Köthen Köthen: Weihnachtliche Ständchen für Jedermann
köthen/MZ. - Wer am ersten Weihnachtsfeiertag loszieht, um gemeinsam mit Manfred Apitz Senioren und Kranken ein musikalisches Ständchen und damit Freude zu bringen, muss Nerven haben und auch sportlich einigermaßen auf der Höhe sein. Ruhe gibt es an diesem Vormittag nämlich nur in den Momenten, wo gespielt wird. Zwischen den Auftritten ist der Laufschritt die gängige Fortbewegungsart.
Das ist, zugegeben, leicht übertrieben. Aber nur leicht: Manfred Apitz und sein Team, bestehend aus Blechbläsern, Violinisten, Blockflötenspielerinnen und einer Cellistin, hat sich immerhin viel vorgenommen zwischen 9 Uhr und Mittag. Nicht nur, dass man zu Beginn des Prestissimo furioso auf dem Marktplatz sozusagen den Weihnachtsgottesdienst von St. Jakob anbläst und dabei so manchen Markt-Anrainer ans Fenster lockt - danach steht eine lange Liste von Einrichtungen auf dem Konzertzettel, die man sämtlichst ansteuert, um dort zu spielen. Und beileibe nicht nur einmal: Schließlich sind die Alten längst nicht mehr so mobil, wie die Musiker, die innerhalb eines Heimes con fuoco von Etage zu Etage hetzen, um möglichst niemanden zu vergessen.
Zu überhören sind die Musikanten kaum. Dafür sorgt schon die Besetzung: Posaunen, Horn, Trompeten, auch eine Tuba sind dabei. Mitglieder des Schlossconsortiums gehören zum Team, Musikschüler, Vertreter der Gruppe "Köthener Blech". Die freudenbringende Runde zu den Alten und Kranken gibt es schon seit einiger Zeit. Manfred Apitz überlegt, als er im Lift - da ist eine halbe Minute Gesprächszeit - danach gefragt wird: "Mindestens zehn Jahre", sagt er dann. Das Ganze sei inzwischen ein Selbstläufer; wo man in den Jahren zuvor gespielt habe, sei man in der Regel wieder dabei. "Die wissen schon, dass wir kommen."
Und wo es mal eine Pause gegeben hat, lässt sich auf dem kurzen Weg etwas organisieren. Im Krankenhaus zum Beispiel. Da habe man auch mal pausiert, sagt Manfred Apitz. Der Kontakt mit der neuen evangelischen Krankenhausseelsorgerin habe nun wieder dazu geführt, dass man in diesem Jahr auch im Krankenhaus wieder auftrete. Beide Seelsorgerinnen der Klinik, Christiane Böttcher für die Protestanten und Schwester Ansgard für die Katholiken, sind an diesem Morgen mit dabei - und Christiane Böttcher leistet dabei noch allerlei Hilfestellung; vom Herbeiholen eines Stuhles für die Cellistin bis hin zum Herbeiholen des Fahrstuhls, der die Musikanten in die nächste Etage bringt. Von der Inneren 1 zur Inneren 2, zur Gynäkologie, zur Intensivstation. Meist bleibt man gleich in Fahrstuhlnähe, weil man von dort aus zentral den ganzen langen Flur in alle Richtungen beschallen kann. Und tatsächlich kommen auf der Inneren sogar Patienten aus ihren Zimmern und hören den weihnachtlichen und christlichen Weisen zu: "Maria durch den Dornwald ging" wird ebenso gespielt wie "Oh, Tannenbaum".
Da hat sich die Truppe längst wieder getrennt; ein Teil ist zum "Rosenhain" gefahren, Apitz' Mannschaft spielt im Pflegeheim am Lutzepark. Dort besonders gern, wie der Organisator der tour de Force erzählt: Das offene Foyer über drei Etagen ermöglicht es, mit einem einzigen Konzert alle musikalisch zu verwöhnen, die sich verwöhnen lassen wollen. Tatsächlich findet sich hier das größte Publikum und es gibt viel Beifall. Apitz freut sich sichtlich - und treibt seine musikalischen Heerscharen zur Eile an. Denn noch wartet das Heim in der Lindenstraße auf das Weihnachtsständchen.
Dort ist dann das Finale: In der Hausgemeinschaft 1 spielt man noch einmal getrennt, um sich dann im Erdgeschoss wieder mit den Musikern zu vereinigen, die nach dem "Rosenhain" hierhergekommen sind. Das ist dann noch einmal ein großer Klangkörper, der den Senioren aufspielt, bei denen sich Mienen aufhellen, bei denen mancher mit dem Fuß mitwippt oder auch mitsingt. Ein besonders schöner Moment, ehe es zum Mittagessen geht. Im Heim und außerhalb.