Köthen Köthen: Kleine Bahnen kommen hier ganz groß raus
KÖTHEN/MZ. - Trotzdem gab es so einiges zu entdecken. Dort nämlich treffen sich die leidenschaftlichen Bastler, um an ihren Anlagen zu werkeln. Derzeitig arbeiten die Modelleisenbahner an dem Modell eines großen Bahnbetriebswerkes. Franziska Adler - einzige Frau im Verein - ist momentan mit der Gestaltung einer hübschen Gartenanlage beschäftigt "Frauen haben dafür einfach das bessere Händchen", erklärt der Vorsitzende des Vereins Gerd Barche.
"Mir macht das viel Spaß und außerdem ist es für mich eine Art Therapie", erklärt die Köthenerin Franziska Adler begeistert. Seit einem guten Jahr ist sie mit im Verein und erklärt, dass schon im Kindesalter ihre Behinderung mit dem Eisenbahnmodellbau therapiert wurde.
Gerd Barche dagegen ist schon von Beginn an Mitglied dieser Truppe, welche sich am 4. September 1962 als Arbeitsgemeinschaft gründete. Herbert Semmler war der Pionier der damaligen Stunde.
Er arbeitete zu jener Zeit als Konstrukteur bei der Köthener Firma TEMOS (Technische Modellspielwaren). Mit insgesamt sechs Mitgliedern rief er schließlich die "Arbeitsgemeinschaft 7 / 4 Köthen" ins Leben. Wobei die 7 für den Reichsbahndirektionsbezirk Magdeburg und die 4 für die vierte Arbeitsgemeinschaft stand.
Anfänglich hatten sie ihr Domizil noch in der Magdeburger Straße. Wo 1966 auch das erste Großprojekt entstand. Gerd Barche kann sich noch genau daran erinnern: "Es war der Potsdamer Hauptbahnhof'." Zusammen mit Magdeburger Modellbauern gestalteten sie eine zehn Meter lange Anlage. "Wir waren damit sechs Wochen lang in Budapest zur Ausstellung", weiß Gerd Barche stolz zu berichten.
Da der Köthener selbst als Eisenbahner tätig war, bekam er damals viel Unterstützung seines Arbeitgebers. "Ich wollte schon immer Lokführer werden", schwärmt der inzwischen Siebzigjährige.
Im Jahre 1968 zog der Verein dann in Barches Räumlichkeiten in der Querstraße. Dort entstand 1969 ein weiteres Großprojekt, ein Containertransportsystem der DDR in Miniaturformat. "Ich war damit bis in Wladiwostok", so der leidenschaftliche Bastler. Einige der damaligen Modelle, darunter ein originalgetreuer Transportkran, bewahren die Köthener heute noch liebevoll verpackt auf. "Irgendwann sollen auch diese alten Modelle mal mit in eine Ausstellung gehen", erklärt der Chef. Denn mit jenen Veranstaltungen finanzieren sich die Bastler ihr Hobby, zum Beispiel für neue Bausätze.
"Eine Modelleisenbahnanlage wird eigentlich niemals fertig", so Gerd Barche. Genau darin liege der Reiz. Bei jeder Ausstellung verändern die Modellbauer etwas an ihrer Anlage, um das Interesse der Besucher immer wieder neu zu wecken.
Die Anlage, an der sie gerade bauen, hat die Spurweite HO. "Fast jeder von uns hat auch zu Hause noch eine Anlage in TT", erzählt Gerd Barche. Das hat etwas mit dem Platz zu tun. Während HO die größte Spurweite darstellt, ist TT wesentlich kleiner. "Meistens kommen wir nur bei Ausstellungen alle komplett zusammen", so Barche, da viele der Mitglieder als Montagearbeiter oder anderweitig eingebunden sind. Als einzige Voraussetzung, um bei den Miniatureisenbahnern mitzuwirken, nennt der Vorsitzende das Interesse für den Eisenbahnmodellbau. Alles andere könne man lernen.
Besonders stolz ist Gerd Barche auf die heutige digitale Technik, welche auch bei den Modelleisenbahnern schon lange Einzug hält. Mit Hilfe eines Decoders kann jede Lok einzeln gesteuert werden. "Wir haben auch einen Informatiker unter uns, wodurch das ganze natürlich kein Problem ist", erklärt Barche.
Wenn auch die meiste Zeit der Mitglieder in den Bau der Anlagen fließt, so treffen sie sich auch einfach mal zu einem gemütlichen Beisammensein. "Man kann nicht immer nur basteln", so der Vorsitzende.