Anna Gamko, die vor 13 Jahren ihre Heimat Moldawien verließ und heute in Halle lebt, bringt den Schülern an der "Völkerfreundschaft" die russische Kultur näher, erklärt ihnen Symbole und Feiertage des Landes, übt mit ihnen einige Worte und Lieder auf Russisch und zeigt ihnen traditionelle Tänze. Begleitet wird sie dabei von Wladimir auf dem Akkordeon. Sie erzählt den Schülern auch von ihren ersten Schritten in Deutschland. Davon, dass sie kein einziges Wort Deutsch konnte, als sie nach Deutschland kam.
"In der Schule und auf der Universität habe ich nur Englisch gelernt", erklärt sie. Doch mit Ehrgeiz und dem Verständnis der Mitmenschen - denn das sei notwendig - lernte sie die neue Sprache. Inzwischen fühlt Frau Gamko sich in Deutschland wohl. "Ich habe viele deutsche Freunde und auch viele Projekte, die mir Spaß machen", sagte sie.
Sie geht oft in Schulen und Kindergärten, wo sie über russische Folklore und moderne Musik spricht, traditionelle Kleidung zeigt und mit den Kindern Spezialitäten wie Piroggen und Pelmeni zubereitet. Auch wenn Deutsche und Russen unterschiedliche Mentalitäten haben, teile sie die Menschen nicht nach Nationalitäten. "Ich unterscheide nur nach guten und bösen Menschen", erklärte Frau Gamko.
Mit Begeisterung beobachtete Lehrerin Brita Faßhauer, wie gut das Projekt bei den Schüler ankommt. "Anfangs hatten sie Vorbehalte, vor allem, was die ungewohnten Tänze betraf", sagte sie. Doch die Bedenken waren schnell verflogen. Denn Anna Gamko hat die Schüler mit ihrem Enthusiasmus förmlich mitgerissen. Die Siebtklässler haben mitgesungen und sich bei den Tänzen an den Händen gefasst.
Schon nach wenigen Stunden hat die Religions-, Biologie- und Chemielehrerin ein Strahlen auf den Gesichtern der Schüler entdeckt, die während der Projektwoche in kleine Gruppen aufgeteilt wurden. "Es hat mir richtig Spaß gemacht", bestätigte die 13-jährige Sarah Gotsch. Vor allem die Sprache gefalle ihr. Sie gefällt Sarah sogar so gut, dass sie das Fach Russisch belegt hätte, wenn es an der Schule möglich wäre.
Anne Henning und Stacy Kupfer sprachen auch voller Begeisterung vom "Unterricht" bei Anna Gamko und Wladimir. "Am besten waren die Lieder und die Tänze", sagten die beiden Schülerinnen, die den noch warmen Kuchen, auf den Frau Gamko noch Schokoladenraspel und Puderzucker streute, später in der Küche abholten, um ihn in der Gruppe aufzuteilen.
Doch die Schüler lernen in dieser Projektwoche nicht nur etwas über Russland. Sie erfahren im "Projekt Ganges" auch etwas über den Hinduismus, und in einem anderen erzählen ihnen zwei Afrikaner, wie man sich in ihrer Heimat begrüßt, wie eine Kokosnuss geöffnet und eine Banane abgeschält wird. Anschließend wird das Wissen noch am Computer vertieft. Im nächsten Jahr soll das Projekt fortgesetzt werden, kündigt Frau Faßhauer an.